Das dänische Unternehmen LEGO hat im Januar 2019 den Frankfurter Spielwaren-Händler und Youtuber „Held der Steine“ Thomas Panke einen Anwaltsbrief zukommen lassen, mit der Aufforderung sein Logo zu löschen, weil dieser gegen Markenrechte verstoßen haben soll.
LEGO fürchtete, dass man den «Held der Steine» mit dem Grosskonzern verwechseln könne.
Nachdem Panke angekündigt hat, dass er die Geschäftsbeziehungen mit Lego beenden werde und künftig die Spielsteine kleinerer Hersteller mehr in den Fokus rücken will, entschuldigte sich der Deutschland-Chef des Unternehmens aus Dänemark, Frédéric Lehmann, bei einer Pressekonferenz während der Spielwarenmesse in Nürnberg.
Es sei falsch gewesen, einen Brief vom Anwalt verschicken zu lassen, ohne vorher zum Telefon gegriffen zu haben, so der LEGO Deutschland-Chef.
Der Vorwurf: Verwechslungsgefahr zum Nachteil des Unternehmens
Thomas Panke ist der Lego-Experte auf Youtube: auf seinem Youtube-Kanal „Held der Steine“, den rund 200.000 Spielwaren-Fans abonniert haben und dessen Videos mitunter mehr als eine Million Mal angesehen wurden, setzt sich Thomas Panke intensiv und durchaus kritisch mit den Produkten des dänischen Spielzeugherstellers auseinander. Auch in seinem Geschäft in Frankfurt bietet Panke ausschließlich Lego an.
Man könnte annehmen, dass sich Lego über diese Begeisterung und ehrliches Feedback freut. Stattdessen wurde der Youtuber Im Januar 2019 über einen Anwaltsbrief aufgefordert, sein Logo schnellstmöglichst zu löschen, wie Panke in einem Video berichtet. Hauptsächlich weil Noppen auf einem stilisierten Baustein in seinem Logo zu sehen sind und laut dem Schreiben, eine Verwechslungsgefahr mit der Marke LEGO in Frage kommt.
In seinem Video erklärt Panke seinen Followern: „Ihr hättet vielleicht denken können, dass ich Lego bin.“ Das Unternehmen fürchtete, so wird in dem Schreiben, das Panke auf YouTube vorlas, deutlich, dass das Vertrauen der Kunden in Lego beeinträchtigt und ein falsches Bild von den Wertvorstellungen des Spielzeugkonzerns vermittelt werden könne.
Lego erntet Zorn der Öffentlichkeit
Das Video, in dem Thomas alias Held der Steine auf die Abmahnung eingeht, hat innerhalb einer Woche für sehr viel Wirbel in den Medien gesorgt und erreichte bis heute mehr als 1 Million Videoaufrufe auf YouTube.
Für Lego selbst entwickelt sich der Anwaltsbrief nun zu einem PR-Desaster. Viele Benutzer machen ihre Wut über die Vorgehensweise von Lego in den sozialen Netzwerken öffentlich und machen sich in etlichen Kommentaren über den Spielehersteller lustig. Manche Nutzer schreiben auch, dass sie durch den Influencer erst wieder zu Lego gefunden und dessen Produkte gekauft hätten.
„Ziemlich unsympathisch“
Panke erklärt daraufhin im Video, eine Verwechslung mit Lego sei ganz und gar nicht in seinem Sinne: „Definitiv habe ich andere Wertvorstellungen als die Lego-Gruppe. Ich versuche euch nicht maximal viel Geld für immer schlechter werdende Produkte abzunehmen“. Außerdem wolle er „wirklich nah an den Kundenwünschen“ sein. Klemmbausteine, so Panke, möge er zwar sehr, aber „das Unternehmen Lego ist mir ziemlich unsympathisch.“
Als Reaktion auf den Brief änderte Panke nicht nur sein Logo von einem Blauen mit „Held der Steine“ beschrifteten Spielstein auf ein Erdmännchen mit Superheldencape. Vielmehr gab er an, dass er nun seine Geschäftsbeziehungen mit Lego beenden und sich auf andere Hersteller konzentrieren wolle. Panke verkündete in seinem Video: „Ich muss mich distanzieren, wurde mir gesagt. Das mache ich halt.“
Lego-Chef äußert sich persönlich
Nun will Lego den Streit mit Thomas Panke offenbar beilegen. Auf der Pressekonferenz im Vorfeld der Spielwarenmesse in Nürnberg äußerte sich der deutsche Geschäftsführer der Firma Frédéric Lehmann persönlich zu dem Fall:
„Wir haben in diesem Fall nicht richtig kommuniziert. Wir hätten den Hörer abnehmen sollen, anstatt direkt Briefe zu schreiben.“
Ferner sagte er, dass das Unternehmen offene und ehrliche Rückmeldungen schätze – und das solle auch in Zukunft so bleiben.
Kein markenrechtlicher Schutz für die Legosteine
Hierbei gilt es festzuhalten, dass markenrechtlicher Schutz für die Legosteine selbst nicht besteht.
Sowohl die Richter des BGH, Beschluss v. 16.07.2009, Az. I ZB 53/07 als auch des EuGH, Urteil v. 14.09.2010, Az. C-48/09 P waren sich einig und versagten dem Baustein die markenrechtliche Schutzfähigkeit. Der BGH hatte in dem angegebenen Beschluss entschieden, dass der Legostein, der 1996 als 3D-Marke beim Deutschen Patent und Markenamt als Marke eingetragen wurde, keinen markenrechtlichen Schutz genieße und somit zu löschen ist.
Denn nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. fallen solche Zeichen nicht unter den Markenschutz, die ersatzlos aus einer Form bestehen, die zur Erreichung einer bestimmten technischen Wirkung erforderlich ist. Der Vorschrift liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass im Allgemeininteresse Formen vom Markenschutz freigehalten werden müssen, deren wesentliche Merkmale eine technische Funktion erfüllen.
Für die Frage der Eintragung des Spielbausteins als Marke sei ausschließlich auf die Klemmnoppen auf der Oberseite des Spielsteins abzustellen. Die quaderförmige Gestaltung des Steins könne für den Markenschutz nicht berücksichtigt werden, weil es sich um die Grundform der Warengattung handele. Die Noppen auf der Oberseite des Spielsteins hätten ausschließlich eine technische Funktion. Diese seien erforderlich, um den Zusammenbau zu ermöglichen. Über weitergehende nicht technische Gestaltungsmerkmale verfüge der Legobaustein nicht. Die technischen Bestandteile des Spielsteins müssen aber im Interesse der Wettbewerber vom Markenschutz freigehalten werden.
Das bedeutet allerdings nicht, dass diese einfach kopiert werden dürfen. Lego-Verpackungen unterliegen auch auf Grund der abgebildeten, charakteristischen Noppenstruktur des Spielzeugs nämlich wettbewerbsrechtlichem Nachahmungsschutz. Darüber haben wir im folgenden Beitrag berichtet:
Praxishinweis
Über Foren und soziale Netzwerke kann der gute Ruf eines Unternehmens in sehr kurzer Zeit erheblich beschädigt oder sogar zerstört werden.
Wie der vorliegende Fall zeigt, können auch übereilte Entscheidungen oder unbedachte Abmahnungen, insbesondere gegenüber Produkttestern und Influencern, die mit ihrer großen Reichweite die Wahrnehmung vieler Fans beeinflussen, dem Unternehmen möglicherweise größeren Schaden zufügen, als eine vermeintliche Markenrechtsverletzung.
Da Abmahnungen und Klageverfahren Zeit, Nerven, Geld und unter Umständen auch den Ruf in digitalen Medien kosten, ist es in manchen Situationen tatsächlich sinnvoll, zunächst „den Hörer abzunehmen, anstatt direkt Briefe zu schreiben.“ Der vorliegende Fall zeigt, dass auch rücksichtsvolles und besonnenes Verhalten im Bereich Social Media Teil eines erfolgreichen Reputationsmanagements sein kann.