Viele Kollegen, wie Dr. Petring begrüßen den Beschluss als „Sanktion“ gegen Filesharing-Abmahnungen. Unserer Ansicht nach ist dies jedoch kein Freibrief für Filesharer. Denn grundsätzlich bleibt es auch weiterhin dabei, dass die Kosten die unterlegene Partei zu tragen hat.
Keine Verfahrenskosten für den Schuldner bei unzureichender Abmahnung und Anerkenntnis
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts birgt eigentlich nicht viel Neues. Wer den Schuldner nicht oder nicht ordnungsgemäß abmahnt, läuft Gefahr, dass er die Kosten des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens zu tragen hat, wenn der Schuldner den Anspruch sofortig anerkennt.
Das OLG hat jedoch die Voraussetzungen an eine Abmahnung gegenüber Privatpersonen in gewisser Weise „modifiziert“:
Nachdem im Beschluss zunächst allgemeine Ausführungen zu essentiellen Grundsätzen im gewerblichen Rechtsschutz und zur Abmahnung gemacht werden, kommt das Gericht zum wirklichen Novum und trägt seinerseits – vielleicht – zur Rechtsfortbildung bei, indem es ausführt:
„Diese Grundsätze können auf die Abmahnung, die gegenüber einem nicht geschäftlich handelnden Rechtsverletzer ausgesprochen wird, nicht uneingeschränkt angewandt werden. Auch eine im gewerblichen Bereich ausgesprochene Abmahnung darf sich nicht darauf beschränken, eine Rechtsverletzung aufzuzeigen. Die Abmahnung soll dem Schuldner einen Weg weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. (vgl. BGH GRUR 2009, 502 Tz. 11 – pcb; GRUR 2010, 354 Tz. 8 – Kräutertee) Zu diesem Zweck ist es im geschäftlichen Verkehr ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Abmahnung die Aufforderung zur Abgabe einer Unterwerfungserklärung enthält. (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG 29. Aufl., § 12 Rdn. 1.16; Teplitzky, Kap. 41 Rdn. 14) Was einem Verbraucher gegenüber erforderlich ist, um ihm den Weg zur Vermeidung einer gerichtlichen Inanspruchnahme zu weisen, kann nicht nach denselben Grundsätzen beurteilt werden. Insoweit ist jedenfalls von einem gewerblich tätigen und rechtlich beratenen Gläubiger zu verlangen, dass er dem Schuldner keine Hinweise erteilt, die den Schuldner von der Anerkennung des Anspruchs abhalten können. Geschieht dies gleichwohl, kann der Gläubiger – nach objektiven Maßstäben- aus einer unterbliebenen Reaktion des Schuldners auf die Abmahnung nicht schließen, dass eine gerichtliche Inanspruchnahme erforderlich ist. Der Senat verkennt nicht, dass diese Einschätzung bisher – wie die Antragstellerin dargelegt hat- in der Literatur nicht vertreten worden ist. Es lässt sich den angeführten Literaturnachweisen jedoch nicht entnehmen, dass diese sich mit den hier gegebenen Besonderheiten auseinandergesetzt haben.“ . (…) OLG Köln, a.a.O.
In der Entscheidung wird also eine klare Differenzierung zwischen „Unternehmern“ und „Verbrauchern“ vorgenommen, die dazu führt, dass in Bezug auf die Kostenfolgen andere Voraussetzungen an eine Abmahnung gegenüber Verbrauchern gelten, als gegenüber Unternehmern.
Uns stellt sich allerdings die Frage, woran der Abmahnende vor Einleitung gerichtlicher Schritte erkennen soll, dass es sich bei dem – jedenfalls im vorliegenden Fall – in gewerblichem Ausmaß handelnden Filesharer entgegen dem äußeren Anschein um einen „Verbraucher“ handelt, zumal der angeschriebene Verbraucher der Auffassung des OLG Köln folgend diesbezüglich noch nicht einmal eine Aufklärungspflicht haben soll. Die Entscheidung erscheint an dieser Stelle daher zweifelhaft. Anders würde der Fall freilich liegen, wenn die Verbrauchereigenschaft für den Gläubiger von Anfang an auf der Hand lag. So war es aber offenbar nicht.
Festzuhalten bleibt, dass das OLG zu dieser Entscheidung gekommen ist, indem es den § 93 ZPO angewandt hat, der die Kostenverteilung bei einem sofortigen Anerkenntnis regelt. Die Richter waren sich einig, dass der Antragsgegner keine Kosten zu tragen hatte, da er keinen Grund zur gerichtlichen Inanspruchnahme gegeben und den Unterlassungsanspruch durch Abgabe einer Unterlassungserklärung sofortig anerkannt hatte.
Dies sei darauf zurückzuführen, dass die vorgefertigte Unterlassungserklärung zu weit gefasst gewesen sei und die Antragstellerin in der Abmahnung darauf hingewiesen hatte, dass eine Einschränkung „zur Unwirksamkeit der Unterlassungserklärung“ führen könne. Insbesondere durch diesen Hinweis sahen die Richter den oben zitierten Sinn einer Abmahnung gefährdet, da dieser Privatpersonen von der Abgabe einer eingeschränkten Unterlassungserklärung abhalten könne.
Keine Abmahnkosten bei zu weiter vorformulierter Unterlassungserklärung?
Ein Trugschluss wäre es jedoch für „Verbraucher“ des illegalen Filesharings, zu denken, dass Unterlassungserklärungen grundsätzlich zu beliebigen Zeiten abgegeben werden könnten oder Kosten durch sie nicht zu tragen sind, nur weil die Vorformulierung zu weit gefasst wäre. Der Senat war in seinem Beschluss zur Entscheidung über die Abmahnkosten nicht berufen, sondern hat lediglich entschieden, dass die Kosten des Gerichtsverfahrens im konkreten Fall dem Antragsteller aufzuerlegen seien.
Daher stimmt insbesondere die Behauptung innerhalb des Werbetextes auf der Internetseite der Kollegen Richter & Süme nicht, die den Filesharer im Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln vertreten haben, dass die Entscheidung bedeute, dass „Abmahner“ eine Kostenerstattung wegen einer zu weit gefassten Unterlassungserklärung nicht verlangen könnten. Wird der Filesharer in der Abmahnung nicht wie im vorliegenden Fall falsch „belehrt“, trifft ihn auch zukünftig die Kostenlast sowohl in Bezug auf die Abmahnung als auch im einstweiligen Verfügungsverfahren, auch wenn die vorformulierte Unterlassungserklärung zu weit gefasst sein sollte.
Der Empfehlung der Kollegen Richter & Sühme, dass alle derzeit abgemahnten Verbraucher die von ihnen geforderte Unterlassungserklärung oder Kostenerstattung von einem Fachmann prüfen lassen sollten, kann daher nur uneingeschränkt beigepflichtet werden. (cs, la)
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