Das OLG Köln hat in einem Beschluss entschieden, dass im Bereich des Urheberrechts keine Dringlichkeit für eine einstweilige Verfügung gegeben ist, wenn die Urheberrechtsverletzung, die Anlass für die Verfügung ist, bereits abgestellt wurde (OLG Köln, Beschluss v. 12.04.2021, Az. 6 W 98/20).
In konkreten Fall ging es um ein vom Antragsteller hergestelltes Trainer-Foto, welches von der Antragsgegnerin auf der Internet-Fotoplattform Fotolia angeboten und von der Antragsgegnerin auf einer Internetseite verwendet und öffentlich zugänglich gemacht wurde.
Dies erfolgte ohne Nennung des Urhebers in Verbindung mit dem Vermerk „Soweit die Inhalte auf dieser Seite nicht vom Betreiber erstellt wurden, werden die Urheberrechte beachtet. Insbesondere werden Inhalte Dritter als solche gekennzeichnet“. Die Antragsgegnerin fügte dann einen auf den Antragsteller lautenden Urhebervermerk an dem streitgegenständlichen Bild ein.
Zwei Wochen später beantragte der Antragsteller beim Landgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Landgericht wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.
Wiederholungsgefahr begründet noch keine Dringlichkeit
Das OLG Köln entschied, dass materiell-rechtlich die bloße Einstellung oder Beendigung eines Verstoßes nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führe. Eine bereits begangene Verletzungshandlung indiziere eine Wiederholungsgefahr, weshalb insoweit eine tatsächliche Vermutung bestehe. Doch bei Unterlassungsansprüchen ergebe sich die Dringlichkeit als Voraussetzung des Verfügungsgrundes nicht bereits aus der materiell-rechtlichen Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr.
Verweis auf Hauptsacheverfahren
Das OLG entschied, dass dem Antragsteller ein Verfügungsanspruch zustehen dürfte aus den §§ 97 Abs. 1, 13, 15, 19a, 72 UrhG, weil die Antragsgegnerin den Eindruck erweckt habe, dass alle nicht gesondert gekennzeichneten Inhalte auf ihrer Internetseite wie das Lichtbild des Antragstellers von ihr stammten.
Einen Verfügungsgrund sah das Gericht jedoch nicht. Ein Verfügungsgrund gemäß der §§ 935, 940 ZPO besteht in der objektiv begründeten Besorgnis, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Was den Verfügungsgrund betrifft, könne, so das Gericht, „die rein tatsächliche Beendigung der Verletzungslage dazu führen, dass der Verfügungsgrund entfällt und dem Verletzten nur das Hauptsacheverfahren bleibt“.
Sollte die Antragsgegnerin den Urhebervermerk vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wieder entfernen und dadurch die Rechtsverletzung wiederholen, wäre außerdem eine zeitnahe Wiederholung der Rechtsverletzung offensichtlich und ein Verfügungsgrund unproblematisch gegeben.
Antragsteller muss Dringlichkeit glaubhaft machen
Laut OLG Köln greift die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG im vorliegenden Fall nicht. Der Antragsteller müsse vielmehr darlegen und glaubhaft machen, dass die Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO vorliegen und der Weg ins Hauptsacheverfahren unzumutbar ist. Liege eine fortbestehende Rechtsverletzung vor, werde sich die Dringlichkeit ohnehin in der Regel aus der Lage des Falles selbst ergeben.
Im vorliegenden Fall habe die Rechtsverletzung jedoch nicht mehr angedauert, sodass es Sache des Antragstellers gewesen wäre, vorzutragen, weshalb die Sache für ihn noch dringlich ist.
Verzicht auf Urhebernennung
In dem Verfahren vor dem OLG Köln ging es auch darum, ob es sich bei der Verwendung des Fotos auf der Internetseite der Antragsgegnerin um eine nicht redaktionelle Nutzung handelte. Nur bei einer redaktionellen Nutzung sei nämlich nach den Nutzungsbedingungen von Fotolia eine Urhebernennung vorgesehen. Das OLG Köln entschied, dass es sich um eine gewerbliche Nutzung zur Bewerbung von kostenpflichtigen Bildungsangeboten handelte. Durch das Hochladen des Lichtbildes habe der Antragsteller die Nutzungsbedingungen von Fotolia angenommen und auf eine Urhebernennung verzichtet.
Rechtsunsicherheit im Urheberrecht
Rechteinhaber müssen nach Auffassung des OLG Köln gut aufpassen. Während es für den Unterlassungsanspruch keine Rolle spielt, ob der Täter die Rechtsverletzung – gegebenenfalls nach Erhalt einer Abmahnung – entfernt hat, da bereits die einmalige Rechtsverletzung die Vermutung einer Wiederholungsgefahr entstehen lässt, muss der Gläubiger vor Einleitung gerichtlicher Schritte jedoch genau prüfen, ob die Rechtsverletzung womöglich bereits beseitigt wurde oder nicht.
Ist der „Stein des Anstoßes“ weg, sollte man zumindest in Köln davon absehen, ein einstweiliges Verfügungsverfahren zu beginnen. Dann bleibt dort nur die Klage in der Hauptsache.