Rechtliche Aspekte des E-Sport – Teil 6: Jugendschutz-Garantien
Im Rahmen einer wöchentlichen Reihe von LHR Rechtsanwälte stellen wir Ihnen verschiedene Themen aus dem Bereich „E-Sport und Jugendschutz“ vor. In Teil sechs geht es um die diversen Garantien des Jugendschutzes – von unzulässigen Angeboten über Regeln für Video-Sharing-Dienste bis hin zu Bußgeldvorschriften, die für Rundfunkanbieter gelten.
Jugendmedienschutz-Staatsvertrag
Wird E-Sport per Stream ins Fernsehen oder ins Internet übertragen, gilt: Wenn der Onlineanbieter ein Telemedienanbieter im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) ist, hat er die Bestimmungen des JMStV zu beachten. Unter den Begriff Telemedien fallen nahezu alle Internetangebote und elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, also neben Game-Apps auch soziale Medien, Chats, Webshops, Suchmaschinen und Webmail-Dienste. In § 2 Abs. 1 Nr. 1 des gleichnamigen Telemediengesetzes wird lediglich der Begriff des Diensteanbieters definiert. Diensteanbieter ist jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt.
Welche Angebote sind unzulässig?
Nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 JMStV in der seit dem 30. Juni 2022 geltenden Fassung sind Angebote unzulässig, wenn sie offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden. Bei der Beurteilung spielt eine Rolle, wie das Medium, über das die Verbreitung erfolgt, auf Kinder und Jugendliche wirkt.
Absolut unzulässig sind beispielsweise Angebote, die
- grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Weise schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt,
- Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen, was auch für virtuelle Darstellungen gilt,
- kinderpornografisch im Sinne von § 184b Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) oder jugendpornografisch im Sinne von § 184c Abs. 1 StGB sind oder die pornografisch sind und Gewalttätigkeiten oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben, was auch für virtuelle Darstellungen gilt oder die
- in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 18 Abs. 1 Jugendschutzgesetz (JSchG) sind und bei denen eine Feststellung nach § 18 Abs. 5 JSchG oder eine bejahende Einschätzung nach § 18 Abs. 6 JSchG erfolgt ist.
Unzulässig sind ferner Angebote, die
- in sonstiger Weise pornografisch sind,
- in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 18 Abs. 1 JSchG aufgenommen sind, ohne dass eine Feststellung nach § 18 Abs. 5 JSchG oder eine bejahende Einschätzung nach § 18 Abs. 6 JSchG erfolgt ist oder die
- offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden.
Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote
§ 5 JMStV definiert entwicklungsbeeinträchtigende Angebote als solche Angebote, die „die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen“. Bei Angeboten, die nach dem Jugendschutzgesetz für Kinder oder Jugendliche einer bestimmten Altersstufe nicht freigegeben sind, wird eine Eignung zur Entwicklungsbeeinträchtigung vermutet. Es gibt vier Altersstufen: ab 6 Jahren, ab 12 Jahren, ab 16 Jahren und ab 18 Jahren. Die Altersbewertungen durch die Freiwillige Selbstkontrolle werden auf Antrag der Kommission für Jugendmedienschutz bestätigt.
Technische Mittel und Ausstrahlung ab 22 Uhr
Anbieter, die entwicklungsbeeinträchtigende Angebote verbreiten oder zugänglich machen, haben nach § 5 Abs. 1 JMStV dafür Sorge zu tragen, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufen die entwicklungsbeeinträchtigenden Angebote nicht wahrnehmen. Anbieter können Ihrer Pflicht aus § 5 Abs. 1 JMStV entsprechen, indem sie technische oder sonstige Mittel implementieren, die Kindern und Jugendlichen die Wahrnehmung des Angebots unmöglich machen oder wesentlich erschweren (z. B. Altersabfrage). Dazu kann das Angebot nur zwischen 23 Uhr und 6 Uhr verbreitet und zugänglich gemacht werden, wenn eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder oder Jugendliche anzunehmen ist oder zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, wenn eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung für Kinder oder Jugendliche unter 16 Jahren anzunehmen ist. Ist eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung nur auf Kinder unter 14 Jahren anzunehmen, kann das Angebot getrennt von für Kinder bestimmten Angeboten verbreitet werden.
Welche Regeln gelten für Video-Sharing-Dienste?
Der JMStV enthält in seinem allgemeinen Teil in § 5a eine Sondervorschrift für Video-Sharing-Dienste. Diese sind verpflichtet, angemessene Maßnahmen zu treffen, um Kinder und Jugendliche vor entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten zu schützen. Als Maßnahmen, die in Betracht kommen, sieht § 5a Abs. 2 JMStV insbesondere die Einrichtung und den Betrieb von Systemen zur Altersverifikation vor sowie Systeme, durch die Eltern den Zugang zu entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten kontrollieren können. Nach § 5a Abs. 2 S. 2 JMStV sollen Video-Sharing-Anbieter auch Systeme einrichten, mit denen Nutzer hochgeladene Angebote bewerten können und die von den genannten Systemen ausgelesen werden können.
Jugendschutz-Beauftragter
Wer länderübergreifend zulassungsfrei Fernsehen veranstaltet, allgemein zugängliche Telemedien oder eine Suchmaschine betreibt, hat außerdem nach § 7 JMStV einen Jugendschutzbeauftragten zu stellen, wenn die Angebote entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte umfassen. Wer zulassungspflichtiges Fernsehen veranstaltet, hat in jedem Fall einen Jugendschutzbeauftragten zu stellen. Die Kontaktdaten des Jugendschutzbeauftragten müssen unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sein.
Jugendangebot von ARD und ZDF
§ 33 Medienstaatsvertrag (MStV) in der aktuellen, seit dem 30. Juni 2022 geltenden Fassung verpflichtet die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und das ZDF, gemeinsam ein Jugendangebot bereitzustellen, das Rundfunk und Telemedien umfasst. Dazu sollen die Anstalten eigenständige audiovisuelle Inhalte für das Jugendangebot „herstellen oder herstellen lassen und Nutzungsrechte an Inhalten für das Jugendangebot erwerben“.
Werbung im Jugendangebot ist nach § 33 Abs. 5 MStV nicht zulässig. Eine Ausnahme bilden Produktplatzierungen nach den §§ 8 Abs. 7 und 38 MStV.
Wenn zur Erreichung der Zielgruppe die Verbreitung des Jugendangebots über ein Portal geboten ist, das sich außerhalb des Jugendangebots bewegt, müssen die Anstalten die für diesen Verbreitungsweg geltenden Richtlinien erlassen, insbesondere zur Konkretisierung des Jugendmedienschutzes. Das Jugendangebot darf in diesem Fall dann nicht über Rundfunkfrequenzen (Kabel, Satellit, Terrestrik) verbreitet werden.
Nach § 33 Abs. 6 müssen die Anstalten einen Bericht über ihr Jugendangebot veröffentlichen. Der Bericht muss unter anderem den jeweiligen Anteil an Eigenproduktionen, Auftragsproduktionen und erworbenen Nutzungsrechten für angekaufte Fernsehinhalte für das Jugendangebot darstellen.
Reform beim Jugendschutz
In der Protokollerklärung aller Länder zum Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland heißt es, dass die Länder unter anderem zum Thema Jugendschutz weitergehende Reformvorschläge erarbeiten werden und dazu Arbeitsgruppen eingerichtet haben. „Die Länder setzen sich dafür ein, Kindern und Jugendlichen ein sicheres Heranwachsen in der Mediengesellschaft zu ermöglichen. Dies bedeutet einerseits Schutz vor schädlichen Inhalten und Angeboten, andererseits die aktive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an der Mediennutzung.“ Ziel ist ein kohärenter und mit der Gesetzgebung des Bundes abgestimmter Rechtsrahmen, der für Kinder, Eltern und Anbieter Klarheit und Sicherheit bietet. Eine Rolle sollen dabei „Möglichkeiten des technischen Jugendmedienschutzes“ spielen. Die Länder wollen zeitnah Schritte für eine umfassende Reform des Jugendmedienschutzes in Deutschland angehen – über die EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) hinaus.
Was steht in der AVMD-Richtlinie?
Der aktuell gültige MStV setzt die AVMD-Richtlinie der EU um. Nach Artikel 3 AVMD-Richtlinie können die Mitgliedsstaaten bei audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf (on Demand) Maßnahmen ergreifen, wenn diese zum „Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere Verhütung, Ermittlung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich des Jugendschutzes“ erforderlich sind.
Welche Bußgelder gelten bei Verstößen?
Nach § 115 Nr. 9 MStV handelt ordnungswidrig, wer als Veranstalter von bundesweit ausgerichtetem privaten Rundfunk vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 8 Abs. 7 Satz 2 oder entgegen § 74 Satz 1 oder 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 7 Satz 2 Produktplatzierungen in einer Nachrichten-, Politik-, Verbraucher- oder Religionssendung oder in einer Kindersendung betreibt. Die zuständige Landesmedienanstalt kann eine Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro ahnden.
Wir beraten Sie gerne, wenn Sie als Content- oder Telemedienanbieter oder Veranstalter Fragen zum Jugendschutz im Bereich E-Sport haben. LHR Rechtsanwälte hat sich auf das Sportrecht spezialisiert. Wir beraten Vereine und Profi-Sportler im herkömmlichen Bereich und im E-Sport. Nehmen Sie Kontakt per E-Mail oder Telefon zu uns auf!