Fällt jetzt die Klarnamenpflicht auf Facebook?
Seit vielen Jahren besteht eine lebhafte Diskussion über den sogenannten Klarnamenzwang im Internet und insbesondere in sozialen Medien wie bei Facebook, google + und anderen Diensten.
Die Gegner von Pseudonymen, darunter der ehemalige Innenminister Hans-Peter Friedrich, fordern u.a. aus sicherheitspolitischen Gründen ein Ende der Anonymität im Netz. Internetforscher und Soziologen betrachten das Recht auf Anonymität als dringend erforderlich, etwa um die Meinungsfreiheit nicht zu gefährden oder Minderheiten vor Diskriminierungen unter ihrem tatsächlichen Namen zu schützen. So hätten Studien gezeigt, dass der Klarnamenzwang insbesondere Missbrauchsopfer, Aktivisten, Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle, Frauen und junge Menschen treffen könne.
Unterschiedliche Handhabung in sozialen Netzwerken
Bei den großen Handelsplattformen wie etwa eBay und Amazon können Nutzer auch mit einem Pseudonym nach außen auftreten. In dem sozialen Netzwerk google+ sollten Nutzer nach den Bedingungen von google den Namen verwenden, mit dem Sie normalerweise von Freunden, Familie und Kollegen angesprochen werden. Mittlerweile sind jedoch auch hier Pseudonyme von google akzeptiert.
Anders hingegen stellt sich die Sachlage bei dem wohl führenden social-media-Dienst Facebook dar. Hier werden die Nutzer aufgefordert, ihren Echtnamen zu verwenden. Namensänderungen werden daher vor der Freischaltung überprüft und ungewöhnliche Namen herausgefiltert. Bei Zuwiderhandlungen kann Facebook nach den eigenen Nutzungsbedingungen Nutzerkonten sperren, Nutzer zur Vorlage amtlicher Lichtbildausweisen verpflichten und sogar eigenmächtig Profilnamen von Pseudonymen auf den wirklichen Namen ändern.
Verstoß gegen deutsches Recht?
Gemäß § 13 Abs. 6 Telemediengesetz (TMG) sind Diensteanbieter von Telemedien verpflichtet, ihren Nutzern das Auftreten unter einem Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Bislang nicht abschließend geklärt ist, ob Facebook dieser Verpflichtung zuwiderhandelt. So hatte etwa das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein in zwei Entscheidungen (Beschlüsse v. 22.4.2013, Az. 4 MB 10/13; Az. 4 MB 11/13) entschieden, dass Facebook vorerst auch weiterhin Konten von Nutzern, die nicht ihre Echtdaten („Klarnamen”) angeben, sperren darf. Hintergrund der Entscheidung war, dass das Gericht die deutschen Datenschutzvorschriften für nicht anwendbar hielt, da der Geschäftssitz von Facebook in Irland läge (Wir berichteten).
Neuer Vorstoß des Datenschutzbeauftragten
Einen neuen Vorstoß gegen die Praxis von Facebook wagt nun der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Casper. Dieser hat gegen die Facebook Ireland Ltd. eine Verwaltungsanordnung wegen Verstoßes gegen das Telemediengesetz und das Personalausweisgesetz erlassen.
Auslöser hierfür war die Beschwerde einer Facebook-Nutzerin, die ihr Konto bei dort unter einem Pseudonym geführt hat. Facebook hatte ihr Konto daraufhin gesperrt und die Nutzerin aufgefordert, im Profil ihren Klarnamen anzugeben. Außerdem sollte sie zum Nachweis ihrer Identität ihren Personalausweis vorlegen. ein von ihr eingereichter anderer Identitätsnachweis reichte Facebook nicht aus.
Gegen ihren Willen änderte Facebook zudem den Profilnamen vom Pseudonym in den wirklichen Namen der Nutzerin. Dadurch gab Facebook ihren (Facebook-) Freunden den echten Namen bekannt. Auf diese Maßnahme folgte nunmehr die Verwaltungsanordnung des Datenschützers. In einer veröffentlichten Pressemitteilung erklärt der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz hierzu:
Wie bereits in vielen anderen Beschwerden gegen Facebook zeigt sich an diesem Fall exemplarisch, dass das Netzwerk die sogenannte Klarnamenpflicht gegenüber seinen Nutzern mit aller Macht durchsetzen will. Dabei wird keinerlei Rücksicht auf nationale Rechtsvorschriften genommen. Der Zwang zur Nutzung des Klarnamens verstößt gegen das im Telemediengesetz verankerte Recht der Betroffenen auf Verwendung eines Pseudonyms. Die Speicherung der digitalen Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises widerspricht zudem den Regelungen des Pass- und Personalausweisgesetzes. Die eigenmächtige Änderung des Pseudonyms in den realen Nutzernamen des Kontoinhabers missachtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in eklatanter Weise und stellt einen vorsätzlichen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz dar. Dabei kann sich Facebook auch nicht wieder auf den Standpunkt zurückziehen, dass für sie nur das irische Datenschutzgesetz maßgeblich sei. Diesen Ausweg hat der EuGH mit seiner Rechtsprechung zur Google Suchmaschine im vergangenen Jahr versperrt. Facebook ist mit seiner Niederlassung in Hamburg wirtschaftlich in Deutschland tätig. Danach gilt: Wer auf unserem Spielfeld steht, muss sich auch an unsere Regeln halten.
Es steht zu vermuten, dass sich Facebook auch gegen diese Anordnung erneut mit einer Beschwerde wehren wird. Schließlich dürfte Facebook jedenfalls ein erhebliches kommerzielles Interesse daran haben, dass in geschalteten Werbeanzeigen die tatsächlichen Namen der Nutzer angezeigt werden.
Ob die Anordnung einer gerichtlichen Prüfung standhalten wird, bleibt insoweit abzuwarten. Ebenso wie in der gesellschaftspolitischen Diskussion können auch in der juristischen Auseinandersetzung für beide Seiten schlagkräftige Argumente ins Feld geführt werden. Es bleibt also wieder mal spannend.