Für die Patienten sind sie oft sehr hilfreich und können bei der Auswahl eines Arztes helfen. Für die Ärzte selbst können die Portale jedoch schnell zum Graus werden, immer dann, wenn der Arzt– oft auch zu Unrecht – an den digitalen Pranger gestellt wird und rechtswidrige Äußerungen über ihn im Internet verbreitet werden.
Ganz anonym kann ein Patient eine ärztliche Behandlung mit Kommentaren und Schulnoten bewerten und so mit einer schlechten Bewertung und einer miserablen Schulnote der Reputation des jeweiligen Arztes erheblichen Schaden zufügen.
Was ist überhaupt eine rechtswidrige Äußerung?
Jedenfalls eine rechtswidrige Äußerung auf einem Bewertungsportal muss ein Arzt nicht dulden. Vor allem ist es rechtswidrig, wenn der Verfasser mit seiner Bewertung unwahre Tatsachenbehauptungen verbreitet.
Aber nicht nur unwahre Tatsachenbehauptungen sind rechtswidrige Äußerungen, vielmehr sind auch Meinungsäußerungen dann rechtswidrig und können von dem bewerteten Arzt verboten werden, wenn sie Schmähkritik sind und primär auf eine Herabsetzung der Person, nicht auf eine Auseinandersetzung in der Sache zielen.
Nicht mitmachen, geht nicht…
Einfach, um sich gar nicht erst der Gefahr auszusetzen, dass man von unwahren Tatsachenbehauptungen oder Schmähkritik getroffen wird, als Arzt sich von den Bewertungsportalen „abzumelden“, ist nicht möglich. Allein aufgrund des Rechts auf freie Arztwahl in Deutschland ist jeder Arzt dem Wettbewerb ausgesetzt zu welchem eben auch Bewertungsmöglichkeiten auf öffentlich zugänglichen Bewertungsportalen gehören (vgl. BGH, Urteil v. 23.9.2014, Az. VI ZR 358/13).
…Umso wichtiger ist es also, sich zu wehren
Grundsätzlich stehen dem Arzt zunächst gegen den Verfasser der jeweiligen rechtswidrigen Äußerung Ansprüche wegen der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zu. Doch es ist gar nicht so einfach, diese Ansprüche durchzusetzen, denn die Bewertungen erfolgen anonym. Meist ist es die einzige Chance des bewerteten Arztes, das mehr oder weniger stumpfe Schwert der Kommentarfunktion auf den Bewertungsportalen zu nutzen und so online auf eine schlechte Bewertung zu reagieren und diese – hoffentlich – online zu klären. Alternativ bleibt dem Arzt der Weg über den Portalbetreiber selbst.
Die Vorgaben der Rechtsprechung zur Störerhaftung
Nach den Vorgaben der Rechtsprechung ist der jeweilige Portalbetreiber ein sogenannter Störer. Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung eines Rechtsguts beiträgt (vgl. BGH NJW 2012, 148 – Blog-Eintrag).
Indem etwa Sanego oder Jameda ein Onlineportal betreiben, dabei den Speicherplatz für Bewertende bereitstellen und den Abruf der Website über das Internet ermöglichen, tragen sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung der jeweiligen Bewertungen der Verfasser bei und haften damit als Hostprovider für die von dem Nutzer Ihrer Internetpräsenz eingestellten Bewertungen, sofern diese rechtswidrig ist.
Ab dem Zeitpunkt Ihrer Kenntnis von der Rechtsverletzung sind die Portalbetreiber damit für rechtswidrige Bewertungen verantwortlich und können auch verpflichtet sein, zukünftige derartige Verletzungen zu unterbinden (vgl. BGH NJW 2012, 148 – Blog-Eintrag; BGH GRUR 2013, 751 – Autocomplete-Funktion; BGH GRUR 2004, 860 – Internet-Versteigerung I; BGH GRUR 2007,708 – Internet-Versteigerung II; BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei ebay). Das heißt, wenn ein von einer negativen, rechtswidrigen Bewertung Betroffener den jeweiligen Portalbetreiber – am besten mittels eines darauf spezialisierten Anwalts – über eine Verletzung seiner Persönlichkeits- oder Unternehmenspersönlichkeitsrechte durch eine Bewertung informiert und diesen zur Löschung selbiger auffordert, löst dies die Verantwortlichkeit des Portalbetreibers aus.
Nach erfolgter Beanstandung wird die Bewertung meist zunächst vorübergehend aus dem Portal entfernt und der Verfasser der Bewertung wird von dem Portalbetreiber kontaktiert und aufgefordert, Stellung zu der Beanstandung zu nehmen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Host-Providern insoweit bereits im Rahmen seiner Entscheidung zur Haftung für Blog-Einträge im Jahre 2011 umfangreiche Kommunikationspflichten auferlegt (BGH NJW 2012, 148 – Blog-Eintrag): Der Host-Provider hat nach einer entsprechenden Beanstandung des Betroffenen sowohl inhaltlich zu prüfen, ob der veröffentlichte Inhalt offensichtlich rechtlich bedenklich ist, als auch die Kommunikation zwischen dem Verfasser der Bewertung und dem Betroffenen, der die Bewertung beanstandet, zu prüfen und einzuschätzen (vgl. hierzu auch BGH, Urteil v. 27.3.2012, Az. VI ZR 144/11).
Meldet sich der Verfasser auf die Aufforderung zur Stellungnahme seitens des Portalbetreibers nicht, so bleibt die schlechte, beanstandete Bewertung meist offline und der Spuk ist vorbei.
Anders sieht es aus, wenn der Verfasser sich meldet und die Behandlung durch den bewerteten Arzt samt der schlechten Erfahrung bestätigt. In diesem Fall wird das Bewertungsportal die jeweilige Bewertung meist wieder in das Portal einstellen, da sie ja erst einmal ihren Prüfungspflichten nachgekommen sind. Stellt das Portal dabei jedoch eine tatsächlich rechtswidrige Äußerung wieder ein – etwa aufgrund der Annahme es handele sich um eine bloße Meinungsäußerung, welche auch keine Schmähkritik ist – so hat der jeweilige Arzt nun auch einen Unterlassungsanspruch gegen der den Portalbetreiber. Denn dann – wie oben beschrieben – ist der Portalbetreiber nunmehr als sogenannter Störer rechtlich verantwortlich für diese rechtswidrige Äußerung verantwortlich.
Die Abmahnung des Bewertungsportals
Aufgrund dieser im Rahmen der Störerhaftung nach Kenntnis der rechtswidrigen Äußerung eingetretenen rechtlichen Verantwortlichkeit des Portalbetreibers kann nunmehr der von der rechtswidrigen Äußerung Betroffene den Portalbetreiber auf Unterlassung in Anspruch nehmen und kostenpflichtig abmahnen. Wird sodann keine den Anforderungen der Rechtsprechung genügende strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben, so kann der bestehende Anspruch im Eilverfahren oder auch im regulären Hauptsacheverfahren – inklusive der Anspruch auf Erstattung der entstandenen Rechtsanwaltskosten – gerichtlich durchgesetzt werden.
Die Stärkung der Rechtsposition der Ärzte durch die aktuelle Rechtsprechung
Jüngst hat das OLG München in einem Beschluss die Rechte der bewerteten Ärzte in solchen Situationen gestärkt (OLG München, Beschluss v. 17.10.2014, Az. 18 W 1933/14): Der Portalbetreiber musste in diesem Fall nicht allein die von einem Verfasser eingestellten unwahren Tatsachenbehauptungen aus dem Onlineportal entfernen, sondern vielmehr auch die darauf schlechte Benotung der Arztpraxis mit den Schulnoten 5 und 6. Bemerkenswert ist dies vor allem deshalb, da Benotungen in Onlineportalen bisher als freie Meinungsäußerungen für zulässig erachtet wurden (vgl. BGH, Urteil v. 23.06.2009, Az. VI ZR 196/08). Zur Begründung führte das OLG München aus, dass Grundlage für die Benotung einer Behandlung die vom Verfasser aufgestellten (unwahren) Tatsachenbehauptungen bezüglich selbiger Behandlung seien. Nach Auffassung des Senats könne bei der Konstellation, bei der ein Werturteil eine zugrunde liegende tatsächliche Feststellung von eigenständiger Bedeutung derart widerspiegele, dass beide zusammen „stehen und fallen“, nicht nur Unterlassung der unwahren Tatsachenbehauptung, sondern auch der auf dieser beruhenden Werturteile verlangt werden. Andernfalls ergäbe sich die merkwürdige Konsequenz, so die Richter weiter, dass der im Rahmen eines Bewertungsportals von einer unwahren Tatsachenbehauptung Betroffene zwar die Behauptung als solche angreifen könne, aber nicht die eine unwahre Tatsachenbehauptung widerspiegelnde und wiederholende Bewertung.
Das Oberlandesgericht in München stärkt ferner auch die Position der bewerteten Ärzte, da es ganz deutlich betont, dass den Portalbetreibern bei einer eingehenden Beanstandung einer Bewertung hohe Sorgfaltspflichten aufzuerlegen sind, die Überprüfung der beanstandeten Bewertung ist dabei vollumfänglich durchzuführen. Tut der jeweilige Betreiber dies nicht oder kommt er nicht zu der rechtlichen richtigen Entscheidung, die beanstandete Bewertung zu löschen, so haftet er.
Erfreulicherweise schließt sich auch ein aktuelles Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (LG Frankfurt, Urteil v. 5.3.2015, Az. 2-03 O 188/14) dieser Auffassung an. So urteilten die Frankfurter Richter gleichermaßen, dass die jeweiligen Portalbetreiber bei einer eintreffenden Beanstandung erhebliche Nachforschungen und Beweissicherungen durchführen müssen, um zu prüfen, ob eine Rechtsverletzung vorliegt und diese Bewertung auch im Zweifel löschen müssen.
Ist daher gerade vor dem Hintergrund dieser aktuellen Rechtsprechung sehr zu empfehlen, sich gegen rechtswidrige Äußerungen auf Onlinebewertungsportalen zur Wehr zu setzen. (he)
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