Mehrfach ausgezeichnet.

Focus Markenrecht
en

Abmahngefahr wegen Widerrufsbelehrung mit 14 Tagen bei eBay-Auktionen wieder gebannt?

Ihr Ansprechpartner

Weitersagen!Jens Ferner weist auf eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin (KG, Urteil vom 17.06.2011 – 7 U 179/10) hin, in der sich der Senat unter anderem noch einmal mit der Frage befasst hat, wann und unter welchen Bedingungen auf der eBay-Plattform bei Auktionen ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zu Stande kommt.

Vertragsschluss erst mit Ablauf der Aktion

Das Gericht ist mit dem BGH (vgl. BGH NJW 2002, 363, 364) der Auffassung, dass dies erst mit Abgabe des Höchstgebots und Ablauf der Auktionszeit und nicht bereits mit Einstellen der Auktionen und Abgabe eines Gebots, dass sich nachher als Höchstgebot herausstellt, als solcher der Fall sei:

„Die ins Internet gestellte Offerte ist eine auf Abschluss des Vertrages zu den vom Anbieter genannten Konditionen gerichtete Willenserklärung, die zugleich die vorweg erklärte Annahme des Höchstgebots enthält. Mit der Abgabe des Höchstgebots kommt der Vertrag daher zu den Bedingungen zustande, die der Anbieter im Internet bekannt gemacht hat.“

Im vom Kammergericht zu entscheidenden Fall war diese Frage erheblich, weil die Parteien darüber stritten, ob es sich bei der eBay-Auktion lediglich um eine Werbung oder bereits um eine rechtsgültige Willenserklärung handelte.

Was hat das mit dem Thema „Abmahnung“ zu tun?

Interessanterweise sind die Modalitäten, unter denen auf eBay insbesondere bei Auktionen ein Vertrag zu Stande kommt, auch für das Wettbewerbsrecht (Stichwort: Abmahnungen) interessant. Das Landgericht Dortmund (LG Dortmund, Beschluss v. 07.04.2011, Az. 20 O 19/11) hat einem Anbieter auf eBay unter anderem per einstweiliger Verfügung verboten, Verbrauchern im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen Schmuck im Fernabsatz anzubieten und/oder zu verkaufen, und dabei im Rahmen der Informationen zum fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht über die Länge der Frist zum Widerruf von 14 Tagen zu informieren, wenn der Verbraucher die Informationen zum fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht in Textform erst 49 Stunden nach Abschluss des Kaufvertrages erhält.

Die Entscheidung des Landgerichts enthält leider keine Begründung, da sie in einem einseitigen Verfügungsverfahren ergangen ist. Entsprechenden Berichten von Kollegen im Internet ist jedoch zu entnehmen, dass das Landgericht seine Entscheidung auf die Ansicht stützt, dass jedenfalls bei eBay-Auktionen ein Kaufvertrag bereits mit Abgabe des jeweiligen Höchstgebots bereits vor Ablauf der Auktionszeit zu Stande komme. In dem der einstweiligen Verfügung zu Grunde liegenden Sachverhalt lief die eBay Auktionen offenbar noch mindestens 49 Stunden, nachdem das Gebot, das sich letztendlich als das höchste herausstellte, bereits abgegeben worden war. Damit aber sei die Frist verstrichen gewesen, innerhalb derer der Verbraucher über das ihm zustehende Widerrufsrecht in Textform belehrt werden muss. Eine Belehrung in Textform muss nämlich gemäß § 355 Abs. 2 BGB „unverzüglich“ nach Vertragsschluss erteilt werden. Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass ein Unternehmer jedenfalls dann schuldhaft zögert, wenn er die Widerrufsbelehrung nicht spätestens am Tag nach Vertragsschluss auf den Weg bringt.

Das LG Dortmund missversteht den BGH

Jens Ferner arbeitet in seinem Artikel anschaulich heraus, dass die Ansicht des Landgerichts Dortmund auf einem Missverständnis einer BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2004 (VIII ZR 375/03) beruhen dürfte. der BGH stellte  zum Vertragsschluss auf eBay damals fest, dass es für die Beurteilung des Vertragsschlusses nicht auf den Zeitablauf, sondern auf den Inhalt der abgegebenen Willenserklärungen ankomme:

“ Der Zuschlag als Voraussetzung des Vertragsschlusses gemäß § 156 BGB ist, wie ausgeführt, eine Willenserklärung, das heißt die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtete Äußerung einer Person (BGHZ 149, 129, 134 m.w.Nachw.). Der bloße Zeitablauf, mit dem die Internet-Auktion endet, ist keine Willenserklärung und vermag eine solche auch nicht zu ersetzen. Mit der Festlegung der Laufzeit der Internet-Auktion bestimmte der Kläger gemäß § 148 BGB eine Frist für die Annahme seines Angebots durch den Meistbietenden. Die vertragliche Bindung der Parteien beruht nicht auf dem Ablauf dieser Frist, sondern auf ihren – innerhalb der Laufzeit der Auktion wirksam abgegebenen – Willenserklärungen. Der bei der Internet-Auktion geschlossene Vertrag kam mithin nicht, wie die Revision meint, durch einen Zuschlag „unmittelbar durch Zeitablauf“ zustande, sondern durch die Abgabe des Höchstgebots, mit dem der Beklagte das befristete Angebot des Klägers annahm. Daß dessen Angebot an den Meistbietenden gerichtet war und damit erst nach Auktionsende feststand, wer als Meistbietender Vertragspartner des Klägers geworden war, berührt die Wirksamkeit des Angebots nicht (vgl. BGHZ 149, 129, 135). „

Der BGH sah sich zu diesen Ausführungen genötigt, da eine Partei die Auffassung vertrat, dass ein Vertrag bei eBay durch eine Art von „Zuschlag“ alleine durch das Ereignis des Zeitablaufs zu Stande komme, es sich damit um eine Versteigerung im Rechtssinne handele und daher das Widerrufsrecht ausgeschlossen sei.

Der BGH wollte mit seinen Ausführungen demnach nur zum Ausdruck bringen, dass der Inhalt der abgegebenen Willenserklärungen die Modalitäten des Vertragsabschlusses bestimme und nicht per se  sonstige tatsächliche Ereignisse, eine Versteigerung somit ausscheide. Der Bundesgerichtshof hat damit nicht sagen wollen, dass ein Vertrag in jedem Falle bereits mit der Abgabe eines Gebots  zu Stande kommt.

Dagegen spricht bereits, dass die Parteien erst nach Ablauf der Auktion wissen, welches Gebot diesbezüglich das höchste ist. Vor Zeitablauf stellt jedes Gebot lediglich eines neben vielen anderen dar und kann jederzeit von einem weiteren Interessenten übertroffen werden. Hinzu kommt, worauf Ferner zu Recht hinweist, dass nicht davon auszugehen ist, dass ein Anbieter, der einen einzelnen individuellen Artikel anbietet, am laufenden Band Vertragsschlüsse mit entsprechenden Sorgfaltspflichten schließen wollen wird.

Fazit:

Die im summarischen Eilverfahren getroffene Entscheidung des Landgerichts Dortmund dürfte somit falsch sein und die von vielen befürchtete neue eBay-Abmahnwelle wegen falscher Widerrufsbelehrung somit ausbleiben.

Uns würde interessieren, ob gegen die Entscheidung Rechtsmittel eingelegt wurden oder ob der Antragsgegner die Verfügung als endgültige Regelung anerkannt hat. Wir freuen uns über entsprechende Mitteilungen. (la)

(Bild: © Adriaan van Veen – Fotolia.com)

Weitersagen!Jens Ferner weist auf eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin (KG, Urteil vom 17.06.2011 – 7 U 179/10) hin, in der sich der Senat unter anderem noch einmal mit der Frage befasst hat, wann und unter welchen Bedingungen auf der eBay-Plattform bei Auktionen ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zu Stande kommt.

Vertragsschluss erst mit Ablauf der Aktion

Das Gericht ist mit dem BGH (vgl. BGH NJW 2002, 363, 364) der Auffassung, dass dies erst mit Abgabe des Höchstgebots und Ablauf der Auktionszeit und nicht bereits mit Einstellen der Auktionen und Abgabe eines Gebots, dass sich nachher als Höchstgebot herausstellt, als solcher der Fall sei:

„Die ins Internet gestellte Offerte ist eine auf Abschluss des Vertrages zu den vom Anbieter genannten Konditionen gerichtete Willenserklärung, die zugleich die vorweg erklärte Annahme des Höchstgebots enthält. Mit der Abgabe des Höchstgebots kommt der Vertrag daher zu den Bedingungen zustande, die der Anbieter im Internet bekannt gemacht hat.“

Im vom Kammergericht zu entscheidenden Fall war diese Frage erheblich, weil die Parteien darüber stritten, ob es sich bei der eBay-Auktion lediglich um eine Werbung oder bereits um eine rechtsgültige Willenserklärung handelte.

Was hat das mit dem Thema „Abmahnung“ zu tun?

Interessanterweise sind die Modalitäten, unter denen auf eBay insbesondere bei Auktionen ein Vertrag zu Stande kommt, auch für das Wettbewerbsrecht (Stichwort: Abmahnungen) interessant. Das Landgericht Dortmund (LG Dortmund, Beschluss v. 07.04.2011, Az. 20 O 19/11) hat einem Anbieter auf eBay unter anderem per einstweiliger Verfügung verboten, Verbrauchern im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen Schmuck im Fernabsatz anzubieten und/oder zu verkaufen, und dabei im Rahmen der Informationen zum fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht über die Länge der Frist zum Widerruf von 14 Tagen zu informieren, wenn der Verbraucher die Informationen zum fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht in Textform erst 49 Stunden nach Abschluss des Kaufvertrages erhält.

Die Entscheidung des Landgerichts enthält leider keine Begründung, da sie in einem einseitigen Verfügungsverfahren ergangen ist. Entsprechenden Berichten von Kollegen im Internet ist jedoch zu entnehmen, dass das Landgericht seine Entscheidung auf die Ansicht stützt, dass jedenfalls bei eBay-Auktionen ein Kaufvertrag bereits mit Abgabe des jeweiligen Höchstgebots bereits vor Ablauf der Auktionszeit zu Stande komme. In dem der einstweiligen Verfügung zu Grunde liegenden Sachverhalt lief die eBay Auktionen offenbar noch mindestens 49 Stunden, nachdem das Gebot, das sich letztendlich als das höchste herausstellte, bereits abgegeben worden war. Damit aber sei die Frist verstrichen gewesen, innerhalb derer der Verbraucher über das ihm zustehende Widerrufsrecht in Textform belehrt werden muss. Eine Belehrung in Textform muss nämlich gemäß § 355 Abs. 2 BGB „unverzüglich“ nach Vertragsschluss erteilt werden. Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass ein Unternehmer jedenfalls dann schuldhaft zögert, wenn er die Widerrufsbelehrung nicht spätestens am Tag nach Vertragsschluss auf den Weg bringt.

Das LG Dortmund missversteht den BGH

Jens Ferner arbeitet in seinem Artikel anschaulich heraus, dass die Ansicht des Landgerichts Dortmund auf einem Missverständnis einer BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2004 (VIII ZR 375/03) beruhen dürfte. der BGH stellte  zum Vertragsschluss auf eBay damals fest, dass es für die Beurteilung des Vertragsschlusses nicht auf den Zeitablauf, sondern auf den Inhalt der abgegebenen Willenserklärungen ankomme:

“ Der Zuschlag als Voraussetzung des Vertragsschlusses gemäß § 156 BGB ist, wie ausgeführt, eine Willenserklärung, das heißt die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtete Äußerung einer Person (BGHZ 149, 129, 134 m.w.Nachw.). Der bloße Zeitablauf, mit dem die Internet-Auktion endet, ist keine Willenserklärung und vermag eine solche auch nicht zu ersetzen. Mit der Festlegung der Laufzeit der Internet-Auktion bestimmte der Kläger gemäß § 148 BGB eine Frist für die Annahme seines Angebots durch den Meistbietenden. Die vertragliche Bindung der Parteien beruht nicht auf dem Ablauf dieser Frist, sondern auf ihren – innerhalb der Laufzeit der Auktion wirksam abgegebenen – Willenserklärungen. Der bei der Internet-Auktion geschlossene Vertrag kam mithin nicht, wie die Revision meint, durch einen Zuschlag „unmittelbar durch Zeitablauf“ zustande, sondern durch die Abgabe des Höchstgebots, mit dem der Beklagte das befristete Angebot des Klägers annahm. Daß dessen Angebot an den Meistbietenden gerichtet war und damit erst nach Auktionsende feststand, wer als Meistbietender Vertragspartner des Klägers geworden war, berührt die Wirksamkeit des Angebots nicht (vgl. BGHZ 149, 129, 135). „

Der BGH sah sich zu diesen Ausführungen genötigt, da eine Partei die Auffassung vertrat, dass ein Vertrag bei eBay durch eine Art von „Zuschlag“ alleine durch das Ereignis des Zeitablaufs zu Stande komme, es sich damit um eine Versteigerung im Rechtssinne handele und daher das Widerrufsrecht ausgeschlossen sei.

Der BGH wollte mit seinen Ausführungen demnach nur zum Ausdruck bringen, dass der Inhalt der abgegebenen Willenserklärungen die Modalitäten des Vertragsabschlusses bestimme und nicht per se  sonstige tatsächliche Ereignisse, eine Versteigerung somit ausscheide. Der Bundesgerichtshof hat damit nicht sagen wollen, dass ein Vertrag in jedem Falle bereits mit der Abgabe eines Gebots  zu Stande kommt.

Dagegen spricht bereits, dass die Parteien erst nach Ablauf der Auktion wissen, welches Gebot diesbezüglich das höchste ist. Vor Zeitablauf stellt jedes Gebot lediglich eines neben vielen anderen dar und kann jederzeit von einem weiteren Interessenten übertroffen werden. Hinzu kommt, worauf Ferner zu Recht hinweist, dass nicht davon auszugehen ist, dass ein Anbieter, der einen einzelnen individuellen Artikel anbietet, am laufenden Band Vertragsschlüsse mit entsprechenden Sorgfaltspflichten schließen wollen wird.

Fazit:

Die im summarischen Eilverfahren getroffene Entscheidung des Landgerichts Dortmund dürfte somit falsch sein und die von vielen befürchtete neue eBay-Abmahnwelle wegen falscher Widerrufsbelehrung somit ausbleiben.

Uns würde interessieren, ob gegen die Entscheidung Rechtsmittel eingelegt wurden oder ob der Antragsgegner die Verfügung als endgültige Regelung anerkannt hat. Wir freuen uns über entsprechende Mitteilungen. (la)

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht

2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

Chronologisch aufgebaut, differenzierte Gliederung, zahlreiche Querverweise und, ganz neu: Umfangreiche Praxishinweise zu jeder Prozesssituation.

Mehr erfahren

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht