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Das "Mangelhaft" der Stiftung Warentest hatte offenbar schwere Folgen für Ritter Sport

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reputationWas in manchen Presseveröffentlichungen als „Schoko-Streit“ verniedlicht wurde, hatte für Ritter Sport offenbar spürbare Auswirkungen, die das Unternehmen an den Rand des finanziellen Ruins getrieben haben.

„Mangelhaft“ wegen angeblich künstlichem Aromastoff

Die Stiftung Warentest hatte Ende 2013 Nussschokolade getestet und dabei 26 Produkte unter die Lupe genommen. Unter den getesteten Schokoladen war auch die der Sorte “Voll-Nuss” von Ritter Sport. Obwohl die Schokolade geschmacklich oder gesundheitlich nicht beanstandet wurde, bemängelten die Prüfer, dass bei der Verarbeitung ein chemisch hergestellte Inhaltsstoff, nämlich Piperonal zum Einsatz gekommen sei und vergaben das Qualitätsurteil “mangelhaft”. Piperonal komme zwar grundsätzlich auch in der Natur vor, werde aber in der Regel chemisch hergestellt. Die Deklaration des Produktes damit, dass ausschließlich natürliche Aromen eingesetzt würden, sei daher unzutreffend und irreführend. Wir berichteten.

Das Landgericht München konnte von Ritter Sport davon überzeugt werden, dass die Feststellungen von Stiftung Warentest falsch sind und hat die antragsgemäß zunächst ohne Anhörung des Gegners erlassene einstweilige Verfügung nach mündlicher Verhandlung per Urteil bestätigt (LG München I, Urteil v. 13.01.2014 – 9 O 25477/13). Die Entscheidung ist überaus lesenswert, da sie sie sich mit den Argumenten beider Seiten umfassend und sorgfältig auseinandersetzt.

Neben den juristischen Fragen ist insbesondere interessant, dass sich das vernichtende Urteil der Stiftung Warentest allein auf den Umstand bezog, dass der der Schokolade unstreitig beigefügte Aromastoff Piperonal angeblich nicht natürlich, sondern künstlich hergestellt worden sei. Dass der Geschmack darunter leide oder der Aromastoff gar eine Gesundheitsgefährdung darstellen, wurde von den Verbraucherschützern nicht behauptet.

„Anschlag“ auf ein über 100-jähriges Familienunternehmen

Bei SPON meldet sich nun zum ersten Mal Unternehmensinhaber Alfred Ritter zu Wort. Ritter Sport hat seinem Chef zufolge im Streit mit Stiftung Warentest um sein Überleben gebangt. „Wir haben ganz tief in den Abgrund geschaut“, sagte Alfred Ritter dem SPIEGEL. Bei dem Test der Stiftung Warentest handele es sich um einen „Anschlag auf ein über 100-jähriges Familienunternehmen“. Ritter Sport habe durch die Vorwürfe und den Rechtsstreit „ganz klar einen Imageschaden“ erlitten, sagte Ritter. „Und unser Wachstum hat sich vorübergehend abgeflacht.“

Die Schilderungen des Unternehmensinhabers erscheinen insbesondere vor dem Hintergrund der Auswirkungen, die ein negatives Urteil der Stiftung Warentest für das betreffende Produkt hat, glaubwürdig. Verbraucher vertrauen den Urteilen der 1964 gegründeten Stiftung Warentest mit dem bekanntesten Qualitätssiegel in Deutschland und staatlichem Auftrag.  Bisher jedenfalls.

Die Reputation nimmt Schaden, der schwer zu ersetzen ist

Das Unternehmen schätzt seine Möglichkeiten, für den erlittenen Image- bzw. Umsatzschaden Ersatz zu erhalten, durchaus realistisch ein, wenn es auf SPON mitteilt, dass es überaus schwierig werden könne,  einen Zusammenhang zwischen Umsatzeinbußen und dem Testurteil zu beweisen. Aus unserer Erfahrung mit Fällen, die die nachteilige und teilweise schlicht unzutreffende Einschätzung von Produkten unserer Mandanten betreffen, wissen wir, dass bereits die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen ein anspruchsvolles Unterfangen darstellt. Aktuell ist uns die Bearbeitung der Berufung in einem Gerichtsverfahren gegen die Stiftung Warentest übertragen worden, in dem es für das betroffene Unternehmen – ähnlich, wie im Ritter Sport-Fall – um viel geht. Selbst, wenn man eine unzutreffende Bewertung erfolgreich angegriffen hat, stellt sich die weitergehende Frage, ob ein adäquat-kausal verursachter Schaden darstellbar und beweisbar ist. Die Reputation oder das Image eines Unternehmens sind naturgemäß nur schwer zu beziffern.

Praxistipp:

Umso wichtiger ist es, „Reputationsschäden“ frühzeitig vorzubeugen und um Falle des Falles unverzüglich tätig zu werden. Nicht immer ist der Rechtsweg der richtige. Auch Gegendarstellungen und sonstige Stellungsnahmen in der Öffentlichkeit können das gewünschte Ziel erreichen. Wenn es aber nicht anders geht, sollte man auch nicht zögern und den Rechtsweg beschreiten. Im Fall von Ritter Sport, in dem das Qualitätsurteil „mangelhaft“ allein auf der wissenschaftlichen Unterscheidung von „natürlichen“ und „künstlichen“ Aromastoffen beruhte und noch nicht einmal eine Geschmacksbeeinträchtigung oder eine Gesundheitsgefährdung in Rede stand, hat das Unternehmen mit dem Verbot der Bewertung „mangelhaft“ viel erreicht. Denn: Welcher Leser von Stiftung Warentest-Urteilen beschäftigt sich noch ausgiebig mit den Gründen, wenn das Urteil in Form der vernichtenden, zweitschlechtesten Schulnote feststeht? Und, viel wichtiger: Wer kauft es noch trotz alledem? (la)

(Bild: © kentoh – Fotolia.com)

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