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Bekleb´ dir deinen Briefkasten: "Bild für alle" kommt doch

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Im Januar 2012 war bekannt geworden, dass der Springer Verlag plante, zum 60. Geburtstag der Bild-Zeitung am 23.6.2011 allen 41 Millionen deutschen Haushalten eine Ausgabe zu schenken.

Die Ankündigung löste eine große Protestwelle aus.

Alle gegen Bild

Viele wollten die unter anderem auch wegen ihrer regelmäßigen Persönlichkeitsrechtsverletzungen heftig umstrittene Publikation noch nicht einmal geschenkt bekommen. Mittlerweile existiert sogar ein Internetprojekt „Alle-gegen-Bild“, auf dessen Internetseite extra für diesen Zweck angefertigte Aufkleber erhältlich sind, mit denen man dem Axel-Springer-Verlag die Zustellung der Bild-Zeitung an diesem Tag rechtswirksam untersagen kann.

Keiner muss die Bild nehmen

Es existiert ein Urteil des Landgerichts Lüneburg (LG Lüneburg, Urteil vom 30.9.2011, Az. 4 S 44/11) das aktuell im September 2011 entschieden hat, dass

„das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt.“

Das bedeutet, dass man sich die kostenlose Zusendung der Bildzeitung (die natürlich zu einem großen Teil auch Werbung enthält) nicht gefallen lassen muss, wenn man dies nicht möchte. Einen entsprechenden Unterlassungsanspruch könnte man dann  in letzter Konsequenz mit einer Abmahnung oder sogar mit einer Klage gerichtlich durchsetzen.

In einem Beitrag vom 18.1.2012 hatten wir dem Springer-Verlag vor diesem Hintergrund zugegebenermaßen etwas überspitzt vorhergesagt, dass ihm potenziell 41 Millionen Abmahnungen drohen könnten. Wir hatten damals vermutet, dass der Springer-Verlag seine geplante Aktion noch einmal überdenken müsste, wenn sich genug Leute gegen eine kostenlose Zustellung der Bild-Zeitung wehren würden. Denn es dürfte organisatorisch an Unmögliches Grenzen, bestimmte Haushalte einzeln von der Belieferung auszunehmen.

Internes Schreiben der Post

Man hat diese organisatorischen Hürden beim Springer-Verlag offenbar genommen. Bildblog teilt mit, dass die Aktion durchgeführt und von der  Deutschen Post AG bereits emsig  vorbereitet wird. In einem internen Schreiben, das Bildblog vorliegt, heißt es:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute wurden Sie mit entsprechender Anweisungen über die Jubiläumsaktion „Bild für alle“ des Axel Springer Verlags (ASV) informiert.

Im Rahmen dieser Aktion sollen am Samstag, 23. Juni 2012 bundesweit an sämtliche Haushalte in Deutschland und 41 Mio. unadressierte Exemplare der Bild-Zeitung zugestellt werden (~ 107 gr.).

Da es sich um ein Presseerzeugnis handelt, sollen die Sendungen auch an Werbeverweigerer (Hinweis „Bitte keine Werbung“) zugestellt werden. Empfänger mit dem Hinweis „Keine kostenlosen Anzeigenblätter” o.ä. dürfen keine Jubiläumsausgabe der Bild erhalten.

Zusätzlich hat ASV kommuniziert, dass alle schriftlichen Widersprüche, die rechtzeitig an ASV gerichtet werden, auch ohne Hinweis am Briefkasten beachtet werden.

Alle Widersprecher erhalten am Aktionstag eine adressierte, großformatige Infopostsendung in einem auffälligen roten Umschlag. An Empfänger, die diese Sendung erhalten, darf in keinem Fall die Jubiläumsausgabe vom ASV zugestellt werden.

Wir bitten Sie, alle Qualitätsmanager und Zusteller umfassend über diese Aktion zu informieren und hinsichtlich der Bedeutung der korrekten Zustellung der Sendungen sowie der Beachtung der Verweigerer und Widersprecher zu sensibilisieren. Zeitnah erhalten Sie den Originalumschlag, sowie eine möglichst ähnliche Kopie der Jubiläumsausgabe (finaler originaler Titel wird uns voraussichtlich nicht gegeben), damit kurz vor der Aktion unsere Infowurf-Tafeln entsprechend bestückt werden können.“

Eine offizielle Bestätigung der Pressestelle der deutschen Post steht offenbar zur Zeit noch aus.

Auch „Werbeverweigerer“ werden die BILD am 23.6. erhalten

Interessant an dem Rundschreiben ist, dass sich der Springer-Verlag der rechtlichen Brisanz seines Verhaltens durchaus bewusst ist und daher genaue Instruktionen erteilt, an welche Haushalte die Zustellung erfolgen darf. Die Zusteller werden andererseits aber auch darauf hingewiesen, dass die Bild-Zeitung auch bei „Werbeverweigerern“, die den bloßen Hinweis “ Bitte keine Werbung“ an ihrem Briefkasten angebracht haben, ruhig eingeworfen werden kann, da es sich bei der Bild-Zeitung um ein „Presseerzeugnis“ handele.

System „Roter-Umschlag“

Zusätzlich hat man offenbar mit dem Sytem „Roter-Umschlag“  einen Weg gefunden, nicht nur die Leute auszusortieren, an die die Bild-Zeitung nicht zugestellt werden darf, sondern auf diesem Wege auch diesen Menschen eine wie auch immer geartete Nachricht zukommen zu lassen. Man darf gespannt sein, welche wertvollen Informationen der Springer-Verlag an dieser Stelle für seine Verweigerer bereithält.

Alle, die wissen möchten was sich in dem ominösen roten Umschlag befindet, haben noch gut zehn Tage Zeit, dies durch einen Widerspruch an den Springer-Verlag herauszufinden.

Jedem steht es aber natürlich frei, statt des roten Umschlags auch die Bild-Zeitung zu wählen. Wir leben schließlich in einem freien Land. Wo kämen wir da hin, wenn eine presserechtliche Publikation versuchen würde, seinen Lesern eine bestimmte Meinung aufzuzwingen? (la)

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