Verpoorten verliert Eier-Rechtsstreit
Der Eierlikörhersteller Verpoorten ist vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf einem Konkurrenten unterlegen. Der warb mit einem ähnlichen Slogan für sein Spirituosenprodukt – das ebenfalls Ei als Kernzutat hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2023, Az. 20 U 41/22).
Seit 140 Jahren gibt es die Markenspirituose Verpoorten. Die Unternehmerfamilie Verpoorten ist nach Angaben von Verpoorten eine „Dynastie“ im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen. Der Verpoorten-Eierlikör wird nach einem geheimen Familienrezept hergestellt, eine Zutat enthält er aber auf jeden Fall reichlich: Ei. Und so lautet der bekannte Markenslogan auch „Ei, ei, ei, Verpoorten“.
Konkurrent aus dem Norden
Verpoortens Konkurrent, die Edelbrennerei Nordik, stellt ebenfalls Eierlikör her. Sie vertreibt eine nach eigener Auskunft einzigartige Likörbereitung, hergestellt nach einem Verfahren, dass man „derzeit als Norddeutschlands einziger Hersteller“ anwende.
Nordik bewarb fünf Eierlikörprodukte in einem Weihnachtspäckchen mit dem Slogan „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“. Verpoorten ging dagegen vor. Das Unternehmen ist seit 1979 Inhaber der eingetragenen Wortmarke „Eieiei“, die in der Warenklasse 33 (‚Weine und Spirituosen‘) geschützt ist. Außerdem hat Verpoorten „Ei, Ei, Ei – VERPOORTEN“ 1966 als Wortmarke für die Nizza-Klasse 33 (‚Weine und Spirituosen‘) eintragen lassen. Verpoorten warf Nordik im Prozess vor, ein hochgradig ähnliches Zeichen zur Kennzeichnung identischer Waren zu nutzen.
Schadenersatzklage abgewiesen
Nordik gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, erklärte sich jedoch nicht bereit, die Abmahnkosten zu erstatten. Nachdem Verpoorten erneut Nordik-Werbung für Eierlikörprodukte mit dem Slogan „„Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ im Internet gefunden hatte – in der Google-Bildersuche und auf Nordiks Facebook-Seite – forderte Verpoorten Nordik erfolglos zur Zahlung einer Vertragsstrafe auf. Verpoorten klagte auf die Erstattung der Abmahnkosten, Auskunftserteilung, Rechnungslegung sowie auf die Feststellung einer Schadenersatzpflicht.
Rein beschreibende Verwendung ohne Herkunftshinweis
Das Landgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Es fehle an einem markenmäßigen Gebrauch der eingetragenen Marke. Aufgrund des Gesamteindrucks bei den angesprochenen Verkehrskreisen sei von einer rein beschreibenden Verwendung des Textes „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ auszugehen.
Weder Verwechslungsgefahr noch unlautere Nachahmung
Es bestehe weder einen Gebrauch, der auf eine bestimmte Herkunft hinweise, noch eine gedankliche Verknüpfung mit Verpoortens Eierlikör. Ferner gebe es weder eine Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 Markengesetz (MarkenG) noch bestehe ein Unterlassungsanspruch wegen eines Bekanntheitsschutzes gemäß § 15 Abs. 3 MarkenG. Auch eine unlautere Nachahmung gemäß § 4 Nr. 3 UWG liege nicht vor.
Verpoorten ging gegen das Urteil in Berufung. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies die Klage Verpoortens jetzt ab. Es könne einem Hersteller nicht verboten werden, auf den Grundstoff seines Produkts hinzuweisen. „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ beschreibe lediglich „glatt“ die Beschaffenheit des beworbenen Produkts beziehungsweise die Kernzutat von Eierlikör: Ei. Den angesprochenen Verkehrskreisen, führt das OLG Düsseldorf im Urteil aus, sei bekannt, dass Eier und Eierprodukte Bestandteile alkoholischer Getränke sein können.
Mehrfache Bedeutung von „Ei“
Der 20. Zivilsenat bemüht in seinem Urteil auch den Duden und einen Beschluss des Bundespatentgerichts, wonach das Nomen „Ei“ Bestandteil zahlreicher Redensarten sei, wie etwa „ach, du dickes Ei! (umgangssprachlich: Ausruf der Überraschung)“. Die Interjektion „ei“ werde auch in der Kindersprache als Ausdruck der Überraschung verwendet, wie zum Beispiel „ei, wo kommst du denn her?“. Das Gericht stellte einen hinreichend großen Unterschied zwischen den beiden Werbeslogans fest.
Wiederholung bloß rhetorisches Stilmittel
Auch in der mehrfachen Wiederholung sahen die Richter kein Problem. Die fünffache Aneinanderreihung des Wortes „Ei“ durch Kommata und Leerzeichen getrennt sei „keine semantische oder syntaktische Besonderheit“, die von einer Sachangabe wegführe oder einen Herkunftshinweis vermittle. Vielmehr sei die Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe ein „werbeübliches rhetorisches Stilmittel, das der Rede Nachdruck verleihen“ solle und „seit langem in der modernen Werbepsychologie verwendet“ werde.
Produktpräsentation ausschlaggebend
Für das OLG Düsseldorf war entscheidend, dass die Produktpräsentation mit einem Osternest bebildert war. Angesichts der kulturellen Bedeutung von Ostereiern erfasse der Verkehr, dass es um Eier als Zitat gehe „ohne weiteres und auf den ersten Blick“.
Das Präsentationsumfeld bestärke die angesprochenen Verkehrskreise in der Annahme, dass es sich bei der beanstandeten Wortfolge „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ um einen rein beschreibenden Hinweis dergestalt handle, dass die in den beworbenen Päckchen enthaltenen fünf Eierliköre allesamt Ei als Zutat enthalten. Für eine durch Verpoorten ebenfalls angegriffene Weihnachtswerbung gelte nichts anderes, so das Gericht. Auch dort werde die Wortfolge „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ nicht zusammenhanglos verwendet, sondern jeder Eierlikörflasche sei in der Aufmachung ein Ei zugeordnet.
Das OLG Düsseldorf hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Verpoorten kann noch eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung beim Bundesgerichtshof erheben.