Bildmarke: Die Farbe als Herkunftshinweis?
Der EuGH hat sich in einer aktuellen Entscheidung (EuG, Urteil vom 3. 2. 2011, Az. T-299/ 09) wieder einmal mit der Anmeldung von Farbkombinationen als Bildmarke befasst.
Grundsätzlich können Farbkombinationen als Marke eingetragen werden, wenn sie – wie alle anderen Grafiken auch – drei Voraussetzungen erfüllen:
„Erstens müssen sie ein Zeichen sein. Zweitens muss sich dieses Zeichen grafisch darstellen lassen. Drittens muss dieses Zeichen geeignet sein, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteil Libertel, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnr. 23; in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie, C-49/ 02, Slg. 2004, I-6129, Randnr. 22).“
Das Problem liegt bei „einfachen“ Farbkombinationen augenscheinlich in der Unterscheidungskraft, denn auch sie müssen dem Verkehr hinreichend Informationen, insbesondere über die Herkunft der Ware, vermitteln.
Dies sei bei Farben grundsätzlich problematisch:
„Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Farben zwar bestimmte gedankliche Verbindungen vermitteln und Gefühle hervorrufen können, dass sie aber ihrer Natur nach kaum geeignet sind, eindeutige Informationen zu übermitteln. Sie sind dies umso weniger, als sie in der Werbung und bei der Vermarktung von Waren und Dienstleistungen wegen ihrer Anziehungskraft gewöhnlich in großem Umfang ohne eindeutigen Inhalt verwendet werden“
Farben oder Farbkombinationen käme von vornherein, d.h. ohne jede vorherige Benutzung, nur unter außergewöhnlichen Umständen Unterscheidungskraft zu. So hatte der EuGH (EuG, Urteil vom 12. 11. 2010, Az. T-405/ 09) bereits in der Entscheidung gegen die deutsche Bahn deutlich gemacht:
„Von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, kommt Farben nicht von vornherein Unterscheidungskraft zu, doch können sie diese in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie als Gemeinschaftsmarke angemeldet werden, eventuell infolge einer Benutzung erwerben (Urteil Heidelberger Bauchemie, Randnr. 39). So kann eine Farbe als solche für die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/ 2009 infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangen. Dagegen lässt sich im Fall einer Farbe als solcher eine Unterscheidungskraft vor jeder Benutzung nur unter außergewöhnlichen Umständen vorstellen, insbesondere wenn die Zahl der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet wird, sehr gering und der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist (Urteile des Gerichtshofs Libertel, Randnr. 66, und vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/ HABM, C-447/ 02 P, Slg. 2004, I-10107, Randnr. 79; Urteil Kombination von 24 Farbkästchen, Randnr. 36).“
In diesem Zusammenhang hatte der EuGH zudem darauf hingewiesen, dass es auch hinsichtlich von Farben und Farbkombinationen ein Freihaltebedürfnis gibt, was gerade bei der Farbmarke Rot/Weiß bzw. Rot/Grau offensichtlich Sinn macht:
„Im Übrigen hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die Eintragung des angemeldeten Zeichens der Klägerin ein Monopol an einer im Sektor des Eisenbahnverkehrs üblichen Farbkombination verschaffen würde.“
Auch wenn diese Überlegungen nicht in den Bereich der Unterscheidungskraft gehören, so zumindest der BGH (BGH, Beschluss vom 1. 3. 2001, Az. I ZB 57/ 98):
„Auch eine mögliche allgemeine Gefahr der Behinderung von Produktgestaltungen auf dem Warenmarkt rechtfertigt es nach der angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht, strengere Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen. Das Interesse an einer generellen Freihaltung von Farben darf demgemäß – ungeachtet seiner Berücksichtigung bei der Prüfung des Eintragungshindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sowie bei der Bestimmung des Schutzumfangs einer eingetragenen Marke – im Rahmen der Prüfung der konkreten Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG keine Rolle spielen, weil dieses Kriterium bei der Beurteilung dieser Eintragungsvoraussetzung systemfremd ist.“
Dass es grundsätzlich möglich ist, zeigt eine aktuelle Entscheidung des BPatG (Beschluss v. 29.10.2010, Az.: 29 W (pat) 537/19):
„Bei dem hochkant stehenden Rechteck handelt es sich um eine einfache geometrische Figur, welche dem Verbraucher auf nahezu allen Warengebieten in vielfältiger Weise als Designbestandteil begegnet. Die konkrete farbliche Gestaltung der rechteckigen Fläche, die im oberen Bereich mittelblau und im unteren Bereich dunkelblau eingefärbt ist, wobei die Farben fließend ineinander übergehen, kann bei den angemeldeten Waren und Dienstleistungen ein dekoratives Farbelement sein, wie z. B. das vom DPMA ermittelte blaue Farbverlaufpapier (Anlage A 1 zum Beanstandungsbescheid vom 20. November 2009, Bl. 17 VA) und die Visitenkarten mit blauem Farbverlauf (Anlage A 3 zum Beschluss vom 3. Mai 2010, Bl. 59 VA) belegen.
Es gibt aber praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten, das angemeldete Bildzeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es werden soll, so zu verwenden, dass es vom Verkehr ohne weiteres als Herkunftshinweis verstanden wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn das Bildzeichen auf der Verpackung oder in wesentlich verkleinertem Format an einer unauffälligen Stelle auf der unbedruckten Rückseite oder in einer Ecke der Vorderseite von Papier, Pappe, Druckereierzeugnissen sowie den übrigen angemeldeten Waren der Klasse 16 angebracht wird, wie es den Kennzeichnungsgewohnheiten in dieser Branche entspricht (BGH a. a. O. Rdnr. 26 – Marlene-Dietrich-Bildnis II).“
Für die Farbmarke gilt demnach nichts anderes, als für andere Wort- oder Wort/Bildmarken: Wird sie vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden, ist die größte Hürde bzgl. der Eintragungsfähigkeit genommen. (be)