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Aufnahmen des royalen Nachwuchses können teuer werden

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schnullerDie ganze Welt schaut gerade nach England und wartet auf Bilder des royalen Babys. Tausende Fans der britischen Monarchie wollen wissen, wie sich der zukünftige König entwickelt.

Die englischen Royals stehen so sehr im Mittelpunkt des Zeitgeschehens, dass sie viele Eingriffe in ihr Persönlichkeitsrecht dulden müssen. Die Grenze liegt wohl, wie das Beispiel „Kate-oben/unten-ohne“ zeigt, erst dort, wo die Schwelle zur Intimsphäre überschritten wird.

Welche Konsequenz hat es, wenn ein Schnappschuss des Babys heimlich aufgenommen wird?

Es war einmal vor langer Zeit ein adeliges Kind in Deutschland…

In Deutschland hat so ein Fall zu einer beachtlichen Geldentschädigung geführt. In einer Entscheidung des BGH (BGH, Urteil vom 5. 10. 2004, Az. VI ZR 255/03) heißt es im Tatbestand:

Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschriften „die aktuelle“ und „die zwei“. In der Zeit vom 28. Juli 1999 bis zum 10. Juli 2000 veröffentlichte sie in diesen Zeitschriften neun Artikel, die jeweils ohne Zustimmung der Eltern, Prinzessin Caroline von Hannover und Prinz Ernst August von Hannover, mit Bildern der im Sommer 1999 geborenen Klägerin illustriert wurden. Unter anderem handelte es sich dabei um einen im August 1999 veröffentlichten Artikel, der unter der Schlagzeile „Caroline. Die ersten Fotos. Das heimliche Babyglück“ auf der Titelseite und im Innenteil des Heftes Fotos enthielt, die heimlich aus großer Entfernung auf einem Anwesen der Eltern der Klägerin aufgenommen worden waren.

Im Juli 2000 veröffentlichte die Beklagte auf der gesamten Titelseite unter der Schlagzeile „Caroline & Ernst August Scheidung?“ ein Foto, welches die Klägerin nach dem Schwimmen mit Schwimmflügeln in ein Handtuch gewickelt auf dem Arm ihrer Mutter zeigte. Auf den Innenseiten folgten sechs weitere Fotos der Klägerin, die sie gleichfalls beim Baden mit ihren Eltern zeigten.“

Auch wenn diese Geschehnisse schon über 10 Jahre zurückliegen, so sind solche Schlagzeilen auch heute hinsichtlich der englischen royalen Kleinfamilie denkbar.

Das Gerichtsverfahren

Das Landgericht sprach der Klägerin Schadensersatz i.H.v. 150.000,00 DM zu. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter und verlor erneut.

Sie machte geltend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei nicht, jedenfalls nicht so schwerwiegend beeinträchtigt, dass dies eine Geldentschädigung rechtfertige. Das Gericht entschied, dass das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass die Klägerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sei. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Eine solche Einwilligung lag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. Das Berufungsgericht hatte den Ausnahmetatbestand von § 23 Abs. 1 KUG verneint, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden dürfen.

Das Gericht führte aus,  dass Kinder nur unter gewissen Voraussetzungen in den Kreis der Personen der Zeitgeschichte einzubeziehen seien. Dies wäre der Fall, wenn sie als deren Angehörige von Personen der Zeitgeschichte in der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen wahrnehmen.  Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Die beanstandeten Fotos zeigten die Klägerin und deren Eltern im Alltagsleben, also bei rein privaten Tätigkeiten. Sie trugen in keiner Weise zu einer wichtigen öffentlichen Auseinandersetzung in einer demokratischen Gesellschaft bei, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen könnte, sondern dienten nur dem Zweck, die Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen zu befriedigen. Dabei leite sich das Interesse an der Klägerin ausschließlich aus der Einstufung ihrer Eltern als sogenannte Prominente ab.

Außerdem wies es auf den besonderen Schutz des kindlichen Persönlichkeitsrechts hin:

„Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfen Kinder eines besonderen Schutzes vor den Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an einer Berichterstattung über sie oder an Abbildungen von ihnen ausgehen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen, so dass der Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muss. Dieser Schutz verwirklicht sich nicht nur über das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG, sondern folgt auch aus dem eigenen Recht des Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.“

Der BGH führte weiter  aus, dass nach diesen Grundsätzen das besondere Schutzbedürfnis der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin im Streitfall grundsätzlich den Vorrang vor der Berichterstattung in den Medien genieße.

Er berücksichtigte außerdem, dass es sich nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken könne, wenn sich die Eltern im Zusammenleben mit dem Kind nicht unbefangen verhalten würden, weil sie befürchten müssten, dass gegen ihren Willen Fotos veröffentlicht werden. Letztendlich wertete der BGH den Eingriff als schwerwiegend und sprach die Geldentschädigung zu.

Fazit:

Der Fall lässt sich nicht ohne Weiteres auf den royalen Nachwuchs aus England  übertragen. Es ist zwar denkbar, dass der Sachverhalt sich so oder so ähnlich wiederholen kann. Es fragt sich jedoch, ob die Gerichte genauso entscheiden würden. Interessant ist an dem Fall, dass der BGH besondere Rücksicht darauf nahm, dass es sich bei der Klägerin um ein Kind handelte und diesen Aspekt auch in die Wertung der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einfließen ließ. (jr)

(Bild: © fabioberti.it – Fotolia.com)

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