Immer wieder gibt es Ärger mit gelöschten Facebook-Posts. Nutzer der Plattform fühlen sich ungerecht behandelt. Das auch deswegen, weil Facebook ihnen bei der Löschung des Beitrags zunächst verweigert, was nach rechtsstaatlichen Prinzipien geboten ist: in der Sache angehört zu werden.
OLG Frankfurt: Anhörung kann nachträglich stattfinden
Das OLG Frankfurt am Main hat nun entschieden, dass eine fehlende Anhörung des Nutzers durch Facebook vor Löschung eines Facebook-Posts im Prozess um die erneute Freischaltung des Beitrags nachgeholt werden kann (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 30.6.2022, Az.: 16 U 229/20). Damit konkretisiert das OLG Frankfurt eine Grundsatzentscheidung des BGH, in der Facebook für seine Löschpraxis gerügt und das Verfahren insgesamt für unwirksam erklärt wurde, weil darin keine hinreichende Kommunikation mit den betroffenen Nutzerinnen und Nutzern vorgesehen sei. Diese könne, so das OLG Frankfurt, im Prozess um die Wiederfreischaltung des Posts erfolgen.
Hassrede darf nach eigenen Regeln gelöscht werden
In dem Vefrahren ging es um einen Post, der von Facebook als Hassrede eingestuft wurde. Zu Recht, wie bereits das LG Frankfurt am Main feststellte (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 3.9.2020, Az.: 2-03 O 282/19). Das OLG Frankfurt schloss sich dieser Einschätzung an. Tatsächlich sei der Begriff der Hassrede von Facebook selbst hinreichend genau definiert worden und umfasse explizit Beiträge, in denen „eine gewalttätige und entmenschlichende Sprache“ Verwendung findet und „durch Aussagen über Minderwertigkeit und durch Aufrufe, Personen auszuschließen und zu isolieren“. Entscheidend ist: Facebook darf auch löschen, wenn Posts keine „strafbare oder rechtsverletzende Meinungsäußerungen“ enthalten, sondern eben „nur“ Hassrede nach eigener Definition. Diese sei, so bekräftigt das OLG Frankfurt, allen Nutzerinnen und Nutzern mit den Gemeinschaftsstandards bekannt gegeben worden und daher für alle verbindlich, die im Facebook aktiv sein wollen.
Entscheidung nicht rechtskräftig – Revision zugelassen
Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main ist nicht rechtskräftig. Der urteilende Pressesenat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls die Revision zum BGH zugelassen. Was allerdings jetzt schon feststeht: Es ist hinsichtlich der Diskussionskultur bedauerlich, dass die Auseinandersetzung um Hassredebeiträge „grundsätzliche Bedeutung“ erlangt hat
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.