Die Videoplattform Youtube bietet Millionen kostenloser Musikvideos. Spezielle Software ermöglicht es, Youtube-Musik herunterzuladen. Doch ist so etwas erlaubt? Das Landgericht Hamburg hat jetzt entschieden (LG Hamburg, Urteil vom 31.03.2023, Az. 310 O 316/21), dass die Umgehung entsprechender Schutzmaßnahmen eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann.
Das LG Hamburg verurteilte den Beklagten, es zu unterlassen, Dritten dabei zu helfen, Software zu verbreiten, die es ermöglicht, auf Youtube eingestellte Musik zu vervielfältigen, wie dies durch die Zurverfügungstellung von Speicherplatz an die Website https://youtube-dl.org geschah, über die die Software „youtube-dl“ abgerufen werden konnte.
Kein Download-Button, aber „Rolling Cipher“-Technologie
Es ging dabei um Tonaufnahmen, die mittels einer Chiffrierung oder einer ähnlichen Maßnahme vor dem direkten Zugriff zum Zwecke des Herunterladens geschützt sind. Bei Youtube gibt es an Videos keine Download-Buttons. Youtube setzt eine Technologie ein, die als „Rolling Cipher“ bezeichnet wird. Der Speicherort eines Youtube-Videos ist für Nutzer nicht unmittelbar aus der URL-Zeile seines Browsers ersichtlich. Wenn ein Nutzer ein Youtube-Video mit einer gleichbleibenden Standard-URL aufruft, schickt Youtube URL-Fragmente an den Browser zurück. Browser, die für Youtube geeignet sind, schaffen dann aus den Fragmenten eine Medien-URL, die benötigt wird, um das Youtube-Video abzurufen. Dafür wird die Bezeichnung „Rolling Cipher“ verwendet, da Youtube den Algorithmus für die Umwandlung der Medien-URL häufig ändert.
Musik unter anderem von „Mia“ heruntergeladen
Ob es sich dabei um eine Verschlüsselungstechnologie handelt oder um eine wirksame technische Schutzmaßnahme im Sinne von § 95a UrhG, war zwischen den Parteien in dem Verfahren streitig.
Konkret ging es um unberechtigte Downloads des Stücks „Kopfüber“ der Künstlerin Mia, die Tonaufnahme „Kein Lied“ des Künstlers Wincent Weiss sowie den Track „Higher Ground“ des Künstlers Robin Schulz. Sofern Dritten durch die Verwendung der Software Schaden entstanden sei, so müsse die Beklagte auch diesen ersetzen, urteilte das LG Hamburg.
Umgehung technischer Maßnahmen nicht erlaubt
Nach Ansicht des Gerichts liegt ein Verstoß gegen § 95a Urhebergesetz (UrhG) („Schutz technischer Maßnahmen“) vor. Danach dürfen wirksame technische Schutzmaßnahmen zum Schutz eines Werkes ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden, soweit dem Handelnden bekannt ist, dass die Umgehung erfolgt, um den Zugang zu einem Werk oder dessen Nutzung zu ermöglichen. Die angebotene Software tue genau dies. Laut LG Hamburg hat die Klägerin einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Beklagten gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 95a Abs. 1 UrhG.
Zweckbestimmung ist entscheidend
Es komme entscheidend auf die objektive Zweckbestimmung der Software an, die sich in ihrer tatsächlichen Verwendung zeige, so das LG Hamburg. Dass die Software auch bei anderen Internet-Plattformen verwendet werden könne, sei unschädlich. In der Literatur werde auch nicht die Auffassung vertreten, dass ein Herunterladen von zum Streaming angebotenen Videos „nie eine wirksame technische Schutzmaßnahme umgehe“.
Ein Durchschnittsnutzer, so das LG Hamburg, erkenne, dass Youtube-Inhalte nicht einfach mit einem Download-Button herunterzuladen seien. Es müsse sich ihm aufdrängen, dass dies durch den Einsatz einer Technologie bei YouTube erreicht werde und dass „youtube-dl“ ein „Aushebeln“ dieses Schutzes erreiche. Deshalb sei von einer „Bösgläubigkeit der Durchschnittsnutzer“ auszugehen.
Verbotene Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen
Durch das anhaltende Zur-Verfügung-Stellen von Speicherplatz für die Internetseite https://youtube-dl.org habe die Beklagte Beihilfe zu Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen geleistet, die gemäß § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG verboten seien. Deshalb sei eine schuldhafte Urheberrechtsverletzung gegeben.
Soweit der Einsatz wirksamer technischer Schutzmaßnahmen im Sinne von § 95a UrhG die Zulässigkeit der digitalen Privatkopie beschränke, handle es sich dabei um eine wirksame Inhalts- und Schrankenbestimmung. Denn aus dem Recht zur Privatkopie erwachse kein Recht, das sich gegen das durch Art. 14 Grundgesetz geschützte geistige Eigentum ins Feld führen ließe.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Gegenstandswert wurde auf 25.000 Euro festgesetzt.