In Köln hat Kevin Pezzoni seinen Vertrag mit dem 1.FC Köln aufgelöst. Anlass hierfür waren Anfeindungen von FC-Fans.
Kevin Pezzoni wurde Opfer von Beleidigungen, Verleumdungen, übler Nachrede, Nötigungen und Bedrohungen im Internet und in der realen Welt. Während der Spiele wurde er ausgepfiffen. Außerhalb der Spiele lauerten ihm „Fans“ des 1. FC zu Hause auf. Bei Facebook wurde die Gruppe „Pezzoni muss weg!!“ gegründet. Die Inhalte in dieser Gruppe wecken Erinnerungen an dunkle Zeiten.
Laut einem SPON wurde Kevin Pezzoni als Ratte bezeichnet und es wurden Aufrufe gestartet, „Pezzoni und Co. aufzumischen“. Vor ein paar Tagen war mindestens noch eine Gruppe auffindbar, in welcher man sich zwar davon distanziert, zu irgendwelchen Taten aufgerufen zu haben. Es seien dort lediglich „Späße unter Freunden“ gemacht worden. Wenn man sich die Inhalte weiter anschaut wundert es schon, was angeblich ein „Spaß“ sein soll.
Bei Kommentaren wie „Endlich!!!Raus aus unserer Stadt du wixer scheiss fotzenoni“ oder „Das mit ihrer Nase war kein Fan der Ihnen einen ermunternden klaps geben wollte denken Sie mal drüber nach JETZT!!!“ handelt es sich nicht um humoristische Beiträge sondern um Beleidigungen und Pöbeleien.
Der Zoodirektor
Ebenfalls in Köln spielte sich der Fall rund um den Tiger und den Zoodirektor des Kölner Zoos ab. In den Medien wurde ausführlichst berichtet, welche tragischen Geschehnisse im Kölner Zoo stattfanden. In den sozialen Medien wurde das Verhalten des Zoodirektors ausführlichst diskutiert. Die Grenzen der Meinungsfreiheit wurden dabei an diversen Stellen überschritten. Der Zoodirektor wurde nicht nur beschimpft. Er wurde auch bedroht. Seine Privatadresse wurde veröffentlicht.
Das tote Mädchen
In den Niederlanden hat ein 14-Jähriger eine 15-Jährige ermordet. Die Getötete hat bei Facebook Gerüchte über eine Freundin verbreitet. Es soll um Sexgeschichten mit mehreren Männern gegangen sein. Die „Freundin“ scheint den Mord in Auftrag gegeben zu haben.
Der Mob
Alle Fälle haben eins gemein: Durch die sozialen Medien sind gruppendynamische Prozesse ins Laufen gekommen, die äußerst bedenklich sind. Aus der Entrüstung einzelner Menschen wird in der Summe eine nicht mehr kalkulierbare Massenbewegung, die dazu führt, dass die Rechte von Fußballspielern, Zoodirektoren oder einfachen Schülerinnen in unerträglicher Weise verletzt werden.
Die Grundwerte unserer Gesellschaft werden in diesen Gemengelagen missachtet. Die Menge nimmt weder Rücksicht auf die Würde der Opfer noch auf deren Persönlichkeitsrechte oder deren körperliche Integrität. Die Verfolgung der Opfer innerhalb und außerhalb der virtuellen Welt hat rein gar nichts mehr mit einer Meinungsäußerung zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine übersteigerte Selbstherrlichkeit, die in blinder Selbstjustiz endet.
Bei diesen Phänomenen scheint sich um eine Neuauflage des Mobs zu handeln. Bei Wikipedia findet man folgende Definition: „Mob bezeichnet eine mehr oder weniger bestimmte Gruppe von Personen, die gemeinsam ohne erkennbare Führung zusammen agiert. Der von sich aus, gruppendynamisch handelnde Mob hat kurzfristige Ziele (Plünderung, Zulauf zu öffentlichen Hinrichtungen und dergleichen), seine radikale Äußerung ist der Aufruhr, die Emeute. Unter Kindern bildet sich dergleichen (ohne als „Mob“ bezeichnet zu werden) zum Beispiel als anfeuernde Ansammlung um eine Schlägerei auf dem Schulhof.“ (…)“Der Ausdruck Mob (englisch „mob“ aufgewiegelte Volksmenge; von lateinisch: mobilis = beweglich, wandelbar) bezeichnet – manchmal pejorativ – eine Masse aus Personen des einfachen Volkes bzw. eine sich zusammenrottende Menschenmenge mit überwiegend niedrigem Bildungs- und Sozialniveau (abwertend auch gemeines Volk, Pöbel, Plebs, Gesindel, Pulk, Schar genannt).“
Es darf bezweifelt werden, ob dem „Internetmob“ überwiegend Menschen mit niedrigem Bildungs- und Sozialniveau angehören, auch wenn Rechtschreibung und Ausdrucksweise diese Schlussfolgerung nahelegen. Eine solche Kategorisierung dürfte jedoch zu kurz greifen. Klar ersichtlich ist jedenfalls, dass der Internetmob den Großmäulern eine Bühne bietet – diese Gruppe agiert im Internet genauso wie im echten Leben. Daneben finden sich zahlreiche Agitatoren die nur hinter dem Schutzschild der Anonymität zu handeln wagen. Diese Personen, die Angst haben ihre Identität zu offenbaren, intrigieren aber offensichtlich mit Begeisterung.
Keine Macht den Feigen
Die Letzteren sind diejenigen, die Besorgnis erregen. In unserem Rechts- und Wertesystem sind Meinungsäußerungen erlaubt und erwünscht. Für anonyme Hetzkampagnen gibt es weder aus rechtlicher noch aus gesellschaftlicher Sicht eine Rechtfertigung. Es handelt sich schlicht und ergreifend um eine abscheuliche Verhaltensweise (die im übrigen auch bei Affen zu beobachten ist) der keinesfalls Raum gegeben werden sollte.
Wenn es heißt „Keine Macht den Drogen“ dann schlage ich zusätzlich vor: Keine Macht den Feigen!
Wer seine Meinung sagen möchte, der soll es in angemessener Weise unter Nennung von Ross und Reiter tun! Eine Meinung ist die subjektive Ansicht einer Person und damit untrennbar mit ihr verbunden. Für Meinungen ohne dazugehörige Personen sollte kein Platz sein. (ro)
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