Das Landgericht Düsseldorf hatte über die Kosten für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen Verstoßes gegen das Telemediengesetz (TMG) zu entscheiden (LG Düsseldorf, Urteil v. 15.12.2010, Az. 12 O 312/10) (via Kanzlei Sewoma) und den Zahlungsanspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Besonderheit dieses Falles liegt darin, dass es sich bei der abgemahnten Onlinepräsenz lediglich um eine sogenannte Baustellenseite handelte.
Die Klägerin, die behauptete, neben ihrer Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellte eine Werbeagentur zu betreiben, hatte eine andere Werbeagentur wegen unvollständigem Impressum gemäß § 5 Abs. 1 TMG abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie Zahlung der entstandenen Rechtsanwaltsgebühren aufgefordert.
Die Klägerin hatte festgestellt, dass unter der Internetadresse der Beklagten eine Vorschalt- bzw. Wartungsseite abrufbar war, die ein Firmenlogo der Beklagten enthielt mit der Aussage „alles für die Marke“. Zudem fand sich auf der Seite der Hinweis, dass die Internetseite zur Zeit gründlich überarbeitet werde; zugleich wurden die Besucher der Website aufgefordert, die Seite in wenigen Tagen noch einmal zu besuchen. Für den Fall einer zwischenzeitlichen Kontaktaufnahme war eine E-Mail-Adresse und eine Telefonnummer angegeben.
Nachdem die Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, stritten die Parteien nun noch über die Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren. Das Landgericht hat insofern entschieden, dass ein Erstattungsanspruch nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nicht bestehe, da die Beklagte keine Anbieterkennzeichnung im Sinne des § 5 TMG vorhalten müsse, weil die Wartungsseite keine geschäftsmäßige Betätigung der Beklagten darstelle.
Das Gericht führt hierzu aus:
„Die unter der Internetadresse zu diesem Zeitpunkt abrufbare Vorschalt- bzw. Wartungsseite enthielt als einzigen Hinweis auf Dienste der Beklagten, dass diese sich mit „alle[m] für die Marke“ befasst; im Übrigen wurde der Besucher auf einen späteren Besuch verwiesen. Damit hatte der Internetauftritt zu diesem Zeitpunkt nicht den Zweck der Verfolgung wirtschaftlicher Interessen, denn die Beklagte hat keine konkreten Leistungen beworben, auch die Angabe „alles für die Marke“ stellt sich dem Besucher als bloßer Slogan dar, vermittelt ihm aber keine Informationen zu ihrem tatsächlichen Tätigkeitsfeld.“
Unserer Ansicht nach wertet das Gericht die Voraussetzung der Geschäftsmäßigkeit des § 5 TMG völlig falsch. Nach der Vorschrift des § 5 TMG haben Diensteanbieter für geschäftsmäßige in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien die dort genannten Informationen leicht erkennbar und ständig verfügbar zu halten. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, ausreichende Informationen über Art und Umfang der rechtlichen Verpflichtungen sowie über die Person des Vertragspartners zu gewährleisten und damit der möglichen Anonymität und schweren Identifizierbarkeit im Internet entgegenzuwirken.
Das Merkmal der Geschäftsmäßigkeit wird im TMG nicht definiert. Vereinzelt wird vorgeschlagen, diesen Begriff mit „beruflich“ oder „gewerblich“ gleichzusetzen, so dass nur unternehmerische Angebote mit Gewinnerzielungsabsicht umfasst wären. Nach der derzeit wohl herrschenden Meinung ist hingegen für die Begriffsbestimmung die Terminologie des damaligen § 3 Nr. 5 TKG (Telekommunikationsgesetzes) und die Begründung zum Gesetzesentwurf heranzuziehen. Danach handelt ein Anbieter geschäftsmäßig, wenn er Dienste auf Grund einer nachhaltigen Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht erbringt. Als nachhaltig ist eine Tätigkeit anzusehen, wenn sie auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet ist und sich nicht auf einen Einzelfall beschränkt. Ausgeschlossen sind hiernach nur private Gelegenheitsgeschäfte.
Eine weite Auslegung des Begriffes der Geschäftsmäßigkeit ist auch im Sinne der E-Commerce-Richtlinie (ECRL) geboten. In der ECRL ist eine Beschränkung des Begriffes der Geschäftsmäßigkeit ausschließlich auf Erwerbstätigkeiten mit Gewinnerzielungsabsicht nicht vorgesehen.
In dem Fall, den das Landgericht Düsseldorf zu entscheiden hatte, ist von einer nachhaltigen Tätigkeit, also einem geschäftsmäßigen Angebot auszugehen. Gerade die Aufforderung der Beklagten an die Besucher der Website, in wenigen Tagen wieder „vorbeizuschauen“ sowie die Gewährleistung einer zwischenzeitlichen ständigen Erreichbarkeit und der deutliche Hinweis auf das Geschäftsfeld der Beklagten, nämlich „alles für die Marke“, lässt allein den Schluss zu, dass hier eine nachhaltige, also auf einen längeren Zeitraum vorgesehene Tätigkeit der Beklagten vorliegt.
Insofern war die Abmahnung wegen fehlendem Impressum berechtigt und somit hätte auch der Zahlungsklage stattgegeben werden müssen.
Es steht zu vermuten, dass das Landgericht sich nicht zuletzt von der „Schweinehundtheorie“ hat leiten lassen. Denn der Vortrag der Klägerin, die natürlich nur rein zufällig ausgerechnet in der Kanzlei beschäftigt war, über die die Abmahnung auch ausgesprochen worden war, sie betreibe neben ihrer Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellte auch eine Werbeagentur, hat freilich ein „Geschmäckle“. Wenn er jedoch zutrifft, müsste das Gericht das Gesetz anwenden und dürfte seinem Ärger nicht über eine ergebnisorientierte Rechtsanwendung Luft machen. Andererseits – und das wird sich auch das Gericht gedacht haben – ging es in dem Fall nicht um staatstragende Belange, sondern, da die Unterlassungserklärung bereits abgegeben worden war, nur noch um die Kosten des Rechtsanwalts, der diese wohl nicht ernsthaft an seine Angestellte weitergegeben hätte und der, wie alle seiner Kollegen, wahrscheinlich ohnehin zu viel verdient…
Ob die Klägerin gegen das Urteil Berufung einlegen wird, bleibt abzuwarten (nh, la).
Update (06.02.2011): Die Klägerin wird vom Kollegen Strömer vertreten, der offenbar – mit guten Aussichten – Berufung zum OLG Düsseldorf gegen die Entscheidung eingelegt hat. Wir sind gespannt. (la)