An einem Urteil das Landgerichts Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urteil v. 15.12.2010, Az. 12 O 312/10) zu der Frage, ob auch so genannte Baustellenseiten ein Impressum bereithalten müssen, hat sich ein „Gelehrtenstreit“ zwischen der Kanzlei Ferner und unserem Blog entzündet.
Es besteht zwar Einigkeit darüber, dass das Urteil jedenfalls inhaltliche Fehler aufweisen dürfte. Herr Ferner vertritt jedoch die Ansicht, dass es im Ergebnis richtig sei, weil die gegenständliche Baustellenseite jedenfalls nicht „in der Regel gegen Entgelt“ betrieben worden sei. Er räumt allerdings auch ein, dass das vom Gesetzgeber als einschränkendes Korrektiv gedachte Merkmal nicht ganz sauber in den Tatbestand passt. Einzelheiten dazu hier.
Wir dagegen haben das Tatbestandsmerkmal des „regelmäßigen Entgelts“ zugegebenermaßen stiefmütterlich behandelt und sind es einfach übergangen. Wenn wir uns auch die Kritik gefallen lassen müssen, uns mit der von Herrn Ferner zu Recht aufgeworfenen Problematik gar nicht befasst zu haben, so halten wir am Ergebnis dennoch fest.
Denn, wie Herr Ferner zutreffend feststellt, hat der Gesetzgeber hier mit dem Bemühen, die Norm einschränken zu wollen, wohl tatsächlich „Murks“ gemacht und mit dem zusätzlichen Tatbestandsmerkmal mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet. Der Fehler rührt mE von der krampfhaften Bemühung des deutschen Gesetzgebers her, die Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie möglichst genau umzusetzen. Dabei hat man offenbar in dem Bestreben, der Richtlinie gerecht zu werden, das Merkmal „in der Regel gegen Entgelt angeboten“ übernommen, ohne zu beachten, dass bereits der Tatbestand der alten Vorschrift, nämlich des § 6 TDG durch das Merkmal der „Geschäftsmäßigkeit“ rein private Anbieter ausnahm und somit dem europarechtlichen Telos bereits Genüge getan hätte.
Das Merkmal „in der Regel gegen Entgelt angeboten“ entstammt dem Artikel 2 a) der E-Commerce-Richtlinie, der auf den Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 98/34/EG in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG verweist. Beim Studium der europarechtlichen Vorgaben wird deutlich, dass bereits der Begriff „Dienst“ als eine „Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung“ verstanden wird. Die deutsche Einschränkung „geschäftlich“, wie sie bereits im alten § 6 TDG zu finden war, findet demnach ihre (jedenfalls weitestgehende) Entsprechung in der europarechtlichen Vorgabe „Dienst“ bzw. der „in der Regel gegen Entgelt erbrachten Dienstleistung“.
Der deutsche Gesetzgeber hat dieses Tatbestandsmerkmal somit wohl überflüssigerweise den Voraussetzungen des alten § 6 TDG hinzugefügt und daraus den neuen § 5 TMG gemacht. Wenn man daher nicht schon davon ausgehen will, dass das Merkmal „in der Regel gegen Entgelt angeboten“ vor diesem Hintergrund gar keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben dürfte, so muss man dennoch anerkennen, dass dies sich mit „geschäftsmäßig“ jedenfalls großflächig überschneidet, so dass der Anwendungsbereich allenfalls marginal sein dürfte.
Zu der Problematik stellt Micklitz in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 1. Auflage 2008, Rn. 10 eine interessante Kontrollüberlegung an:
„Die Internetpräsentation eines Rechtsanwalts wird in der Regel nicht gegen Entgelt angeboten. Bedarf es nun keines Impressums mehr? Die Gesetzesbegründung verweist auf Homepages, die rein privaten Zwecken dienen und die nicht Dienste bereitstellen, die sonst nur gegen Entgelt verfügbar sind. Als Beispiel nennt die Begründung Informationsangebote von Idealvereinen. Sollen damit Verbraucherorganisationen und Sozialeinrichtungen wirklich von der Impressumspflicht freigestellt werden? Das kann wohl nicht gemeint sein. Ein angemessenes Ergebnis lässt sich nur im Wege der teleologischen Reduktion erzielen. Danach ist es Sinn und Zweck der Regelung des § 5 all diejenigen Anbieter zu erfassen, die die Webseite als Einstiegsmedium begreifen, mittels dessen sie dem Kunden im Ergebnis eine entgeltliche Leistung anbieten. Das gilt jedenfalls für Rechtsanwälte und mehr und mehr für Idealvereine, die sich über derart vermittelte Leistungen finanzieren müssen.“
Dem ist unseres Erachtens nichts hinzuzufügen. (la)