Betriebliche Daten und E-Mails sind in der digitalisierten Geschäftswelt von hohem Wert, da sie oft sensible Informationen enthalten. Werden sie von einem Arbeitnehmer unberechtigterweise gelöscht, kann hierauf grundsätzlich eine fristlose Kündigung gestützt werden. Die Wirksamkeit einer solchen Kündigung steht allerdings unter hohen Anforderungen, wie das Landesarbeitsgericht Hamburg kürzlich entschieden hat (LAG Hamburg, Urteil vom 17.11.2022, Az. 3 Sa 17/22).
Erfordernis eines wichtigen Grundes
Möchte eine Vertragspartei ein Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung kündigen, muss hierfür stets ein „wichtiger Grund“ bestehen, § 626 Abs. 1 BGB. Ob ein Kündigungsgrund wichtig genug ist, kann in Einzelfällen hochumstritten sein. Dies zeigt auch die Vielzahl an Kündigungsschutzklagen vor den Arbeitsgerichten.
Die Gerichte überprüfen die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, indem sie sich im Rahmen einer umfangreichen Interessenabwägung fragen, ob dem kündigungswilligen Vertragsteil die Fortsetzung des Dienstverhältnisses, jedenfalls bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, zugemutet werden kann. Unzumutbar ist das Festhalten am Vertrag, wenn der andere Teil die vertraglichen Pflichten in erheblichem Maße verletzt oder sich extrem rücksichtslos verhält.
Vorsicht beim Umgang mit betrieblichen Daten und E-Mails
In dem Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg hatte ein angestellter Unternehmensberater unbefugt geschäftliche E-Mails und auf einer unternehmensinternen Cloud gespeicherte betriebliche Daten gelöscht, E-Mails an sein privates Postfach weitergeleitet sowie Unternehmensdaten auf eine externe Festplatte kopiert. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis von seiner Arbeitgeberin fristlos gekündigt. Mit seiner gegen die Kündigung gerichteten Klage hatte er vor dem Arbeitsgericht Hamburg Erfolg. Auch im zweiten Anlauf wurde die Kündigung als unwirksam erachtet, nachdem die Arbeitgeberin Berufung eingelegt hatte.
Das Landesarbeitsgericht Hamburg stellte fest, dass die oben beschriebenen Verhaltensweisen jeweils eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Arbeitgeberin (§ 241 Abs. 2 BGB) darstellen und an sich geeignet seien, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben.
Hohe Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers
Jedoch müsse vom Arbeitgeber glaubhaft dargelegt werden, welche besonderen Umstände die außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dies war dem Beratungsunternehmen, welches eine externe IT-Firma mit der Aufklärung des Sachverhalts beauftragt hatte, nicht gelungen. Es stehe nicht fest, in welchem Umfang Daten gelöscht wurden, welchen Inhalt diese hatten und wie sich die Löschung auf den Geschäftsbetrieb ausgewirkt habe. Auch habe der Arbeitnehmer die externe Festplatte mit den kopierten Daten zurückgegeben. Anhaltspunkte für eine Weitergabe an Dritte gebe es nicht.
Wann kann also eine außerordentliche Kündigung auf das unbefugte Löschen von Daten gestützt werden? Die Antwort hierauf ist wie so oft einzelfallabhängig. Eine Orientierungshilfe dürften jedoch vergleichbare Urteile bieten, in denen fristlose Arbeitgeberkündigungen als wirksam bestätigt wurden:
Liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Arbeitnehmer beabsichtigt, dem Unternehmen durch die Entwendung von Daten einen Schaden zuzufügen, dürfte regelmäßig ein wichtiger Kündigungsgrund bestehen. So war es in einem Fall, in dem der Arbeitnehmer Daten erheblichen Umfangs entwendete, sich mit den Worten „man sieht sich immer zweimal im Leben“ verabschiedete und anschließend tagelang nicht erreichbar war (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.9.2020, Az. 17 Sa 8/20).
Auch wurde in der Weiterleitung von geschäftlichen E-Mails an das private Postfach des Arbeitnehmers ein wichtiger Grund gesehen, da ein Großteil der Daten dem Bankengeheimnis unterlagen (Hessisches LAG, Urteil vom 29.08.2011, Az. 7 Sa 248/11).
Schließlich kann eine fristlose Kündigung auch ohne nachgewiesene böse Absichten des Arbeitnehmers wirksam sein, wenn es dem Arbeitgeber gelingt, eindeutig darzulegen, welche konkreten Kundendaten (Adressen, Termine und Kontaktdaten) gelöscht wurden und wie dies die Kundenbeziehungen erheblich beeinträchtigt hat (Hessisches LAG, Urteil vom 05.08.2013, Az. 7 Sa 1060/10).