FREIES KOPIEREN UND FREIE NUTZUNG
Da sich die Kopierbarkeit von digital vorliegenden Werken technisch nicht sinnvoll einschränken lässt und die flächendeckende Durchsetzbarkeit von Verboten im privaten Lebensbereich als gescheitert betrachtet werden muss, sollten die Chancen der allgemeinen Verfügbarkeit von Werken erkannt und genutzt werden. Wir sind der Überzeugung, dass die nichtkommerzielle Vervielfältigung und Nutzung von Werken als natürlich betrachtet werden sollte und die Interessen der meisten Urheber entgegen anders lautender Behauptungen von bestimmten Interessengruppen nicht negativ tangiert.
Es konnte in der Vergangenheit kein solcher Zusammenhang schlüssig belegt werden. In der Tat existiert eine Vielzahl von innovativen Geschäftskonzepten, welche die freie Verfügbarkeit bewusst zu ihrem Vorteil nutzen und Urheber unabhängiger von bestehenden Marktstrukturen machen können.
Daher fordern wir, das nichtkommerzielle Kopieren, Zugänglichmachen, Speichern und Nutzen von Werken nicht nur zu legalisieren, sondern explizit zu fördern, um die allgemeine Verfügbarkeit von Information, Wissen und Kultur zu verbessern, denn dies stellt eine essentielle Grundvoraussetzung für die soziale, technische und wirtschaftliche Weiterentwicklung unserer Gesellschaft dar.
Julia Schramm ist nicht nur Politikerin sondern zugleich Autorin und somit selbst Schöpferin geistigen Eigentums. Ihr Buch „Klick mich – Bekenntnisse einer Internet-Exhibitionistin“ ist seit dem 17.09.2012 als Hardcover und in digitalisierter Form als E-Book erhältlich.
Bereits am Tag der Veröffentlichung hatten Internetnutzer den Titel „Klick mich“ wörtlich genommen und die PDF-Datei zum kostenlosen Download bei einem Online-Speicherdienst hinterlegt. Der Download-Link wurde sodann über Twitter und Tumblr mit einem Hinweis auf das Parteiprogramm der Piraten verbreitet.
Der Albrecht Knaus Verlag, welcher Frau Schramm für die Nutzungsrechte an dem Buch ein Honorar von EUR 100.000,00 gezahlt haben soll, hatte für diesen „Scherz“ indessen kein Verständnis. Wie Spiegel Online berichtet, kontaktierte dessen Rechtsabteilung umgehend den Online-Speicherdienst und setzte durch, dass die PDF-Datei jedenfalls über die ursprüngliche Adresse nicht mehr abrufbar ist. Stattdessen befindet sich nun dort der Hinweis, dass die Datei im Namen der Autorin Julia Schramm entfernt wurde:
This file is no longer available due to a takedown request under the Digital Millennium Copyright Act by Julia Schramm Autorin der Verlagsgruppe Random House.
Julia Schramm findet diese Vorgehensweise anscheinend korrekt. In der Süddeutschen wird sie wie folgt zitiert:
„Es ist ja klar, dass der Verlag dagegen vorgeht, wenn mein Buch auf einer Homepage zum Download steht. Ich sehe darin auch keinen Widerspruch. Ich lehne nicht das Urheberrecht, sondern den Begriff des geistigen Eigentums ab, weil er ein Kampfbegriff ist“, verteidigte sich die Piraten-Politikerin. Vielmehr setzen der Verlag und sie „ein Zeichen in der politischen Debatte“, weil die bisherige Abmahnpraxis nicht angewandt werde, bei der der User um die 700 Euro zahlen müsse. Stattdessen ahnde man Verstöße gegen das Urheberrecht zunächst mit einer Verwarnung.
Bei diesem Statement möchten wir gerne ein Blatt Papier mit der Aufschrift „(lacht)“ in die Höhe halten. Die Argumentation der Frau Schramm ist – mit Alfred Biolek gesprochen – interessant. In den Augen von Frau Schramm wahrscheinlich auch vollkommen irrelevant, die 26-Jährige schert sich um ihr Geschwätz von gestern eh nicht: …“naja, alles unter 30 fällt unter Jungendsünde, richtig?;)“
Im Ergebnis zeigt dieser Fall jedoch wieder einmal, wie wichtig es ist, dass das Urheberrecht den Urhebern und Rechteinhabern eine effektive Verwertung ihrer geschaffenen bzw. lizenzierten Werke ermöglicht. Dass dies nun auch eine Julia Schramm von der Piratenpartei erkennen muss, ist letztlich die beste Werbung für das Urheberrecht in seiner bestehenden Form.
Vielleicht wollte Julia Schramm mit ihrer plakativen Bemerkung „Geistiges Eigentum ist ekelhaft“ gar nicht für die Abschaffung des Urheberrechts oder der geistigen Eigentumsrechte plädieren. Vielleicht wollte sie auch einfach nur über den Inhalt ihres eigenen Buches sprechen – immerhin soll es dort auch um sexuelle Handlungen mit Pferden gehen. Sofern dies ihre Intention war möchten wir ihr aufmunternd zurufen: Die Gedanken sind vielleicht ekelhaft – aber frei! (ab/ro)
(Bild: © Maridav – Fotolia.com)