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EuG: „Fack Ju Göhte“ geschmacklos, anstößig und vulgär

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Fack Ju Göthe Entscheidung EuGDie „Fack ju Göhte“-Filme haben Millionen Menschen gesehen und für deutsche Verhältnisse gutes Geld eingespielt. Als „Fack ju Göhte“ 2013 in die Kinos kam, war er mit einer Besucherzahl von knapp 7,4 Millionen einer der erfolgreichsten deutschen Filme. Auch die Fortsetzung brachte 2015 noch einmal ca. 7,7 Millionen Zuschauer.

„Fack ju Göhte“ nicht nur Filmtitel, sondern auch Marke?

Die Produktionsfirma Constantin Film wollte daher die Gunst der Stunde nutzen und auch am Merchandising-Geschäft verdienen bzw. andere davon wirksam ausschließen. Mittel der Wahl für die Verwirklichung eines solchen Plans ist der Markenschutz für die Bezeichnung, unter der die Merchandising-Artikel unter das Volk gebracht werden sollen.

2015 wollte sich Constantin Film daher den Begriff „Fack ju Göhte“ als Namen schützen lassen und meldete den Begriff beim europäischen Markenregister, unter anderem für Tassen, Spielzeug und alkoholische Getränke als Marke an.

„Fack ju Göhte“ – geschmacklos, anstößig und vulgär

Dabei spielten allerdings weder das europäische Markenamt (EUIPO) noch die entsprechende Beschwerdekammer mit. Die Markenanmeldung wurde abgelehnt. Die Marke „Fack ju Göhte“ verstoße gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009, nach der Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen, von der Eintragung ausgeschlossen sind.

Diese Einschätzung teilte am 24.1.2018 auch das Gericht der Europäischen Union, das EuG (nicht zu verwechseln mit dem europäischen Gerichtshof, dem EuGH) in einem entsprechenden Urteil (EuG, Urteil v. 24.1.2018, Az. T‑69/17).

Bei dem Ausdruck „fuck you“ handele es sich um einen Ausdruck, der nicht nur geschmacklos, sondern auch anstößig und vulgär sei, selbst wenn die maßgeblichen Verkehrskreise ihm keine solche Bedeutung beimäßen. Dass ein Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine äußerst derbe Ausdrucksweise für akzeptabel halten möge, reiche nämlich nicht, um diese Wahrnehmung als die maßgebliche anzusehen.

Schreibweise ohne Belang

Unerheblich sei, dass nicht die wörtliche Bezeichnung „fuck you“ zur Beurteilung stehe, sondern die deutsche lautschriftliche Version der Wendung, nämlich“Fack ju Göhte“. Der durchschnittliche Verbraucher werde feststellen, dass das angemeldete Zeichen dem häufig verwendeten und weit verbreiteten englischen Ausdruck „fuck you“ ähnlich ist.

Unerheblich, ob der Begriff gegebenenfalls Jugendsprache ist

Bei der Beurteilung, ob das Eintragungshindernis gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 vorliegt, könne weder auf die Wahrnehmung des Teils der maßgeblichen Verkehrskreise abgestellt werden, der leicht Anstoß nimmt, noch auf die Wahrnehmung des Teils dieser Kreise, der unempfindlich ist, sondern es müssen die Kriterien einer vernünftigen Person mit durchschnittlicher Empfindlichkeits- und Toleranzschwelle zugrunde gelegt werden.

Filme sind nicht betroffen

Wichtig zu wissen ist, dass der Filmtitel und erst recht die Filme als solche von dieser Beurteilung nicht erfasst sind.  Selbstverständlich dürfen die Komödien weiterhin gezeigt und auch mit dem betreffenden Titel bezeichnet werden. Lediglich die Eintragung als Marke ist auf europäischer Ebene nicht möglich.

Mit Hinblick auf diese unterschiedlichen Wertungen erschließt sich auch, dass die Entscheidung nicht so kritikwürdig ist, wie sie in manchen Medien dargestellt wird.

So bescheinigt zum Beispiel Kai Küstner vom NDR den Richtern des EuG In einem Tagesschau-Kommentar zu Unrecht unnötige Humorlosigkeit. Er ist der Meinung, dass die Juristen mit ihrem Urteil implizit unterstellten, dass der Verbraucher nicht mehr zwischen Klamauk und bitterem Ernst unterscheiden könne. Und beim Anblick eines „Fack-Ju-Göhte“-Werbekugelschreibers im Kaufhaus um die Ecke sogleich schamesrot oder entrüstet das Weite suche. Die EU-Richter hätten gerade bei der Jugend an Ansehen gewinnen können, wenn sie anerkannt hätten, dass Sprache lebe, sich verändere, frecher, jugendlicher, undeutlicher und damit vielleicht sogar poetischer werde.

Entscheidung ist nachvollziehbar

Dabei übersieht der Kommentator, dass eine Marke auch solchen Verbrauchern als Herkunftshinweis für bestimmte Waren oder Dienstleistungen gegenübertritt, die den Film und damit den Hintergrund der insoweit harmlosen Verballhornung nicht kennen:

„Die maßgeblichen Verkehrskreise können für die Prüfung des in Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen Eintragungshindernisses jedoch nicht auf das Publikum begrenzt werden, an das sich die Waren und Dienstleistungen, auf die sich die Anmeldung bezieht, unmittelbar richten. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass das von diesem Eintragungshindernis erfasste Zeichen nicht nur bei den Verkehrskreisen, an die sich die mit dem Zeichen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen richten, sondern auch bei anderen Personen Anstoß erregen wird, die dem Zeichen, ohne an den genannten Waren und Dienstleistungen interessiert zu sein, im Alltag zufällig begegnen.“

Somit eine – wohlgemerkt markenrechtlich – richtige Entscheidung.

Wie bereits erwähnt, können auch eingefleischte Fans beruhigt sein: Die bereits erschienenen Filme und etwaige Fortsetzungen sind nicht in Gefahr. Hintergrund einer Markeneintragung ist nicht die Ausübung der Kunstfreiheit bzw. das Verbreiten von Spaß, sondern der schnöde Mammon im Merchandisinggeschäft. Nur diesbezüglich geht Constantin jetzt leer aus.

Constantin Film hat jetzt noch zwei Monate Zeit, den EuGH anzurufen.

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