Keine Abmahnkosten bei Vollmachtsrüge und gleichzeitiger Unterwerfung?

Wie die Kollegen von Dr. Damm & Partner berichten, hat das OLG Celle mit Urteil vom 02.09.2010, Az. 13 U 34/10 entschieden, dass die Kosten einer berechtigten Abmahnung auch dann zu erstatten sind, wenn diese unter Hinweis auf die Nichtvorlage einer Vollmacht im Original unverzüglich zurückgewiesen wird, gleichwohl aber eine Unterlassungserklärung gegenüber dem Rechtsanwalt abgegeben wird, dessen Bevollmächtigung angezweifelt wird.

Die erste Instanz, das LG Hannover, war noch auf den landläufig gern angewandten „Trick“ des Verletzers hereingefallen, die Zahlung der Abmahnkosten mit der Begründung zu verweigern, man sei nicht wirksam abgemahnt worden, obwohl der der Abmahnung zugrundeliegende dem Abgemahnten dienende Zweck, nämlich die Vermeidung eines Rechtsstreits durch Abgabe einer Unterlassungserklärung erreicht worden ist.

Diese Taktik ist bereits verfehlt, da diese völlig ausser Acht lässt, dass der  Täter einer Rechtsverletzung dem Verletzten die aufgewendeten Anwaltskosten schon schlicht und ergreifend (wie in anderen Rechtsgebieten auch) aufgrund eines Schadensersatzanspruchs gem. § 9 UWG schuldet, so dass die Vollmachtsrüge überhaupt nur in ganz wenigen Fällen überhaupt sinnvoll ist. Näheres zur Sinn und Unsinn der Vollmachtsrüge hier.

Wie man sieht, lassen sich manche Landgerichte aber offenbar davon beeindrucken. Nicht so das OLG Celle.

Der Senat stellt zunächst den Meinungsstand zur Anwendbarkeit des § 174 BGB auf die Abmahnung dar und weist daraufhin, dass es zwei gegensätzliche und eine vermittelnde Ansicht diesbezüglich gebe.

(Interessanterweise behauptet der Senat, dass die Anwendbarkeit von § 174 Satz 1 BGB auf die Abmahnung „in der Vergangenheit überwiegend“ verneint worden sei, sich inzwischen eine „nicht minderstarke“ Gegenposition etabliert habe, wonach die Abmahnung als geschäftsähnliche Handlung anzusehen sei, auf die § 174 BGB für anwendbar erklärt werde. Das stimmt jedoch – wie auch die Gegenüberstellung der zitierten Rechtssprechung und Literatur zeigt – nicht. Es gibt schlicht eine herrschende eine vermittelnde und eine Mindermeinung. Weshalb das OLG Celle trotzdem anderes behauptet, wird schnell klar, wenn man in die Kommentierung unter 12 UWG, Rn. 1.25 in dem Kommentar zum UWG „Köhler/Bornkamm“ schaut. Dort versucht nämlich Bornkamm, seines Zeichens Richter am BGH-Wettbewerbssenat, seine Mindermeinung mit dem wortgleichen Satz zu einer nicht „minderstarken Gegenposition“ zu machen, den das OLG Celle offenbar dort einfach abgeschrieben hat.)

Die Entscheidung des Meinungsstreits lässt das OLG indes offen, da es gem. § 242 BGB jedenfalls treuwidrig sei, sich auf die mangelnde Bevollmächtigung eines Vertreters zu berufen, sich aber eben diesem gegenüber zu unterwerfen, um die in seinem Interesse stehende Beseitigung der Wiederholungsgefahr herbeizuführen.

Meines Wissens ist diese Entscheidung die erste, die abgesehen von den akademischen Klimmzügen zum allgemeinen Teil des BGB, die anscheinend in keiner Entscheidung fehlen dürfen, mal ausspricht, was sogar ein Laie bei der Vollmachttrickserei denken muss:

Kann doch wohl nicht wahr sein!

Fazit:

Hoffentlich kann diese Entscheidung dazu beitragen, dass formelle Tricksereien in  Streitfällen im gewerblichen Rechtsschutz nachlassen. Diese verursachen zumeist ohnhin nur vermeidbare  Mehrarbeit  für alle Beteiligten und Mehrkosten für den Abgemahnten (wie im vorliegenden Fall Gerichtskosten über 2 Instanzen). Es könnte sogar noch eine Instanz hin zukommen, da das OLG die Revision zum BGH zugelassen hat.

Der Papst des Wettbewersbrechts, Otto Teplitzky, findet zur Vollmachtsrüge im Übrigen klare Worte:

„Ihr Scheinproblemcharakter (der Vollmachtsrüge, Anm. des Unterzeichners) klingt schon bei Ahrens/Deutsch, Kap. 1, Rdn. 111, an; in der Tat handelt es sich dabei mehr um eine Spielwiese für schikanefreudige Streitparteien und deren Anwälte sowie für rechtstheoretische Überlegungen als um ein ernsthaftes Problemfeld.“

(la)

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