E-Sportler: „Bin ich Arbeitnehmer oder Freelancer?“
Gestern noch als Hobby unter Freunden, heute schon beim Profi-Team unter Vertrag. Einige Turniere gewonnen, Sponsoren auf sich aufmerksam gemacht, Matches auf Twitch gestreamt und schon ist man dem Profi-Bereich des E-Sports so nah wie noch nie. Gerade in dieser Phase der Euphorie vergessen einige Spieler, dass sie Rechte und Pflichten haben. Insbesondere dann, wenn es nicht mehr nur um Spaß geht und E-Sport dem Lebensunterhalt dient.
Ist der E-Sportler an dieser Stelle angekommen, sollte er sich die Frage stellen: Bin ich Arbeitnehmer oder Freelancer (freier Mitarbeiter)?
Stellung als Arbeitnehmer
Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verrichtet, § 611a Abs. 1 S. 1 BGB. Diese ist insbesondere durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers geprägt und betrifft in der Regel Inhalt, Art, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit, § 106 Gewerbeordnung (GewO). Ob eine Arbeitnehmereigenschaft vorliegt, richtet sich einzig nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht etwa – wie von Laien oft angenommen – nach der Vertragsbezeichnung und seiner Ausgestaltung.
Arbeitgeber ist derjenige, der mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat, so dass er kraft Arbeitsvertrags die Arbeitsleistung verlangen kann und zur Zahlung der Vergütung verpflichtet ist. Im Bereich des E-Sports ist es in der Regel das Team selbst, welches sich zuvor in einer Rechtsform (z.B. GmbH, e.V.) zusammen findet und sodann als Rechtsträger im geschäftlichen Verkehr auftretten und selbstständig Verträge schließen kann. In diesem Fall werden Rechte und Pflichten des Spielers gegenüber dem Team festgelegt.
Stellung als Freelancer
Demgegenüber stehen die sog. Freelancer, die nach dem Arbeitsrecht selbstständige Arbeitskräfte darstellen. Als freie Mitarbeiten führen sie selbstständig und persönlich freie Aufträge in Rahmen von Dienst – oder Werkverträge aus. Sie sind dabei weder weisungsgebunden, in eine betriebliche Organisation eingegliedert noch in persönlicher Abhängigkeit tätig. Auch hier sind es in der Regel die Teams selbst, die im Rechtsverkehr als Auftraggeber tätig werden.
Folgende wesentlichen Merkmale werden zur Unterscheidung von Arbeitnehmer und Freelancer herangezogen:
Arbeitnehmer | Freelancer | |
Weisungsgebundenheit |
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Eingliederung in eine betriebliche Organisation |
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Persönliche Abhängigkeit |
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Besonderheiten | Arbeitnehmerschutz z.B. durch:
Zusätzliche vertragliche Regelungen möglich:
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Arbeitnehmerstellung ist vorteilhafter für E-Sportler
Schon auf den ersten Blick ist erkennbar, dass die Arbeitnehmerstellung für den E-Sportler mit wesentlich mehr Vorteilen verbunden ist als die des Freelancers. Jedoch ist es gar nicht so unüblich Freelancer einzusetzen, weil es den Auftraggebern mehr Flexibilität verspricht und sie auf Dauer keine hohen Fixkosten verursachen. Insbesondere werden sie häufig eingesetzt, wenn plötzlich Personalengpässe bestehen oder lediglich ein Projekt auszuführen ist.
Bei E-Sportlern kann es zum Beispiel die Teilnahme an einem bestimmten Liga- oder Turnierbetrieb sein. Dabei kann der Auftraggeber von den Erfahrungen, die der Spieler bereits in anderen Teams oder Organisationen gesammelt hat, profitieren. Doch Vorsicht! Denn dort, wo der Freelancer nicht mehr frei darüber bestimmen kann, Was und Bis Wann er es ausführt, fängt die Grauzone der sog. „Scheinselbstständigkeit“ an. Von dieser wird dann gesprochen, wenn ein Auftragsverhältnis zwischen Auftraggeber und dem freien Mitarbeiter ähnlich wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis umgesetzt wird, aber die Sozialversicherungspflicht des Arbeitgebers umgangen wird.
Welche Kriterien von den Behörden zur Abgrenzung der „Scheinselbständigkeit“ herangezogen werden, ist bis heute nicht abschließend geregelt. Es kann schon ausreichen, wenn der Auftragsvertrag zu viele Details reguliert oder der E-Sportler an dem teameigenen Computer spielt, so dass Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung rückwirkend vom Team abgeführt werden müssen.
Einzelfallentscheidung bei unklarer Indizienlage
Ist der E-Sportler sich nicht sicher, wie seine Stellung im Team rechtlich ausgestaltet ist, sollte er sich nicht scheuen, juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen und den Vertrag gegebenenfalls neu aufsetzen zu lassen. Ein pauschaler Rat, dass die vertragliche Ausgestaltung eines Freelancers für Anfänger besonders ungeeignet ist, kann so nicht gegeben werden. Denn gerade viele namenhaften E-Sportler haben als „kleine“ Freelancer angefangen und sind nun zu großen Stars erwachsen. Aber auch die schlichten Spielerverträge, die den E-Sportler als Arbeitnehmer behandeln, sind erfolgversprechend. Das zeigen beispielsweise die einzelnen Spieler der jeweiligen E-Sportabteilungen der Profi-Fußballvereine.
Fest steht, dass im Einzelfall darüber entschieden werden muss, welche Vertragsausgestaltungen für den E-Sportler in seiner aktuellen Lage die bessere ist und welche Konsequenzen daraus erwachsen, wenn die Indizien unklar sind.