OLG Köln: Fehlende VerpackG-Hinweise sind wettbewerbswidrig und daher abmahnbar
Seit dem 01.01.2019 gilt in Deutschland das Verpackungsgesetz (VerpackG). § 32 VerpackG erlegt Händlern bei Getränkeverpackungen bestimmte Hinweispflichten auf.
In einem Hinweisbeschluss vom 09.04.2020 hat das OLG Köln klargestellt, dass die Hinweispflicht bei Einwegverpackungen eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG darstellt.
Werden die Hinweispflichten nach dem VerpackG von Händlern nicht eingehalten, so drohen ihnen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen.
Ein- oder Mehrweg: Hinweispflicht nach dem Verpackungsgesetz
Dem Beschluss des OLG Köln lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger, ein Wettbewerbsverein, ging gegen die Beklagte, eine Betreiberin von Einzelhandelsmärkten, vor und nahm diese wegen vermeintlicher Verstöße gegen § 32 I VerpackG auf Unterlassung sowie Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Der Kläger beanstandete, dass die Beklagte in einem ihrer Märkte Wasserflaschen in Einweggetränkeverpackungen zum Verkauf angeboten habe, ohne diese mit dem entsprechenden Hinweis als „Einweg“ gekennzeichnet zu haben. Nach § 32 I VerpackG sind Letztvertreiber von pfandpflichtigen Einweggetränkeverpackungen jedoch dazu verpflichtet, die Endverbraucher durch deutlich sicht- und lesbare, in unmittelbarer Nähe zu den Einweggetränkeverpackungen befindliche Informationstafeln oder -schilder mit dem Schriftzeichen „EINWEG“ darauf hinzuweisen, dass diese Verpackungen nach der Rückgabe nicht zu Wiederverwendung geeignet sind.
Die Beklagte habe eine Wasserflaschen-Palette nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet. Links und rechts daneben befanden sich jedoch weitere Wasserflaschen derselben Art, deren Preisschilder alle ordnungsgemäß ausgewiesen waren. Es blieb offen, ob diese sich in „unmittelbarer Nähe“ zu den ohne entsprechenden Hinweis gekennzeichneten Wasserflaschen befanden. Hierin sah die Klägerin einen Verstoß gegen die Hinweispflicht aus § 32 VerpackG und mahnte die Beklagte daher ab. Diese weigerte sich jedoch zur Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung der Abmahnkosten, da die Vorschrift des § 32 VerpackG nach ihrer Auffassung keine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG sei und kein Verstoß hiergegen vorliege.Daraufhin erhob der Wettbewerbsverein Klage vor dem Landgericht Köln und machte Ansprüche nach dem UWG geltend. Das Landgericht Köln wies die Klage jedoch ab. Dagegen legte der Kläger sodann Berufung vor dem OLG Köln ein.
Hinweispflicht dient der Verbraucher-Aufklärung und damit dem Verbraucherschutz
In seinem Hinweisbeschluss teilte das OLG Köln mit, dass die Klage unbegründet und die Berufung des Klägers daher zurückzuweisen sei (OLG Köln, Beschluss v. 9.4.2020, Az. 6 U 292/19). Zwar sieht das Berufungsgericht die Anspruchsberechtigung des Klägers nach § 8 III Nr. 3 UWG als gegeben an, da es sich bei § 32 I VerpackG um eine dem Verbraucherschutz dienende Regelung und damit um eine Marktverhaltensregelung handle. Die Vorschrift normiere die Kennzeichnungspflicht des Handels gegenüber Verbrauchern und die Hinweise auf den Getränkeverpackungen sollen den Verbraucher über die Art der Verpackung – Ein- oder Mehrweg – informieren. Daher diene die Vorschrift in erster Linie der Aufklärung des Verbrauchers, damit dieser eine informierte Kaufentscheidung treffen könne. Diese Regelung bezwecke, Verbraucher zum Erwerb von Mehrwegverpackungen zu bewegen.
Im vorliegenden Fall mangele es jedoch nach Auffassung des Gerichts an der geschäftlichen Relevanz im Sinne der §§ 3 II, 5a II UWG, da die neben den streitgegenständlichen Wasserflaschen stehenden Paletten ordnungsgemäß gekennzeichnet worden seien. Bei den nicht gekennzeichneten Wasserflaschen könne ein Verstoß gegen die Hinweispflicht allenfalls daraus resultieren, dass die Paletten möglicherweise zu weit auseinander standen, um noch annehmen zu können, dass die Hinweisschilder bei den anderen Paletten als in „unmittelbarer Nähe“ im Sinne des § 32 I VerpackG zu den nicht gekennzeichneten Wasserflaschen angebracht waren.
Nach Auffassung des OLG Köln sei die von § 32 I VerpackG geforderte unmittelbare Nähe im vorliegenden Fall erfüllt worden, sodass der Verbraucher in seiner geschäftlichen Entscheidung nicht relevant beeinflusst worden sei:
„Die entsprechenden Preisschilder für die anderen Sorten weisen alle den Aufdruck „EINWEG“ auf. Diese Preisschilder mit dem Aufdruck sind auch für den Verbraucher, der die nicht gekennzeichnete Sorte erwerben will, deutlich sicht- und lesbar und befinden sich in unmittelbarer Nähe zu der nicht gekennzeichneten Getränkedose. Im vorliegenden Fall, in dem für jedermann erkennbar ist, dass es sich bei allen Sorten um dieselbe Verpackungsart handelt, sind die Anforderungen des § 32 Abs. 1 VerpackG erfüllt, indem bei allen anderen in unmittelbarer Nähe zur streitgegenständlichen Dosenreihe aufgestellten Dosen der Hinweis vorhanden ist. Nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 1 VerpackG hätte etwa eine einheitliche Tafel über allen Dosen bereits ausreichend sein dürfen.“
Somit hielt das OLG Köln die Klage für unbegründet, stellte jedoch, wie das LG Köln auch, fest, dass es sich bei der Vorschrift des § 32 VerpackG um eine Marktverhaltensregelung handle, sodass Verstöße hiergegen als abmahnbare Wettbewerbsverstöße anzusehen seien.
Nach dem Hinweisbeschluss des OLG Köln hat der Kläger seine Berufung zurückgezogen.
Praxistipp
Bei diesem Hinweisbeschluss des OLG Köln handelt es sich wohl um die erste obergerichtliche Entscheidung zu der erst am 01.01.2019 in Kraft getretenen Vorschrift des § 32 I VerpackG. Anders als das LG Köln sieht das Berufungsgericht § 32 I VerpackG als eine dem Verbraucherschutz dienende Regelung an und bejaht somit die Anspruchsberechtigung des Klägers. Dem ist vor dem Hintergrund, dass § 1 I 4 VerpackG ausdrücklich den Schutz der Marktteilnehmer vor unlauterem Wettbewerb vorsieht, zu denen auch Verbraucher nach § 2 I Nr. 2 UWG gehören, zuzustimmen.
Online-Händler, die Getränkeverpackungen veräußern, sollten stets darauf achten, durch deutlich sicht- und lesbare Hinweise auf die Eigenschaft „Ein-“ oder „Mehrweg“ der angebotenen Getränkeverpackungen hinzuweisen. Denn hierbei handelt es sich nach Auffassung des OLG Köln um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG, sodass die Nichteinhaltung von Hinweispflichten nach dem VerpackG wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nach sich ziehen kann.