Das Produkt „WICK DayNait“ darf nicht mehr mit dem aus dem Fernsehen bekannten Slogan „Deutschlands Nr. 1 Tag & Nacht Erkältungsmittel“ beworben werden. Ein Verbraucher verstehe diese Werbung so, dass „WICK DayNait“ das umsatzstärkste Produkt auf dem Markt der Erkältungsmittel sei, was es nicht ist. Dabei handelt es sich um eine irreführende Werbeangabe, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.12.2023, Az. 6 U 197/22).
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. richtete sich mit ihrer Klage gegen den Hersteller des Erkältungsmittels, Procter & Gamble, nachdem eine Abmahnung erfolglos war.
Kombipräparat mit zwei verschiedenen Tabletten
Auf der Verpackung des betreffenden Produkts ist ein Teil in einer gelb-orangene Färbung mit einem Sonnensymbol dargestellt, der auf die Einnahme am Tag verweist und der andere Teil ist in einer lila-bläulichen Färbung mit einem Mondsymbol dargestellt, der auf die Einnahme am Abend verweist. Darauf ist ein rotes Siegel abgebildet, auf dem der Slogan „Deutschlands Nr. 1 Tag & Nacht Erkältungsmittel“ geschrieben steht.
Es handelt sich bei dem Produkt um ein nichtverschreibungspflichtiges Kombipräparat, das zwei unterschiedlich zusammengesetzte Tabletten enthält, eine für den Tag und eine für die Nacht. Dabei enthalten beide Tabletten Paracetamol und die Tablette für den Tag enthält zudem einen Wirkstoff, der die Nase frei macht und die Tablette für die Nacht einen Wirkstoff, der müde macht.
Marktführer eines winzigen Marktes…
Diese Produkte, die verschiedene Wirkstoffe für Tag und Nacht enthalten, sind in Deutschland selten und machen weniger als 3 % des Marktanteils der Erkältungsmittel aus. Es gibt neben „WICK DayNait“ lediglich drei vergleichbare Arzneimittel, wovon zwei der Arzneimittel verschreibungspflichtig sind und deshalb nicht beworben werden dürfen.
Innerhalb dieses sehr kleinen Marktes der Kombinationsarzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffen für Tag und Nacht ist „WICK DayNait“ marktführend, also „Deutschlands Nr. 1“.
… aber nicht des Marktes für Erkältungsmittel
Das OLG Frankfurt a.M. entschied nun jedoch, dass die Spitzenstellungsbehauptung „Deutschlands Nr. 1 Tag & Nacht Erkältungsmittel“ irreführend sei.
Ein Verbraucher verstehe den Wortsinn der Angabe so, dass der Vergleichsmaßstab Erkältungsmittel für den Tag und/oder für die Nacht seien, da der Behauptung nicht die Angabe zu entnehmen sei, dass nur der kleine Markt für Erkältungsmittel mit unterschiedlichen Zusammensetzungen für Tag und Nacht gemeint sei.
Zwar könne der Durchschnittsverbraucher der Werbung entnehmen, dass es sich um ein Präparat handelt, das zwei verschiedene Tabletten mit unterschiedlicher Zusammensetzung für Tag und Nacht enthält. Dieses Verständnis führe aber nicht zwingend dazu, dass er annehme, das rote Siegel beziehe sich allein auf Erkältungsmittel mit zwei unterschiedlichen Tabletten.
„WICK DayNait“ landet nur auf Platz 7
Vielmehr werde der angesprochene Verkehrskreis annehmen, „WICK DayNait“ sei sowohl bei Erkältungsmitteln für den Tag, als auch bei Erkältungsmitteln für die Nacht — also bei allen Erkältungsmitteln — Marktführer. Geht man aber von dieser Vergleichsgruppe aus, erzielt „WICK DayNait“ nur einen Marktanteil im einstelligen Prozentbereich und landet gemessen am Umsatz gerade mal auf Platz 7.
Die Werbung suggeriere daher für den Verbraucher, dass „WICK DayNait“ das umsatzstärkste Produkt auf dem Markt der Erkältungsmittel sei und beeinflusse so seine Kaufentscheidung. Aus diesem Grund handele es sich bei der Werbeaussage, „WICK DayNait“ sei Deutschlands Nr. 1 um eine irreführende geschäftliche Handlung, sodass Procter & Gamble in diesem Fall unlauter handelte und diese Werbung künftig unterlassen muss.
Vorsicht bei Spitzenstellungsbehauptungen!
Für Unternehmen bedeutet das: Bei Spitzenstellungsbehauptungen ist Vorsicht geboten! Auch Procter & Gamble hatte im Kleingedruckten ihrer Werbung einen Beleg ihrer Marktführerschaft eingeblendet und kann seine Stellung auf dem Markt der Erkältungsmittel mit unterschiedlicher Zusammensetzung für Tag und Nacht beweisen.
Ein Gericht wird dennoch gegen ein Unternehmen entschieden, wenn der Durchschnittsverbraucher die Werbung trotz Hinweisen anders versteht. Deshalb bieten sich Spitzenstellungsbehauptungen vornehmlich dann an, wenn das Produkt unzweifelhaft und für den Verbraucher erkennbar den Markt beherrscht.