Der europäische Gerichtshof hat im Januar 2017 auf Vorlage des polnischen Obersten Gerichtshofs eine Entscheidung getroffen, die auch für das deutsche Urheberrecht Bedeutung hat (EuGH, Urteil v. 25.1.2017, Az. C-367/15).
Im polnischen Recht existiert offenbar eine Bestimmung, die die Möglichkeit einer Entschädigung durch Zahlung eines Geldbetrags in Höhe des Doppelten oder des Dreifachen der angemessenen Vergütung vorsieht. Die Norm enthält somit eine Art Strafe.
Das Doppelte oder das Dreifache der angemessenen Vergütung verstößt nicht gegen Europarecht
Der europäische Gerichtshof hat diesbezüglich entschieden, dass eine solche Regelung, nach der der Betroffene weder den tatsächlichen Schaden noch den Kausalzusammenhang zwischen dem seine Rechte verletzenden Ereignis und dem erlittenen Schaden nachweisen muss, Art. 13 der Richtlinie 2004/48 nicht entgegensteht.
Im Fall der Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums sei die bloße Zahlung der hypothetischen Vergütung nicht geeignet, eine Entschädigung für den gesamten tatsächlich erlittenen Schaden zu garantieren, weil mit der Zahlung einer solchen Vergütung weder die Erstattung möglicher, mit der Feststellung allfälliger Verletzungshandlungen und ihrer Verursacher verbundener Kosten und auch nicht die Zahlung von Zinsen auf die geschuldeten Beträge sichergestellt werde.
Etwaigem Missbrauch durch die Bestimmung von exorbitant hohen Schadensersatzbeträgen könne mit den herkömmlichen Vorschriften begegnet werden.
Der Urheber kann die angemessene Vergütung nach der Lizenzanalogie bestimmen
Eine ähnliche Rechtsfigur existiert in der deutschen Rechtsprechung. Danach kann der Geschädigte die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie verlangen. Im Rahmen dieser Rechtsfigur wird ermittelt, was Vertragsparteien redlicherweise für eine gewöhnliche Lizenzierung des betroffenen Werks gezahlt hätten.
Der Betrag wird verdoppelt, wenn der Urheber nicht genannt wurde
Zusätzlich gewährt die Rechtsprechung dem Urheber die Verdopplung des so ermittelten Betrages, wenn der Rechtsverletzer den Urheber (z.B. den Fotografen) im sog. Urhebervermerk (Copyright-Vermerk) nicht benannt hat. Als Begründung dafür wird angeführt, dass für einen Urheber von wesentlicher Bedeutung ist, dass er durch die Namensnennung auf seine Leistungen hinweisen und damit einen nicht unerheblichen Werbeeffekt erzielen kann.
Verdoppelung ist europarechtsgemäß
Insbesondere von uns vertretene Urheber, die nicht nur sicherstellen wollen, dass die rechtswidrige Verwendung ihrer Werke aufhört, sondern auch angemessenen Schadensersatz verlangen möchten, sehen sich häufig dem Einwand ausgesetzt, dass die Verdoppelung der durch die Lizenzanalogie ermittelten angemessenen Vergütung eine dem Schadensersatz fremde und damit unzulässige Strafzahlung darstelle.
Diesem Argument kann in Zukunft wirkungsvoll unter Verweis auf das vorliegende Urteil des europäischen Gerichtshofs entgegengetreten werden, der, wie beschrieben, sogar eine Verdoppelung oder sogar Verdreifachung der angemessenen Vergütung für zulässig hält, wenn es „nur“ um die ungefragte Nutzung von Werken geht.
Wir haben uns auf den Schutz von Urhebern spezialisiert. Falls Sie zu den Betroffenen von Urheberrechtsverletzungen gehören, rufen Sie uns gerne an oder schreiben uns eine E-Mail. [:]