Aufregung um Urteil des LG Frankfurt: Räumt der Facebook-Share-Button wirklich Nutzungsrechte ein?

teeAm Freitag der letzten Woche wiesen die Kollegen von WBS ein Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 17.7.2014 (LG Frankfurt, Urteil v. 17.7.2014, Az. 2-03 S 2/14) hin.

In der Entscheidung stellte das Landgericht Frankfurt klar, dass alleine die Verwendung des Facebook-Share-Buttons auf einer bestimmten Internetseite Dritten keine Nutzungsberechtigung dahingehend vermittelt, dass die betreffenden Inhalte vollständig auf Facebook übernommen werden dürfen.

Geklagt hatte ein Redakteur, der einen von ihm verfassten Artikel auf der Facebookseite des Beklagten wieder fand. Dieser verteidigte sich damit, dass er aufgrund der Tatsache, dass bei dem klägerischen Artikel ein Facebook-Share-Button gesetzt worden war, davon ausgehen konnte, über die bloße Teilen-Funktion bei Facebook hinaus den gesamten Artikel auf seiner Facebook Seite veröffentlichen zu dürfen.

Facebook Share-Button räumt keine Nutzungsrechte am Text ein

Diesen Vorstellungen erteilte das Landgericht Frankfurt völlig zurecht mit kurzen Worten eine Absage. Auch wenn die Einräumung eines Nutzungsrechts nicht ausdrücklich erfolgen müsse, sondern auch konkludent erfolgen könne, so müsse dennoch jedenfalls eine Willenserklärung vorliegen, die den Anforderungen an dingliche Verfügungen über Rechte genüge. Unter Verweis auf das BGH-Urteil „Vorschaubilder I“ (BGH, Urteil v. 29.4.2010, Az. I ZR 69/08 – Vorschaubilder I) führt die Kammer aus, dass eine solche Erklärung unzweideutig zum Ausdruck bringen müsse, dass der Erklärende über sein Urheberrecht in der Weise verfügen wolle, dass er einen Dritten daran ein bestimmtes Nutzungsrecht einräume.

Daran änderten auch die Vorgaben von Facebook innerhalb der Teilen-Funktion nichts. Das Landgericht Frankfurt führt insoweit wörtlich aus:

„Insoweit gilt die allgemeine Auslegungsregel, dass die urheberrechtlichen Befugnisse die Tendenz haben, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit dieser an den Erträgnissen seines Werks in angemessener Weise beteiligt wird (vgl. BGH, GRUR 2010, 628 – Vorschaubilder I, Tz. 30). Durch die Bereitstellung des „Share-Buttons“ hat die Klägerin somit nicht unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass sie über das Setzen eines Links nebst Ankündigungstext hinaus weitergehende Nutzungsrechte an jeden Facebook-Nutzer übertragen hat.“

Nach diesseitiger Lesart entscheidet somit das Landgericht Frankfurt lediglich, dass die streitgegenständliche Übernahme des Textes allein durch Verwendung des Facebook-Share-Buttons beim Text nicht gerechtfertigt werden kann.

Nutzungsrechtsübertragung bezüglich Links, Ankündigungstest oder sogar Vorschaubild?

Die Kollegen von WBS wollen dem letzten Satz der Ausführungen des Landgerichts jedoch darüber hinaus entnehmen, dass das Landgericht zum Ausdruck bringen wollte, dass die Bereitstellung des „Share-Buttons“ zwar nicht die Nutzungsrechtseinräumung in Bezug auf die vollständige Übernahme des Texts, aber sehr wohl in Bezug auf das Setzen eines Links nebst Ankündigungstext (und sogar das Vorschaubild) bedeute. Wenn die Verwendung des „Share-Buttons“ aber eine Lizenz darstelle, so bedeute dies für die Facebooknutzer, dass sie, wenn sie abgemahnt werden sollten, weil zum Beispiel ohne Zustimmung des Fotografen Vorschaubilder über Facebook verbreitet werden, sie den ursprünglichen Blog Betreiber mit dem Argument in Regress nehmen könnten, er habe genau für diese Teilen Funktion eine Lizenz erteilt.

Für Blogbetreiber bedeute die Entscheidung demgegenüber, dass sie den „Share-Button“ nur dann anbringen dürften, wenn die zum Teilen vorgeschlagenen Bilder auch mit so weitreichenden Lizenzen versehen worden sind, dass sie in den sozialen Netzwerken weiter verteilt werden dürfen, da sie sonst ihrerseits gegenüber dem Rechtsinhaber des (Stock-)fotos urheberrechtswidrig handelten. WBS betiteln ihren Beitrag demnach mit

„Facebook Share Button räumt Nutzungsrechte zur Bildnutzung ein“

Golem macht daraus sogar die holprige Überschrift

„Facebook-Button räumt allen Nutzungsrechte ein“

Heise titelt:

„Facebooks Share-Button erteilt beschränkte Nutzungsrechte“

Auch der Kollege Schwenke scheint dieser Auffassung zu sein, während zum Beispiel der Kollege Plutte unseres Erachtens zurecht nur darauf hinweist, dass das LG Frankfurt eine Nutzungsrechtseinräumung mittels „Share-Button“ lediglich verneint hat.

Facebook Share-Button räumt überhaupt keine Nutzungsrechte ein

Unseres Erachtens geht diese Interpretation ein ganzes Stück zu weit. Wir sind der Meinung, dass das Landgericht lediglich eine Negativaussage in Bezug auf die Nutzungsrechteinräumung des Textes treffen wollte. Eine angebliche Nutzungsrechtseinräumung in Bezug auf das Setzen eines Links nebst Ankündigungstexts war demgegenüber gar nicht Gegenstand der Entscheidung.

Abgesehen davon, dass das Landgericht zur angeblichen Lizenz zur Bildnutzung kein Wort verliert, sondern lediglich auf das Setzen eines Links nebst Ankündigungstext Bezug nimmt, ist zu konstatieren, dass das Setzen eines Links auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk keine urheberrechtlich relevante Handlung darstellt und somit auch nicht Gegenstand einer Nutzungsrechtseinräumung sein kann (vgl. BGH, Urteil v. 17.7.2003, Az. I ZR 259/00 – Paperboy, siehe auch EuGH, Urt. v. 13.04.2014, Az. C-466/12 und ganz aktuell EuGH, Beschluss v.  21.10.2014, Az. C-348/13). Bleibt nur der Ankündigungstext, also der kleine Ausschnitt des Textes, der bei Facebook verlinkt werden soll, und der innerhalb der Statusmeldung auf Facebook als eine Art „Teaser“ dient. Auch diesbezüglich ist die urheberrechtliche Relevanz aufgrund der sehr kurzen Wortfolge sehr fraglich.

Entscheidend dürfte unseres Erachtens jedoch sein, dass die Kollegen übersehen, dass das Landgericht mit der Bezugnahme auf das BGH-Urteil „Vorschaubilder I“ herausstellen wollte, dass dem gesamten Vorgang des Teilens auf Facebook per se keine an eine Nutzungsrechtseinräumung heranreichende Willenserklärung zu entnehmen ist, sondern wohl vielmehr, wie auch der BGH in der Entscheidung „Vorschaubilder I“ von einer schlichten Einwilligung des Button-Nutzers auszugehen ist. Diesbezüglich führt der BGH aus, dass die schlichte Einwilligung in die Urheberrechtsverletzung sich von der dinglichen Übertragung von Nutzungsrechten und der schuldrechtlichen Gestattung dadurch unterscheidet, dass sie zwar als Erlaubnis zur Rechtmäßigkeit der Handlung führt, der Einwilligungsempfänger aber weder ein dingliches Recht, noch einen schuldrechtlichen Anspruch oder ein sonstiges gegen den Willen des Rechtsinhabers durchsetzbares Recht erwirbt.

Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Auffassung, dass die Verwender des „Share-Buttons“ über eine bloße Einwilligung hinaus sogar eine Lizenz (die ihrerseits gegenüber dem tatsächlichen Urheber gegebenenfalls rechtswidrig wäre) anböten, unseres Erachtens nicht haltbar ist. Der „Share-Button“ bedeutet vereinfacht gesagt somit lediglich „Ich habe nichts dagegen“, während eine (dingliche) Nutzungseinräumung demgegenüber durch die Formulierung „Ich erlaube es“ zum Ausdruck gebracht werden könnte.

Jedenfalls hat das Landgericht Frankfurt dies in seiner Entscheidung nicht entschieden und musste dies auch nicht. Denn der Fall war mit Ablehnung der Nutzungsrechtseinräumung bezüglich des übernommenen Textes bereits am Ende. (la)

(Bild: © Hemeroskopion – Fotolia.com)

Die mobile Version verlassen