Die Hetze gegen Flüchtlinge und deren Unterstützer im Netz ist ein andauerndes Problem, mit dem sich immer wieder Gerichte beschäftigen müssen. Jetzt entschied das LG Dresden, dass die Bezeichnung von Seenotrettern als „Schlepper“ zu weit geht.
Seenotretter als „Schlepper“?
Erfolgreich geklagt hatte Mission Lifeline e.V., ein gemeinnütziger Verein, der vor der lybischen Küste Seenotopfer rettet.
Die „Identitäre Bewegung Dresden“ hatte einen Artikel veröffentlicht, der von Pegida auf Facebook geteilt und damit öffentlich verbreitet wurde. In diesem Artikel wurden die Seenotretter unter anderem als „Schlepper“ bezeichnet. Die Klägerin machte vor Gericht auch die Verwendung der Bezeichnungen „Dresdener Schlepperorganisation“ und „Schlepper-NGO Mission Lifeline“ glaubhaft. Weitere Äußerungen scheiterten an der Schwelle der Glaubhaftmachung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, denn auf den eingereichten Screenshots der Facebookseite waren diese nicht erkennbar.
Jenseits von überspitzter Kritik
Das LG Dresden verurteilte jetzt Pegida zur Unterlassung der Äußerungen, wobei für die Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von 250.000€ festgelegt wurde. Die Richter sahen in den Äußerungen eine Schmähkritik, LG Dresden, Urteile v. 11.1.2018, Az. 1a-O-2748/17 EV und 1a-O-2749/17 EV.
Schmähkritik sind Äußerungen, die keinen Sachbezug mehr aufweisen und bei denen die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht. Eine überspitzte Kritik stellt hingegen noch keine Schmähkritik dar. Zur Feststellung von Schmähkritik ist immer eine Einzelfallabwägung notwendig. Wird die Grenze zur Schmähkritik überschritten können Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht mehr über die Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 GG, gerechtfertigt werden. Genau diese Konstellation sah das Gericht hier als gegeben an. Die Seenotretter, die Leben retten, mit „Schleppern“ gleichzusetzen, die Menschen in diese Gefahr bringen, gehe eindeutig über die kritische Auseinandersetzung mit der Sachlage hinaus. Die Diffamierung der Flüchtlinsghelfer stehe im Vordergrund.
Aber warum haftet Pegida?
Gegner der Klage war Pegida, obwohl diese den Artikel selbst gar nicht veröffentlicht hatten. Rechtsgutsverletzungen können jedoch auch durch so genannte Störer begangen werden. Unmittelbare Störer machen sich die Äußerungen eines anderen zu Eigen, wodurch auch gegen sie ein Unterlassungsanspruch entsteht. Dies geschieht durch eine unterstützende Handlung, wie hier das Teilen des Artikels auf ihrer Facebookseite.
Pegida hatte den Inhalt des Artikels sogar als „wichtig und richtig“ dargestellt. Daraus folgerte das Gericht, dass Pegida sich in keiner Weise von den Aussagen distanzieren wollte und als Störer auf Unterlassung haftet.