Wir hatten an dieser Stelle vor einiger Zeit von einem Beschluss des Landgerichts Hamburg (LG Hamburg, Beschluss v. 9.12.2013, Az. 415 HK O 175/13) berichtet.
Damit war einem Holz verarbeitenden Betrieb im Wege einer einstweiligen Verfügung verboten worden, im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen Angebote abzugeben und dabei nach FSC und/oder PEFC oder gleichwertig zertifizierte Holzpordukte zu verwenden, wenn dies tatsächlich nicht der Fall ist.
Hintergrund des Streits war, dass Antragstellerin und Antragsgegner sich beide im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung für einen Auftrag beworben hatten, bei dem im Zuge eines Umbaus einer Kaserne neue Holzfenster eingesetzt werden sollten. Der Antragsgegner war jedoch im Gegensatz zur Antragstellerin nicht nach FSC und/oder PEFC zertifiziert.
Bei Ausschreibungen zur Beschaffung von Holzprodukten muss Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft eingesetzt werden
Aufgrund des Gemeinsamen Erlasses des Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), zur Beschaffung von Holzprodukten müssen bei Ausschreibungen der Bundesverwaltung sowie einiger Bundesländer zur Beschaffung von Holzprodukten aus nachhaltiger Waldwirtschaft die teilnehmenden Bieter nachweislich belegen können, entsprechend zertifiziertes Holz einzusetzen. Die nötigen Erklärungen müssen mittels eines bestimmten Formblatt (Formblatt 248) abgegeben werden.
Nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens hob das LG Hamburg die Verfügung auf
Nachdem das Landgericht Hamburg den in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung „It’s Business Time“ zusammengetragenen Argumenten in der Antragsschrift zunächst folgte und dem Unternehmen gebot, das den Zuschlag erhalten hatte, dazu, in Zukunft unzutreffende Angaben über seinen Zertifizierungsstatus zu unterlassen, hob es die einstweilige Verfügung nach Durchführung einer turbulenten mündlichen Verhandlung wieder auf. Dies allerdings, ohne sich mit den Voraussetzungen für ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren umfassend auseinanderzusetzen, sondern unter Berufung auf angebliche prozessuale Probleme.
Einzelheiten zu dem Fall und zu den Hintergründen können in unserem Bericht vom
nachgelesen werden.
Berufung führt zu einem wichtigen Hinweisbeschluss des OLG Hamburg
Die Antragstellerin legte gegen das Urteil Berufung ein. Das OLG Hamburg führte in diesem Verfahren daraufhin unter anderem aus, dass die Antragstellerin mit den Erlassen der Bundesbehörden und dem Leitfaden des FSC erhebliche Gesichtspunkte vorgetragen habe, die darauf hindeuteten, dass im Allgemeinen das Verständnis bei öffentlichen Ausschreibungen dahingeht, dass der an der Ausschreibung Teilnehmende selbst zertifiziert ist.
Nach intensiven Diskussionen um diese Thematik setzte das Bundesumweltministerium im April 2016 diesen Auslegungserlass aus, um ihn mit den übrigen beteiligten Ministerien zu überarbeiten. Wir berichteten hier:
Jetzt ist es „amtlich“
Der Bund hat durch Veröffentlichung des Leitfadens zum Bundeserlass am 06.10.2017 alle Interpretationsspielräume geschlossen. Der Leitfaden des Bundes sowie das überarbeitete Formblatt 248 sind seit dem 1. Dezember 2017 zwingend anzuwenden und umzusetzen. Bei allen ab dem 01.12.2017 zu vergebenden Aufträgen, bei denen der Materialwert der eingesetzten Holzprodukte mindestens 2.000 Euro ohne Umsatzsteuer beträgt, ist ein Nachhaltigkeitsnachweis nach Maßgabe des Leit- fadens erforderlich.
Der Leitfaden sieht vor, dass der Bieter im Vergabeverfahren ausdrücklich bestätigt,
- dass alle zu verwendenden Holzprodukte nach FSC, PEFC oder gleichwertig zertifiziert sind oder die für das jeweilige Herkunftsland geltenden Kriterien des FSC oder PEFC einzeln erfüllen und
- in welcher Form er den Nachweis erbringen wird.
Die Nachweisführung erfolgt grundsätzlich nicht bereits im Vergabeverfahren, sondern erst bei Anlieferung des Holzes/der Holzprodukte auf der Baustelle bzw. vor deren Einbau.
Vier Optionen der Nachweisführung stehen dem Auftragnehmer zur Verfügung:
- eine lückenlose FSC- oder PEFC-CoC-Zertifizierung bis (einschließlich) zum Auftragnehmer/Nachunternehmer
- ein zum o.g. FSC- oder PEFC-Zertifikat gleichwertiges Zertifikat, die Gleichwertigkeit ist durch eine Bestätigung des Thünen-Instituts oder des Bundesamtes für Naturschutz nachzuweisen
- ein durch einen unabhängigen Dritten (Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige oder Akkreditierte Zertifizierungsdienstanbieter) erstellter Einzelnachweis mit Bestätigung von drei Prüfkriterien, die mit Daten aus der Wareneingangskontrolle des Auftragnehmers belegt sind
- in einfachen Fällen durch Vorlage des Lieferscheines bei der Bauüberwachung
Ein einfacher Fall liegt vor, wenn alle der folgenden Bedingungen erfüllt sind: Alle für die Leistung benötigten Holzprodukte werden bei einem FSC oder PEFC CoC-zertifizierten Unternehmen direkt für diesen Auftrag gekauft, auf dem Lieferschein ist dokumentiert, dass es sich um zertifizierte Ware handelt und die Verwendung/ Baumaßnahme ist angegeben und die zertifizierte Ware wird ohne weitere Änderung ihrer Zusammensetzung wie vom Händler erhalten verwendet
Bereits im August 2016 betonte die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/9288 –, dass die Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags und -handels ein wichtiger Teil der von der Bundesregierung unterstützten internationalen Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung und zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder weltweit sei.
Handwerkern drohen Abmahnungen
Auch auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz von Falschbezeichnungen wies sie dort explizit hin:
Eine Falsch- oder Fehldeklaration von Holzprodukten kann eine Irreführung über wesentliche Merkmale der Ware nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 UWG dar- stellen. Ist eine Werbeaussage irreführend, können hiergegen gemäß § 8 Absatz 3 UWG jeder Mitbewerber sowie weitere Stellen und Einrichtungen – etwa die Verbraucherzentralen, die Wettbewerbszentrale oder der Verband Sozialer Wettbewerb e. V. – mittels Abmahnung oder gerichtlichen Unterlassungsanträgen vor- gehen. Bei mindestens fahrlässigem Handeln besteht zudem nach § 9 UWG ein Schadensersatzanspruch der Mitbewerber, bei vorsätzlichem Handeln kommt eine Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG in Betracht.
Das bedeutet, dass Handwerker oder sonstige Dienstleister, die sich an einer Ausschreibung beteiligen, bei der es um den Verbau von Holz und Holzprodukten geht, genaues Augenwerk auf die Zertiziferung des verwendeten Holzes legen sollten.
Tun sie das nicht, laufen sie nicht nur Gefahr, einen etwaigen Zuschlag wieder zu verlieren und ggfls. Schadensersatz leisten zu müssen, sondern auch, von Mitbewerbern oder der Wettbewerbszentrale kostenpflichtig abgemahnt zu werden.