Droht der BILD-Zeitung die größte Abmahnwelle, die es je gegeben hat?
Der Axel Springer Verlag plant offenbar, am 23.06.2012 eine Gratis-Ausgabe der BILD an alle Haushalte in Deutschland zu verteilen. Betroffen davon seien „ca. 41 Millionen Haushalte inkl. Werbeverweigerer“.
Darauf weist der Kölner Kollege Andreas Schwartmann in seinem Blog hin.
Kostenlose BILD an alle Haushalte – grundsätzlich zulässig
Aber nicht nur das. Der Kollege macht ebenfalls darauf aufmerksam, dass die geplante Aktion der Bild-Zeitung zwar grundsätzlich zulässig sein dürfte. Und zwar auch gegenüber so genannten „Werbeverweigerern“, die womöglich einen entsprechenden Aufkleber „keine Werbung“ an ihren Briefkästen angebracht haben.
Erst kürzlich hat nämlich das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 14.07.2011, Az. I-4 U 42/11) entschieden, dass der Aufkleber “Keine Werbung” nicht für kostenlose Zeitschriften und Anzeigenblätter gilt. (Unser Kurzbericht dazu hier)
Aber nicht bei ausdrücklichem Widerspruch des Betroffenen
Völlig zurecht weist der findige Kollege Schwartmann jedoch auf eine Entscheidung des Landgerichts Lüneburg (LG Lüneburg, Urteil vom 30.9.2011, Az. 4 S 44/11) das aktuell im September 2011 entschieden hat, dass
„das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt.“
Das bedeutet, dass man sich die kostenlose Zusendung der Bildzeitung (die natürlich zu einem großen Teil auch Werbung enthält) nicht gefallen lassen muss, wenn man dies nicht möchte.
Gemäß der Rechtsprechung des Landgerichts Lüneburg ist dafür jedoch Voraussetzung, dass man dem Springer-Verlag ausdrücklich mitteilt, dass man die Zusendung der Bildzeitung nicht wünscht. Würde die Bild-Zeitung entgegen dieser ausdrücklichen Aufforderung im Juni dennoch zugestellt, stellte dies eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, die einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Springer-Verlag auslösen dürfte.
Einen entsprechenden Unterlassungsanspruch könnte man in letzter Konsequenz mit einer Abmahnung oder sogar mit einer Klage gerichtlich durchsetzen. Dankenswerterweise hat der Kollege Schwartmann ein Musterschreiben ins Internet gestellt, mit dem Betroffene dem Springer-Verlag die kostenlose Zustellung der Bild-Zeitung untersagen können.
Es drohen 41 Millionen Abmahnungen
Wenn sich genug Leute gegen eine kostenlose Zustellung der Bild-Zeitung wenden würden, müsste der Springer-Verlag seine geplante Aktion noch einmal überdenken. Denn es dürfte organisatorisch an Unmögliches Grenzen, bestimmte Haushalte einzeln von der Belieferung auszunehmen.
Zöge die Bild-Zeitung ihre Maßnahme jedoch – in gewohnter Bildzeitungsmanier – ungerührt durch, könnte ihr mit theoretisch 41 Millionen potentiellen Unterlassungsgläubigern die größte Abmahnwelle aller Zeiten bevorstehen. (la)