Gegen das Verbot einer Fotoveröffentlichung wird auch dann verstoßen, wenn nicht der exakte Teilausschnitt ein weiteres Mal öffentlich zugänglich gemacht wird, sondern auch dann, wenn nun das vollständige Foto veröffentlicht wird.
Diese Selbstverständlichkeit hat sich jetzt die BILD-Zeitung sowohl vom Landgericht, als auch vom Oberlandesgericht Frankfurt anlässlich einer Folge-Berichterstattung zum G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg kostenpflichtig erklären lassen.
Anfang Juli 2017 fand in Hamburg der G20-Gipfel statt. Es kam anlässlich dieser Veranstaltung nicht nur zu Demonstrationen, sondern auch zu erheblichen Krawallen, in deren Rahmen eine Vielzahl an Straftaten begangen wurde.
Die Jagd der BILD war unzulässig
Die BILD veröffentlichte daraufhin in ihrer Print-Ausgabe vom 10. Juli 2017 Fotos mit mutmaßlichen Brandstiftern und Steinewerfern und fragte nach „sachdienlichen Hinweisen“.
Dass diese Art der Selbstjustiz im allgemeinen und der Fahndungsaufruf im speziellen rechtlich äußerst fragwürdig ist, haben wir in dem folgenden Artikel bereits erläutert:
Offenbar standen wir mit unserer Ansicht, dass die damalige Veröffentlichung der Bild-Zeitung – wie so häufig – rechtswidrig war, nicht alleine da. So hat das Landgericht Frankfurt mit einem Urteil aus dem Dezember 2017 eine einstweilige Verfügung aus dem Juni 2017 bestätigt, wonach der BILD-Zeitung die Veröffentlichung zweier Abbildungen verboten wird (Urteil v. 14.12.2017, Az. 2-03 O 270/17):
BILD zeigte die Fotos trotzdem
Am 12.01.2018 veröffentlichte die BILD-Zeitung einen Artikel mit dem Titel: „BILD zeigt die Fotos trotzdem – Gericht verbietet Bilder von G 20-Plünderin“ und setzte sich damit vorsätzlich über das gerichtliche Verbot hinweg.
Abgebildet wurden vier Fotos, die alle aus der Serie des bereits am 10.8.2017 aufgegriffenen Ereignisses vor dem Drogeriemarkt stammten. Unter den vier Bildern befand sich auch das Foto, welches bereits Gegenstand des Unterlassungsgebots war. Anders als in der Ausgangsberichterstattung wurde das Foto nunmehr komplett abgedruckt.
LG Frankfurt verhängt 50.000 € gegen BILD
Vor dem Hintergrund dieses nur als vorsätzlich zu bezeichnenden Verstoßes verhängte das Landgericht Frankfurt mit 50.000 € ein verhältnismäßig hohes Ordnungsgeld, das vom Oberlandesgericht Frankfurt bestätigt wurde.
Die Pressemitteilung des OLG Frankfurt vom 6.2.2019 lautet dazu:
Untersagt ein Gericht die Veröffentlichung eines Fotos zur Bebilderung eines Artikels, verstößt eine Folgeberichterstattung auch dann gegen diese Unterlassungsverpflichtung, wenn in der Ursprungsberichterstattung lediglich ein vergrößerter Teilausschnitt, nunmehr jedoch das komplette Foto veröffentlicht wird. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) bestätigte damit ein Ordnungsgeld i.H.v. 50.000 € wegen erneuter Veröffentlichung eines Fotos durch eine Boulevardzeitung im Zusammenhang mit den Plünderungen anlässlich des G20-Gipfels.
Nr. 06/2019
Die Beschwerdeführerin gibt eine bundesweit erscheinende Boulevardzeitung heraus. Im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg veröffentlichte sie am 10.08.2017 den Artikel: „Zeugen gesucht! Bitte wenden Sie sich an die Polizei“. Zur Bebilderung nutzte sie ein Foto mit der Unterzeile: “Der Wochenend-Einklau? Wasser, Süßigkeiten und Kaugummis erbeutet die Frau im pinkfarbenen T-Shirt im geplünderten Drogeriemarkt“. Kopf und Oberkörper der Frau waren herangezoomt dargestellt worden.
Bei der Beschwerdegegnerin handelt es sich um die „Frau im pinkfarbenen T-Shirt“. Auf ihren Antrag hin wurde der Beschwerdeführerin durch einstweilige Verfügung untersagt, sie „im Zusammenhang mit der Suche nach den G 20-Verbrechern durch Bekanntgabe ihres nachfolgend wiedergegeben Bildnisses (Abdruck des Fotos vom 10.8.2017) erkennbar zu machen“ (Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.08.2017, bestätigt durch Urteil vom 14.12.2017).
Am 12.01.2018 veröffentlichte die Beschwerdeführerin einen Artikel mit dem Titel: „…(Name der Boulevardzeitung) zeigt die Fotos trotzdem – Gericht verbietet Bilder von G 20-Plünderin“. Abgebildet wurden vier Fotos, die alle aus der Serie des bereits am 10.8.2017 aufgegriffenen Ereignisses vor dem Drogeriemarkt stammten. Unter den vier Bildern befand sich auch das Foto, welches bereits Gegenstand des Unterlassungsgebots war. Anders als in der Ausgangsberichterstattung wurde das Foto nunmehr komplett abgedruckt.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat der Beschwerdeführerin daraufhin ein Ordnungsgeld i.H.v. 50.000 € wegen Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung auferlegt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin, die auch vor dem OLG keinen Erfolg hatte. Die Beschwerdeführerin habe „hier bewusst und gewollt versucht (…), die Entscheidung des Landgerichts zu umgehen“. Bei dem einen Bild des Folgeberichts handele es sich unstreitig um das gleiche Bild wie in der Ausgangsberichterstattung. Der Umstand, dass nunmehr das komplette Foto und nicht nur ein vergrößerter Teilausschnitt abgedruckt worden seien, ändere nichts an der Identität der beiden Fotos. Die Verletzungsform, auf welche sich das Unterlassungsgebot vom 08.08.2017 beziehe, sei ebenfalls dieselbe. Insbesondere unterschieden sich die beiden Fotos auch nicht in ihrem Aussagegehalt. Das Foto sollte vielmehr in beiden Berichterstattungen als Beleg für die Behauptung dienen, dass die Beschwerdegegnerin an der Plünderung des Drogeriemarktes beteiligt gewesen sei.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.01.2019, Az. 16 W 4/19
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 09.11.2018, Az. 2-03 O 292/17)