Diese ASIN gehört mir!
Der Geschäftsführer eines französisches Unternehmens schrieb unserem unter anderem auf Amazon tätigen Mandanten eine E-Mail, in denen er sinngemäß dazu aufforderte, das Anhängen an „seine“ bei Amazon üblichen Artikelnummern „ASINs“ zu unterlassen. Ansonsten werde er die Amazon-Sicherheit benachrichtigen und eine einstweilige Verfügung beim Amtsgericht „erwirken lassen“. Zur Information unseres Mandanten wies er zuvorkommender Weise darauf hin, dass bei einer Abmahnung bzw. gerichtlichen Verfügung ca. 1000 bis 2000 € an Kosten für diesen entstehen könnten. Er hoffe aber, dass es dazu nicht kommen müsse.
Preiskrieg auf Amazon
Um diese Forderung zu verstehen, muss man wissen, dass auf der Amazon-Plattform ein intensiver Preiskrieg herrscht. Denn Amazon lässt anders als eBay die Einstellung eines Artikels (mit entsprechender Beschreibung) grundsätzlich nur einmal zu. Wird der entsprechende Artikel, was den Regelfall darstellt, von mehr als einem Verkäufer angeboten, müssen sich die weiteren Anbieter an den Artikel „anhängen“. Bei der Darstellung der Angebote auf der Amazon-Plattform wird dann nach dem Kaufpreis, der bei jedem Anbieter natürlich unterschiedlich sein kann, sortiert. Es liegt auf der Hand, dass die so zwangsläufig in einer Artikelbeschreibung verbundenen Anbieter jetzt (ganz im Sinne von Amazon) damit beginnen, sich gegenseitig zu unterbieten, da jeder natürlich an erster Stelle gelistet sein will. Ähnlich wie bei Google schenken Käufer nämlich nur den ersten Platzierungen überhaupt Beachtung. Der Rest verkauft so gut wie gar nichts.
Im vorliegenden Fall hatte sich der Konkurrent unseres Mandanten offensichtlich darüber geärgert, dass unser Mandant bezüglich des betreffenden Artikels einen besseren Preis bieten konnte und wollte ihn unter Verweis auf „seine“ ASIN dazu bewegen, sich von dem Artikel zurückzuziehen.
Es gibt auf der Amazon-Plattform zwar zahlreiche rechtliche Probleme für Händler, zum Beispiel im Urheberrecht. Die hier gestellte Forderung hat aber keine Rechtsgrundlage. Zentrales Element des Wettbewerbs ist es nun mal gerade, miteinander auch in der Preisgestaltung zu konkurrieren. (Es existiert anscheinend sogar eine Entscheidung des Landgerichts Bremen (Beschluss vom 10.01.2012, Az. 7 O 1983/11, bisher offenbar unveröffentlicht), die sich mit der Frage beschäftigt, ob das Anhängen an eine fremde Artikelnummer bei Amazon rechtswidrig ist und verneint diese.)
Der Trick mit der ausländischen Briefkastenfirma…
Unser Mandant wollte sich natürlich nicht auf diese Weise benötigen lassen und war zudem neugierig geworden, was es mit dem französischen Unternehmen mit einem deutschen Geschäftsführer wohl so auf sich hatte.
Und, siehe da, wer hätte es gedacht, das in Frankreich gegründete Unternehmen, eine so genannte Entreprise Unipersonnelle á Responsabilité Limitée (EURL) wurde offensichtlich aus Deutschland betrieben. Dies erkannte man schnell an den deutschen Telefon- und Faxnummern sowie der „c/o“ Adresse in Deutschland. An der gelinde gesagt lediglich rudimentären Einhaltung der deutschen Verbraucherschutzvorschriften wurde auch schnell klar, weshalb diese Unternehmenskonstruktion gewählt worden war. Man war offenbar – selbstverständlich unzutreffenderweise – der Meinung, dass sich ein französisches Unternehmen auf der deutschen Amazon-Plattform an deutsche Kunden wenden dürfe, an deutsche Vorschriften jedoch nicht gebunden sei.
…funktioniert meist nicht
Unser Mandant wollte sich somit nicht nur die Nötigung verbitten, sondern auch sicherstellen, dass auch das französische Unternehmen sich an die komplizierten und teilweise nur kostenträchtig einzuhaltenden deutschen Verbraucherschutzvorschriften hält.
Abgabe einer Unterlassungserklärung auf eine nicht erhaltene Abmahnung
Als Antwort auf unser an eine der Deutschen „c/o“-Adressen und an die deutsche Fax Nummer versandtes Schreiben erhielten wir von der Anwaltskanzlei des Gegners die geforderte Unterlassungserklärung. Adlerdings ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und mit der ausdrücklichen Mitteilung, dass die Kosten der Rechtsverfolgung nicht übernommen würden. Als Begründung verwiesen die – im übrigen deutschen – Kollegen darauf, dass ihr Mandant die Abmahnung gar nicht erhalten habe. Diese sei ihnen von „einer Firma“, in der sich ihr Mandant zufällig aufgehalten habe, weitergeleitet worden.
Aha.
Mal sehen, was das Landgericht Köln zu diesem genialen Schachzug sagt. Das ist nämlich wahrscheinlich nicht zur Freude der gegnerischen Kollegen aufgrund der bundesweiten Angebote ihrer französischen Mandantin zuständig. Vielleicht kommt ja auf die Klage auch ein Anerkenntnis. Natürlich unter Verwahrung gegen die Kostenlast. Die Klage wird man ja wahrscheinlich nie erhalten. (la)