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eBay-Bewertungen: kein Rechtsschutz im Eilverfahren?

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Fast allein auf weiter Flur hat das Landgericht Bad Kreuznach (2 O 290/06) entschieden, dass der Unterlassungsanspruch gegen falsche, unsachliche oder beleidigende eBay-Bewertungen nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren durchgesetzt werden kann. Damit stellt das Gericht die Grundsätze des Äußerungsrechts auf den Kopf, weil es das Merkmal der „Wiederholungsgefahr“ bei einer eBay-Bewertung nicht anerkennen will:

„Die Antragsgegnerin hat die ihr von dem Antragsteller vorgeworfene Bewertung nicht auf einem jederzeit eröffneten Medium abgegeben, bei dem die Möglichkeit bestünde, sie jederzeit zu wiederholen. Vielmehr erfolgte die Abgabe der Bewertung im Anschluss an ein bestimmtes Rechtsgeschäft mit dem Antragsteller im Rahmen der hierfür von ebay vorgesehenen und nur einmalig eröffneten Möglichkeit, einen Text abzusetzen. Mit der einmaligen Abgabe einer Bewertung ist diese Möglichkeit verschlossen, so dass nicht ersichtlich ist, dass die Antragsgegnerin nunmehr noch im Rahmen von ebay die Möglichkeit hat, die ihr vorgeworfene Erklärung zu wiederholen.“

Vereinfacht gesagt meint das Gericht: wer einmal falsch bewertet, wird das wohl kaum wieder tun. Dies halten wir angesichts der überwiegenden Rechtsprechung und der Realität für einen fatalen Trugschluss.

Zum einen ist es in tatsächlicher Hinsicht so, dass es selbstverständlich denkbar ist, dass ein eBay-Nutzer abermals eine Ware kauft und eine gleichlautende Negativebewertung abgibt oder diese etwa in einem Internetforum wiederholt. Dies würde jedenfalls eine gleichartige Verletzungshandlung darstellen, die vom Unterlassungsanspruch erfasst wäre. In rechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass das Äußerungsrecht wie das Wettbewerbsrecht strenge Anforderungen an den Wegfall einer Wiederholungsgefahr stellt (siehe z.B. Wenzel, Handbuch des Äußerungsrechts, 12 Rn. 7 ff.). Nicht einmal die Löschung rechtswidriger Postings oder anderer Äußerungen im Internet berührt demnach die Wiederholungsgefahr.

Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich auch kein Heinweis darauf, dass die Bewertung zurückgenommen wurde, so dass die Störung hier noch andauerte – in diesem Fall kann von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr keine Rede sein!
Würde sich die Ansicht des Gerichts durchsetzen, so wäre auch etwa bei Unterlassungsansprüchem gegen die Berichtersattung Tageszeitungen nie ein Eilverfahren denkbar. Denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Zeitung z.B. eine Schlagzeile nochmals genauso abdruckt. Nach ganz überwiegender Auffassung kann die Wiederholungsgefahr eigentlich nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden.

Man sollte sich also davor hüten, das Urteil zu verallgemeinern. Die Mehrzahl der Gerichte sieht in vergleichbaren Fällen durchaus die Notwendigkeit, im Eilverfahren zu entscheiden. So hat etwa das LG Stuttgart (19 C 714/06) kürzlich in einer Berufungsverhandlung klargestellt, dass das Amtsgericht Böblingen den Erlass einer einstweiligen Verfügung in erster Instanz wegen einer unsachlichen Bewertung nicht wegen mangelnder Eilbedürftigkeit hätte ablehnen dürfen. Auch das LG Köln hat bereits mehrfach im Eilverfahren über eBay-Bewertungen entschieden. Mehr…

RA David Ziegelmayer
Nachtrag: Zurecht weist unser Leser St. Ivo darauf hin, dass die Entscheidung eigentlich gar nicht die Frage betrifft, ob gegen Bewertungen im Eilverfahren vorgegangen werden kann, sondern ob überhaupt ein Unterlassungsanspruch bei solchen Bewertungen beteht. Die Überschrift und der letzte Absatz des Artikels wurden aufgenommen, weil die Entscheidung z.B. auch von Fachdiensten unter diesem Aspekt in die Diskussion eingebracht wurde.

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