World of Warcraft und die Bot-Software aus markenrechtlicher Sicht
Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte unlängst einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit dem berühmt-berüchtigten Online-Rollenspiel „World of Warcraft“ zu entscheiden (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 06.11.2014, Az. 3 U 86/13).
Der ausländische Hersteller von „World of Warcraft“ Blizzard hatte in Prozessstandschaft für seine deutsche Vertriebsgesellschaft gegen den Vertrieb einer sogenannten Bot-Software geklagt. Diese Software ermöglicht es seinen Nutzern, bestimmte Aktionen im Spiel „World of Warcraft“ zu automatisieren, um dadurch den Spieler zu entlasten. Zum Beispiel in Bezug auf die Goldbeschaffung.
G(e)oldbeschaffung ist mühsam – nicht nur in der realen Welt
Begeisterte Online-Spieler wissen, dass die Beschaffung von Gold, der offiziellen Währung in der virtuellen Spielewelt, sehr mühsam ist und auf die Dauer recht langweilig wird. Viele bedienen sich daher so genannter Bots, die zum Beispiel die Goldbeschaffung weitestgehend automatisieren. Durch Duping und Farm-Bots ist im virtuellen Raum aber teilweise derart viel Gold in Umlauf, dass die virtuelle Währung einer Inflation unterworfen ist und damit deutlich an Wert pro Einheit verliert. Beides – Wertschöpfung und Inflation – hat interessanterweise ihre Entsprechung in der realen Welt. Spieleherstellern ist die Verbreitung solcher Software ein Dorn im Auge. Nicht nur wegen der Inflationsgefahren, sondern wahrscheinlich auch, da die Zeit, die Spieler in der virtuellen Welt verbringen und damit zahlende Kunden sind, potenziell verkürzt wird.
Blizzard versucht seit längerer Zeit die Anbieter der Hilfssoftware rechtlich zu belangen. Über einen ähnlichen Fall zum Spiel „Diablo“ hatten wir hier berichtet.
Schwerpunkt des Falls im Wettbewerbsrecht
Obwohl der Schwerpunkt des WOW-Falles im Wettbewerbsrecht lag, soll hier die markenrechtliche Problematik des Falls aufgezeigt werden. Der Vollständigkeit halber sei kurz darauf hingewiesen, dass nach Ansicht des Gerichts unter dem Aspekt der Absatz- und Vertriebsstörung eine unlautere vertriebsbezogene Behinderung nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG vorlag, weil aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs ein auf Wettbewerb ausgerichtetes Spiel, bei dem ehrliche Spieler, die die Spielregeln einhalten, gegenüber unehrlichen Spielern benachteiligt werden, erheblich an Attraktivität und damit an wirtschaftlichem Erfolg einbüßen kann.
Markenrechtliche Problematik des Falls
Aus markenrechtlicher Sicht lag die Hauptproblematik des Falles in der Frage, ob die Bezeichnung “World of Warcraft Bot”bzw. “WOW Bot” durch den Vertreiber der streitgegenständlichen Bot-Software eine markenmäßige Benutzung des Zeichens „World of Warcraft“ bzw. „WOW“ im verwendeten Gesamtzeichen darstellt oder nicht. Eine markenmäßige Benutzung liegt nach den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor, wenn die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient und folglich die Herkunftshinweisfunktion der Marke beeinträchtigt wird oder beeinträchtigt werden könnte. Die Frage, ob eine Bezeichnung vom relevanten Verkehrskreis als Herkunftshinweis verstanden wird, ist anhand der jeweiligen Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Warensektor festzustellen, wobei diese Feststellung dem Tatrichter obliegt .
“World of Warcraft Bot” und “WOW Bot” als markenmäßige Benutzung
Die Beklagten verwenden die Angabe “World of Warcraft Bot” und “WOW Bot” für ihre Bot-Software für Computerspiele lediglich ergänzend neben dem eigentlichen Namen der Software. Die Software heißt offfiziel „Gatherbuddy“ und „Honorbuddy“. Die beiden Bots werden aber ergänzend auf der Homepage, über welche sie vertreiben werden, u.a. jeweils als “World of Warcraft Bot” bezeichnet. Fraglich war nun, ob diese ergänzenden Verwendungen der markenrechtlich geschützten Zeichen “World of Warcraft” und “WOW” im Gesamtzeichen “World of Warcraft Bot” bzw. im Gesamtzeichen “WOW Bot” eine markenmäßige Verwendung darstellen. Die markenmäßige Verwendung ist dabei immer von der rein beschreibenden Verwendung abzugrenzen. Obwohl das Gericht feststellte, dass die Bezeichnungen “World of Warcraft Bot” und “WOW Bot” auch beschreibende Elemente in Bezug auf die Art der Funktionalität der Software aufweisen, kam es zum Ergebnis, dass jeweils eine markenmäßige Verwendung und damit – nach weiterer Festellung der Verwechslungsgefahr – ein Markenrechtsverstoß vorlag. Die ergänzenden Bezeichnungen wurden demnach im Rahmen des Absatzes der Software zumindest auch herkunftshinweisend genutzt.
Abgrenzung zur rein beschreibenden Benutzung
Entgegen der Argumentation des beklagten Software-Vertreibers wurden die Begriffe “World of Warcraft Bot” und “WOW Bot” damit nicht rein beschreibend oder im Sinne von Adjektiven benutzt. Eine rein beschreibende Verwendung wäre nach Ansicht des Gerichts nur möglich gewesen, wenn der Vertreiber beispielsweise den Zusatz „für“ genutzt hätte (“Honorbuddy für World of Warcraft” oder „Gatherbuddy für World of Warcraft”). Das Gericht stellte zudem fest, dass auch die Verwendung der Bezeichnungen “WOW Bot” und “World of Warcraft Bot” als Metatag im HTML-Code der Internet-Seiten der Softwarefirma herkunftshinweisend und rechtsverletzend erfolgt ist.
Praxishinweis
Die in der Praxis immer wieder relevante Frage einer markenmäßigen Benutzung wird durch die Gerichte häufig zugunsten der Markeninhaber bejaht. Soweit zumindest ein Teil des angesprochenen Verkehrskreises in der Verwendung eines bestimmten Zeichens einen Herkunftshinweis sieht oder sehen kann, ist damit von einer markenmäßigen Benutzung auszugehen. Bei der Prüfung kommt es dann immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Manchmal hängt die Entscheidung für oder gegen eine markenmäßige Benutzung dabei sogar wie im vorliegenden Fall nur von einem einzigen Wort ab.