OLG Düsseldorf: Keine einstweilige Verfügung gegen Redakteur eines Artikels, wenn bereits die Zeitung in Anspruch genommen wird

Verdachtsberichterstattung Redakteur

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Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat einem Notar in einem sofortigen Beschwerdeverfahren Eilrechtsschutz gegen die Redakteurin eines ihn betreffenden Zeitungsberichts versagt (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 6.1.2015, Az. I-16 W 92/14). Unabhängig vom Bestehen eines Unterlassungsunspruchs fehle es jedenfalls am Verfügungsgrund, da die Zeitung als primärer Verursacher der Beeinträchtigung bereits erfolgversprechend in Anspruch genommen werde.

Bei Internetberichten ist Schnelligkeit gefragt

Der Beschluss des OLG Düsseldorf wirft einen für die Praxis interessanten Blick auf die Frage, wie der Betroffene gegen eine rechtswidrige Berichterstattung in den Medien zügig und effektiv vorgehen kann. Eine Klage in der Hauptsache dauert lange und ist daher zur Erreichung des Rechtsschutzziels insbesondere vor dem Hintergrund der Schnelligkeit, mit der sich Informationen im Internet verbreiten, nicht immer das richtige Mittel. In einem solchen Fall kommt die Durchführung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens in Betracht.

Die Entscheidung zeigt, dass bei gerichtlichen Eilmaßnahmen Vorsicht geboten ist, selbst, wenn der Unterlassungsanspruch als solcher überwiegend wahrscheinlich ist und die für gewöhnlich von den zuständigen Oberlandesgerichten als angemessen erachteten Dringlichkeitsfristen (in der Regel 4 Wochen bzw. 1 Monat, teilweise auch länger) eingehalten werden.

Verfügungsgrund  beurteilt sich und Zeit- und Umstandsmoment

Es wird in der Beratungspraxis häufig übersehen, dass der neben dem Verfügungsanspruch für eine einstweilige Verfügung erforderliche Verfügungsgrund nicht bereits dann vorliegt, wenn sich der Gläubiger mit einem Antrag nach Kenntnis des Verstoßes nur ausreichend beeilt hat (Zeitmoment). Der Antragsteller hat vielmehr (anders als zum Beispiel in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten, in denen § 12 Abs. 2 UWG eine widerlegliche tatsächliche Vermutung der Dringlichkeit aufstellt) die Notwendigkeit einer Eilentscheidung in Bezug auf den konkreten Streitgegenstand darzulegen und glaubhaft zu machen (Umstandsmoment). Das zuständige Gericht überprüft die Dringlichkeit sodann in einer Abwägung der Interessen des Antragstellers auf der einen und des Antragsgegners auf der anderen Seite.

Diese Dringlichkeit hat der 16. Senat des OLG Düsseldorfs im vorliegend Fall in Bezug auf die Redakteurin des Berichts nicht gesehen. Er hat daher dahinstehen lassen, ob dem betroffenen Notar gegenüber der Redakteurin ein Verfügungsanspruch zustand. Jedenfalls fehle es dem Antrag an einem Verfügungsgrund, da dieser nicht geeignet sei, die akute Beeinträchtigungslage zu beseitigen.

Das Gericht meinte, der Antragsteller brauche nur eine Eilentscheidung

Denn selbst wenn dieser Erfolg habe und der Redakteurin die Veröffentlichung bzw. Verbreitung der Behauptungen verboten würde, beziehe sich das nicht auf den streitgegenständlichen Bericht in der Zeitung, der weiterhin veröffentlicht werden dürfte. Gegen die Zeitung gehe der Antragsteller zudem bereits erfolgversprechend vor. Werde das begehrte Verbot gegen die Zeitung erlassen, bedürfe es der Verfügung gegen die Antragsgegnerin nicht. Dass diese die Behauptungen außerhalb ihres Arbeitsverhältnisses wiederholen werde, sei dagegen nicht zu erwarten.

Die Argumentation des OLG fällt sehr kurz aus und ist leider auch etwas unscharf, da diese den (in Rechtsprechung und Literatur meist ohne weiteres bejahten) Unterlassungsanspruch gegen in einem Arbeitsverhältnis mit der veröffentlichenden Zeitung stehende Redakteure generell in Frage stellt. Denn, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Redakteur eines Beitrags darin aufgestellte Behauptungen außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit aufstellt und er auf die Veröffentlichungen der Zeitung keinen Einfluss hat, ist nicht nur der Verfügungsgrund, sondern vor allem die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr zweifelhaft.

Andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Unterlassungsanspruch gegen die Redakteurin, mag er auch materiell-rechtlich vorliegen, aufgrund der vom Gericht dargestellten Umstände gegenüber dem Anspruch gegen die Zeitung ein tatsächlich weit weniger effektives Mittel darstellt, die konkrete Beeinträchtigung zu beseitigen und damit eben auch ein weniger dringendes Bedürfnis besteht, diesen im Eilverfahren durchzusetzen. Der Senat dürfte mit einer Entscheidung daher noch in dem ihm zugewiesenen Beurteilungsspielraum geblieben sein.

Praxistipp:

Abgesehen von der rechtlichen Einschätzung stellt sich für die anwaltliche Beratungspraxis die Frage nach dem Nutzen dieses zweigleisigen Vorgehens. Wenn gleichlaufende Ansprüche gegen zwei Antragsgegner, wie hier, sogar in zwei getrennten Verfügungsverfahren am selben Gerichtsort geltend gemacht werden, verdoppelt sich das Kostenrisiko für den Antragsteller unnötigerweise. Taktisch sinnvoll kann es sein, bei zweifelhafter Rechtslage die Auffassungen unterschiedlicher Gerichte zu testen und seine Verfügungsanträge an unterschiedlichen Gerichtsorten in der Hoffnung zu stellen, wenigstens an einem Gerichtsstand erfolgreich zu sein. Das eventuell notwendige Hauptsacheverfahren kann dann dort anhängig gemacht werden.

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