Dies betrifft insbesondere Eingriffe wie die Unterspritzung der Haut mit Hyaluronsäure, die zur Faltenbehandlung oder Konturierung eingesetzt wird. Das Urteil unterstreicht die weitreichenden Prüfpflichten und Beschränkungen, die das HWG für Werbemaßnahmen in der ästhetischen Medizin vorsieht.
Zum Sachverhalt
Die Beklagten betreiben eine Privatpraxis, die minimalinvasive ästhetische Behandlungen wie Faltenunterspritzungen mit Hyaluronsäure anbietet. Auf ihrer Website warben sie mit Vorher-Nachher-Bildern, die den Erfolg der Behandlungen veranschaulichen sollten. Ein Wettbewerbsverband klagte auf Unterlassung dieser Werbemaßnahme und machte geltend, dass die Nutzung solcher Bilder gegen das HWG verstößt.
Das Landgericht Köln gab der Klage in erster Instanz statt (Urteil vom 19. April 2023, Az. 84 O 143/22). Die Berufung der Beklagten vor dem OLG Köln blieb erfolglos.
Rechtliche Grundlage: Verbot von Vorher-Nachher-Bildern
Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG ist es untersagt, Werbung für operative plastisch-chirurgische Eingriffe in Form von Vorher-Nachher-Bildern zu machen. Ziel dieser Vorschrift ist es, Verbraucher vor irreführender Werbung und Anreizen zu medizinisch nicht notwendigen Eingriffen zu schützen.
Das OLG Köln bestätigte, dass ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit dieser Vorschrift besteht. Werbemaßnahmen, die gegen eine solche Marktverhaltensregelung verstoßen, sind unlauter und damit unzulässig.
Auch Minimalinvasive Eingriffe fallen unter das Verbot
Zentraler Streitpunkt des Verfahrens war die Frage, ob minimalinvasive Eingriffe, wie die Unterspritzung der Haut mit Hyaluronsäure, als „operative plastisch-chirurgische Eingriffe“ im Sinne des HWG einzustufen sind. Die Beklagten argumentierten, dass dieser Begriff nur auf klassische operative Eingriffe, beispielsweise mit einem Skalpell, anwendbar sei.
Das OLG Köln widersprach und stellte fest, dass auch minimalinvasive Verfahren unter den Begriff des operativen Eingriffs fallen, da sie einen instrumentellen Eingriff in den Körper darstellen. Entscheidend sei nicht, ob der Eingriff mit einem Skalpell durchgeführt wird, sondern dass eine gezielte Veränderung der Körperform oder -oberfläche vorgenommen wird.
Das Gericht betonte, dass die Injektion von Hyaluronsäure besondere medizinische Fachkenntnisse erfordert, da sie in den Körper eingreift und potenzielle gesundheitliche Risiken birgt. Vor diesem Hintergrund sei es gerechtfertigt, minimalinvasive Eingriffe den Regelungen des HWG zu unterwerfen.
Schutzzweck des HWG: Verbraucher vor Risiken schützen
Das Verbot der Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern verfolgt den Zweck, Verbraucher vor Gesundheitsrisiken zu schützen und sie vor einer irreführenden Darstellung der Erfolgsaussichten zu bewahren. Das Gericht hob hervor, dass der Schutzzweck des HWG gerade darin besteht, Anreize zu schaffen, sich aus ästhetischen Gründen einem medizinischen Eingriff zu unterziehen, der nicht zwingend notwendig ist.
Dabei spiele es keine Rolle, ob die beworbenen Eingriffe im Einzelfall tatsächlich zu erheblichen Gesundheitsrisiken führen. Das HWG schütze präventiv vor der Gefahr, dass Verbraucher durch suggestive Werbung in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt werden.
Kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit
Die Beklagten hatten geltend gemacht, dass das Verbot der Vorher-Nachher-Werbung einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Berufsfreiheit darstelle (Art. 12 Abs. 1 GG). Das OLG Köln wies dieses Argument zurück. Das HWG verfolge legitime Ziele des Gemeinwohls, insbesondere den Schutz der Gesundheit und die Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs. Zudem stehe es den Beklagten weiterhin frei, ihre Behandlungen anzubieten und für diese zu werben – lediglich die Verwendung von Vorher-Nachher-Bildern sei unzulässig.
Fazit
Mit seinem Urteil stärkt das OLG Köln den Schutz der Verbraucher und stellt klar, dass auch minimalinvasive ästhetische Eingriffe unter das Verbot der Vorher-Nachher-Werbung fallen. Diese Entscheidung steht in Einklang mit der Rechtsprechung anderer Gerichte, wie etwa des OLG Düsseldorf, und zeigt eine klare Linie im Umgang mit irreführender Werbung im sensiblen Bereich der ästhetischen Medizin.
Für Ärztinnen und Ärzte, die minimalinvasive Behandlungen anbieten, bedeutet dies, dass sie ihre Werbemaßnahmen sorgfältig prüfen müssen, um keine rechtlichen Konsequenzen zu riskieren.