Immer wieder geht es in den letzten Monaten und Jahren vor Gericht darum, dass so genannte Influencerinnen und Influencer ihre Werbelinks nicht auch als Werbung kennzeichnen.
In der Regel ist das vorgeschrieben. Es gibt aber auch Ausnahmen: Wenn ohnehin klar ist, dass es sich bei dem gesamten Auftritt um ein werbliches Angebot handelt, muss das nicht bei jedem Link erwähnt werden.
Das entschied das Oberlandesgericht Hamburg in einem Berufungsverfahren.
Das OLG Hamburg sah – im Gegensatz zum LG Hamburg – bei einer Influencerin keinen Verstoß gegen § 5 a VI UWG, soweit diese im Rahmen ihres zu kommerziellen Zwecken errichteten Instagram-Nutzeraccounts Hinweise auf Produkte postet (OLG Hamburg, Urteil v. 2.7.2020, Az. 15 U 142/19). Sie tat dies, indem sie in Beiträgen zu Mode– und Lifestylethemen auf die Seiten der Hersteller der erwähnten bzw. abgebildeten Produkte verlinkte – und dies nicht als Werbung deklarierte. Das Landgericht sah darin noch unlauteren Wettbewerb, das OLG unter diesen Umständen nicht.
Bekanntheit und Selbstverständnis zeigen: Offensichtliches Influencer-Marketing
Welche Umstände sind das? Das OLG verweist in seiner Entscheidungsbegründung darauf, dass die Influencerin einen „verifizierten“ Nutzeraccount betreibt, den Instagram bekannten bzw. followerstarken Nutzern vorbehalte. Insoweit ist davon auszugehen, dass sie tatsächlich über Reichweite verfügt und die Öffentlichkeit bewusst sucht. Ihre Follower wiederum, so das OLG, wüssten dies und seien überwiegend medienkompetent, so dass sie in der Summe selbst zu der Einschätzung kommen dürften, dass ein derart reichweitenstarker und von Instagram protegierter Account kommerzieller Natur ist. Wem das durch diese Art der Präsentation nicht klar sei, dem werde durch das Selbstverständnis der Accountbetreiberin als „Influencerin“ auf die Sprünge geholfen.
Mündiger Verbraucher, informierter User?
Ist dieses Urteil ein Rückschlag für den Verbraucherschutz? Insgesamt nimmt die Entscheidung den Verbraucher in die Pflicht, im Netz mit offen Augen und Ohren unterwegs zu sein. Der mündige User muss dem OLG-Beschluss gemäß erkennen oder lernen zu erkennen, dass Werbung nun mal Werbung ist, auch wenn es nicht explizit draufsteht. Damit weicht das Urteil von anderen Entscheidungen zu ähnlichen Sachverhalten ab, die auf Kennzeichung pochten, vgl. etwa LG Köln (LG Köln, Beschluss v. 17.3.2020, Az.: 31 O 352/18 SH I) oder OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Urteil v. 9.9.2020, Az. 6 U 38/19).
Influencer – das bekannte unbekannte Wesen
Schließlich stellt sich bei all dem die Frage: Wer oder was ist das eigentlich – der „Influencer“? Reicht die Selbstbezeichnung oder braucht es nachprüfbare Kriterien? Wenn es auf die Eigenschaft eines Social-Media-Aktivisten, „Influencer“ zu sein, ankommt, sollte man das schwammige Merkmal des „Einflussausübens“ bzw. „Einflussausübenwollens“ einmal klarer definieren bzw. orientierende Kriterien benennen, bevor weitere sich widersprechende Urteile die Disharmonie in der Rechtsprechung verstetigen und am Ende zur völligen Verunsicherung aller Beteiligten führen.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.