Für unbeteiligte Beobachter sind die derzeitigen Vorgänge um den noch amtierenden Bundespräsidenten Wulff spannender als jede Doku-Soap.
Nachdem die Presse das Fernsehinterview von Herrn Wulff vom 04.01.2011 nicht besonders positiv wertet, hat die BILD-Zeitung in dieser Angelegenheit, in der es auch um grundlegende staatsrechtliche Fragen der Pressefreiheit geht, die nächst Runde eingeläutet, indem sie eine Anfrage an den Bundespräsidenten „im Sinne der von ihm gewünschten Transparenz“ öffentlich gemacht hat.
Während Herr Wulff gerade noch dabei ist, seinen Umgang mit der Presse zu optimieren…
„Ich muss mein Verhältnis zu den Medien herstellen, neu ordnen, anders mit den Medien umgehen, sie als Mittler stärker einbinden und anerkennen“
(s. Wortlaut des Interviews)
beherrscht die BILD-Zeitung dieses Spiel bereits.
Den vieldisktutierten Anruf des Bundespräsidenten beim Chefredakteur der BILD hatte diese selbst nicht publik gemacht, der Inhalt des Telefonats gelangte durch andere Medien an die Öffentlichkeit. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und die Süddeutsche Zeitung hatten berichtet, Wulff habe am 12. Dezember 2011 versucht, Kai Diekmann telefonisch zu erreichen, um sich über einen für den nächsten Tag geplanten Artikel zu beschweren. 1: 0 für die BILD.
Über die Hintergründe spekulierte Stefan Niggemeier:
„Der verzögerte und verschleierte Weg der Nachricht von der Mailbox des „Bild“-Chefredakteurs in die Medien hat etwas Verdruckstes und Dubioses. Diekmann soll dem Bundespräsidenten in einem späteren Telefonat, nachdem Wulff sein Bedauern über den Anruf geäußert habe, gesagt haben, die Sache sei damit für ihn erledigt. Gut denkbar, dass er dann aber den indirekten Weg über ein anderes Medium gewählt hat, die Nachricht zu lancieren, um sie benutzen zu können, ohne sich selbst die Finger schmutzig zu machen“
In dem o.g. Interview hatte Wulff gesagt, er habe den Bericht nicht verhindern, sondern erreichen wollen, dass die Veröffentlichung aufgeschoben wird, um möglicherweise strittige Details zu klären. Die BILD-Zeitung hat daraufhin eine Anfrage an das Bundespräsidialamt geschickt mit der Bitte, den Wortlaut der Mailbox-Nachricht veröffentlichen zu dürfen. Diese Anfrage selbst wurde mit Hinweis auf die von Wulff nunmehr gewünschte Transparenz veröffentlicht. 2:0 für die BILD.
In dieser Angelegenheit geht es längst nicht nur um rechtliche Fragen, sondern auch um politische und um Fragen des (Selbst-)Verständnisses der Pressefreiheit und der Staatsorgane. Anlässlich der höflichen Anfrage der BILD könnte man sich auch rechtliche Fragen stellen.
Würde Herr Dieckmann ohne Einwilligung von Wulff die Nachricht veröffentlichen, wäre dies nicht ohne weiteres strafbar. Nach § 201 Abs. 1 StGB kann es zwar strafbar sein, unbefugt nichtöffentliche Telefonate mitzuschneiden und zu veröffentlichen, wenn nicht die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird. Wulff hat jedoch bewusst eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen, also von sich aus die Aufzeichnung veranlasst.
Denkbar wären Ansprüche auf Unterlassung der Veröffentlichung, wenn diese Herrn Wulff in seinen Persönlichkeitsrechten verletzte. Dass der Anrufer davon ausging, sein Anruf werde vertrauensvoll behandelt, würde in der Abwägung sicher eine Rolle spielen. Im Ergebnis würde sich eine solche Veröffentlichung jedoch wohl nicht gerichtlich verhindern lassen. Hier geht es aber auch eher um die ungeschriebenen Gesetze des Umgangs der Presse mit der Politik, die den Chefredakteuer davon abhalten. Die BILD hat sich daher geschickt für eine freundliche Anfrage entschieden.
Diese hat der Bundespräsident abgelehnt. Wulff erklärte am 05.01.2011, die „in einer außergewöhnlich emotionalen Situation gesprochenen Worte“ seien ausschließlich für Diekmann bestimmt.
Unabhängig vom offenen Endstand ist es sehr beruhigend zu wissen, dass der Bundespräsident „vor allem Respekt vor den Grundrechten, auch dem der Presse- und Meinungsfreiheit, haben möchte“. Und die BILD erledigt den Rest. (ca)
(Bild: © Marius Graf – Fotolia.com)
Für unbeteiligte Beobachter sind die derzeitigen Vorgänge um den noch amtierenden Bundespräsidenten Wulff spannender als jede Doku-Soap.
Nachdem die Presse das Fernsehinterview von Herrn Wulff vom 04.01.2011 nicht besonders positiv wertet, hat die BILD-Zeitung in dieser Angelegenheit, in der es auch um grundlegende staatsrechtliche Fragen der Pressefreiheit geht, die nächst Runde eingeläutet, indem sie eine Anfrage an den Bundespräsidenten „im Sinne der von ihm gewünschten Transparenz“ öffentlich gemacht hat.
Während Herr Wulff gerade noch dabei ist, seinen Umgang mit der Presse zu optimieren…
„Ich muss mein Verhältnis zu den Medien herstellen, neu ordnen, anders mit den Medien umgehen, sie als Mittler stärker einbinden und anerkennen“
(s. Wortlaut des Interviews)
beherrscht die BILD-Zeitung dieses Spiel bereits.
Den vieldisktutierten Anruf des Bundespräsidenten beim Chefredakteur der BILD hatte diese selbst nicht publik gemacht, der Inhalt des Telefonats gelangte durch andere Medien an die Öffentlichkeit. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und die Süddeutsche Zeitung hatten berichtet, Wulff habe am 12. Dezember 2011 versucht, Kai Diekmann telefonisch zu erreichen, um sich über einen für den nächsten Tag geplanten Artikel zu beschweren. 1: 0 für die BILD.
Über die Hintergründe spekulierte Stefan Niggemeier:
„Der verzögerte und verschleierte Weg der Nachricht von der Mailbox des „Bild“-Chefredakteurs in die Medien hat etwas Verdruckstes und Dubioses. Diekmann soll dem Bundespräsidenten in einem späteren Telefonat, nachdem Wulff sein Bedauern über den Anruf geäußert habe, gesagt haben, die Sache sei damit für ihn erledigt. Gut denkbar, dass er dann aber den indirekten Weg über ein anderes Medium gewählt hat, die Nachricht zu lancieren, um sie benutzen zu können, ohne sich selbst die Finger schmutzig zu machen“
In dem o.g. Interview hatte Wulff gesagt, er habe den Bericht nicht verhindern, sondern erreichen wollen, dass die Veröffentlichung aufgeschoben wird, um möglicherweise strittige Details zu klären. Die BILD-Zeitung hat daraufhin eine Anfrage an das Bundespräsidialamt geschickt mit der Bitte, den Wortlaut der Mailbox-Nachricht veröffentlichen zu dürfen. Diese Anfrage selbst wurde mit Hinweis auf die von Wulff nunmehr gewünschte Transparenz veröffentlicht. 2:0 für die BILD.
In dieser Angelegenheit geht es längst nicht nur um rechtliche Fragen, sondern auch um politische und um Fragen des (Selbst-)Verständnisses der Pressefreiheit und der Staatsorgane. Anlässlich der höflichen Anfrage der BILD könnte man sich auch rechtliche Fragen stellen.
Würde Herr Dieckmann ohne Einwilligung von Wulff die Nachricht veröffentlichen, wäre dies nicht ohne weiteres strafbar. Nach § 201 Abs. 1 StGB kann es zwar strafbar sein, unbefugt nichtöffentliche Telefonate mitzuschneiden und zu veröffentlichen, wenn nicht die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird. Wulff hat jedoch bewusst eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen, also von sich aus die Aufzeichnung veranlasst.
Denkbar wären Ansprüche auf Unterlassung der Veröffentlichung, wenn diese Herrn Wulff in seinen Persönlichkeitsrechten verletzte. Dass der Anrufer davon ausging, sein Anruf werde vertrauensvoll behandelt, würde in der Abwägung sicher eine Rolle spielen. Im Ergebnis würde sich eine solche Veröffentlichung jedoch wohl nicht gerichtlich verhindern lassen. Hier geht es aber auch eher um die ungeschriebenen Gesetze des Umgangs der Presse mit der Politik, die den Chefredakteuer davon abhalten. Die BILD hat sich daher geschickt für eine freundliche Anfrage entschieden.
Diese hat der Bundespräsident abgelehnt. Wulff erklärte am 05.01.2011, die „in einer außergewöhnlich emotionalen Situation gesprochenen Worte“ seien ausschließlich für Diekmann bestimmt.
Unabhängig vom offenen Endstand ist es sehr beruhigend zu wissen, dass der Bundespräsident „vor allem Respekt vor den Grundrechten, auch dem der Presse- und Meinungsfreiheit, haben möchte“. Und die BILD erledigt den Rest. (ca)