Das BMI berichtet in seiner Pressemitteilung vom 01.12.2010:
„Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hat am 1. Dezember den Inhalt eines Gesetzentwurfs vorgestellt, der den Schutz vor besonders schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet verbessern soll. Gleichzeitig hat Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer, Präsident des BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.), de Maizière einen Datenschutzkodex der IKT-Branche zu Google Street View und ähnlichen Diensten übergeben.“
Der Minister verlässt sich nicht allein auf den Datenschutzkodex und die Selbstregulierungskräfte der Internetdienstleister, sondern stellt zusätzlich „die rote Linie“ einer Gesetzesinitiative vor. Diese hat auch einen anderen Regelungsgegenstand.
Der Gesetzentwurf des BMI zum Schutz vor besonders schweren Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht“ sieht schärfere Regeln für den Datenschutz im Internet vor. Der Entwurf erläutert in – auch für nicht auf Datenschutzrecht spezialisierte Leser – verständlichen Worten die angestrebten Änderungen:
„Die beabsichtigte Regelung bezieht sich auf die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten in Telemedien durch öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen, die einen besonders schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellt.“ (…)
„Ein besonders schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen liegt insbesondere dann vor, wenn in Telemedien personenbezogene Daten veröffentlicht werden, die
o geschäftsmäßig gezielt zusammengetragen, gespeichert und gegebenenfalls unter Hinzuspeicherung weiterer Daten ausgewertet wurden und die dadurch ein umfangreiches Persönlichkeits- oder Bewegungsprofil des Betroffenen ergeben können oder
o den Betroffenen in ehrverletzender Weise beschreiben oder abbilden.“
Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffen ist jedoch nicht rechtswidrig, wenn dieser zustimmt:
„Soweit ein Betroffener ausnahmsweise in einen solchen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht einwilligt, muss diese Einwilligung des Betroffenen ausdrücklich und gesondert erklärt werden. Dies kann auch elektronisch geschehen. Das Verbot gilt dann nicht, wenn ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der verantwortlichen Stelle an der Veröffentlichung besteht. Als derartige Interessen kommen insbesondere die Meinungsfreiheit, die Forschungsfreiheit und die Kunstfreiheit in Frage.“
Die Pressefreiheit werde weiterhin geschützt.
Herr Dr. de Maizière macht in dem durchaus lesenswerten Papier zum Gesetzesentwurf noch Anmerkungen zu Gesichtserkennungsdiensten, Suchmaschinenprofilen, GPS-Daten und Schmerzensgeld. Letzteres war dem Datenschutzrecht bisher fremd:
„Als Sanktion schwerer Verletzungen des Persönlichkeitsrechts soll ein neuer Schmerzensgeldanspruch im BDSG geschaffen werden. Einen Schmerzensgeldanspruch kennt das BDSG bisher nur in Bezug auf die automatisierte Datenverarbeitung öffentlicher Stellen. Der neue Anspruch richtet sich gegen private Unternehmen. Die neue Regelung stellt zugleich Kriterien für die Bemessung der Höhe des immateriellen Schadensersatzes auf.“
Das stellt einen neuen Ansatz dar. De facto kann der Verbraucher derzeit nur einen dürftigen Auskunftsanspruch geltend machen. Empfindliche Maßnahmen stehen nur den Datenschutzbehörden zur Verfügung oder nach dem UWG auch Mitbewerbern, etwa wenn Reglungen des BDSG verletzt werden, die zumindest auch dem Schutz der Verbraucher dienen. Mit einem Schmerzensgeldanspruch könnte, wenn sich dieser in angemessener Höhe bewegt und praktisch durchsetzbar ist, dem Verletzten ein Instrument in die Hand gegeben werden, das die Unternehmen zu mehr Disziplin bei der Datenverarbeitung anhält.
Der Gesetzesentwurf zeigt eindrücklich, dass das Datenschutzrecht an Bedeutung gewinnt. Ob der Gesetzgeber damit der Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch die Datensammlung schwer zu kontrollierender internationaler Konzerne Herr wird? (ca)