LG Hamburg: Bayrischer Rundfunk muss unwahren Bericht über angebliches Ermittlungsverfahren unterlassen
Das Landgericht Hamburg (LG Hamburg, Urteil v. 15.12.2017, Az. 324 O 84/17, nicht rechtskräftig) hat dem Bayrischen Rundfunk verboten, über ein angebliches Ermittlungsverfahren zu berichten.
Damit wird sowohl dem Sender als auch dem Autor der Berichts verboten, auf der Internetseite www.br.de zu behaupten, dass gegen eine Unternehmung bzw. dessen Gründer „strafrechtlich vorgegangen“ werde.
Es drohen bis zu 250.000 € Geldstrafe oder Haft
Im Falle der Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € oder bis zu sechs Monate Ordnungshaft.
Die Entscheidung ist im Wege eines Hautpsacheverfahrens im Urteilswege ergangen. Dieses wurde notwendig, obwohl dem BR das Verhalten bereits per einstweiliger Verfügung verboten worden war. Der BR wollte die Eilentscheidung nicht hinnehmen und zwang den Antragsteller in die Hauptsacheklage. Wohl in der Hoffnung, dass dem Betroffenen das Geld ausgehen würde.
Der bayerische Rundfunk kann gegen die Entscheidung noch mit dem Rechtsmittel der Berufung vorgehen.
Der Sender hatte seine Story „aufgehübscht“
Das Landgericht Hamburg folgte der Argumentation des Klägers, dass die Behauptung, dass gegen das Unternehmen bzw. dessen Gründer strafrechtlich vorgegangen werde, unzutreffend war. Denn das im Bericht erwähnte angebliche Ermittlungsverfahren – was die Leser des entsprechenden Artikels nicht erfuhren – richtete sich, anders als behauptet, nicht gegen eine bestimmte Person geschweige denn ein bestimmtes Unternehmen (was strafrechtlich bereits deshalb schon naturgemäß nicht funktioniert, da sich das Strafrecht mit der Schuld von natürlichen Personen beschäftigt) richtete, sondern schlicht gegen Unbekannt. Ein eindeutiger Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht.
Ein Ermittlungsverfahren zieht immer
Hinzu kam im vorliegenden Fall, dass der Betroffene von dem angeblichen Ermittlungsverfahren erst aus dem streitgegenständlichen Bericht erfahren und ansonsten davon überhaupt keine Kenntnis hatte. Die Erstattung einer (anonymen) Strafanzeige (gegen Unbekannt) ist ein oft angewandter, perfider Trick. Es kommt nicht selten vor, dass die Medien den (Zünd-)Stoff, der einen alltäglichen und damit langweiligen Vorgang erst zu einer Story macht, selbst herstellen.
Nichts eignet sich dazu besser, als eine Strafanzeige, die, soweit sie nur schlüssigen Sachvortrag enthält, zwangsläufig zu einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren führt. Die bloße Erwähnung dieses Ermittlungsverfahrens erweckt bei den Lesern in der darauffolgenden Berichterstattung den Eindruck, als sei etwas strafbares und damit Berichtenswertes geschehen, obwohl die Staatsanwaltschaft – und das wissen die wenigsten – ein Ermittlungsverfahren bereits beim Vorliegen eines sogenannten Anfangsverdachts einleitet.
Rechtsanwalt Arno Lampmann von der Kanzlei LHR:
“Eine Sendeanstalt des öffentlichen Rechts ist als mit öffentlichen Mitteln und einem gesetzlichen Auftrag ausgestattetes Medium ganz besonders zur Zurückhaltung und Sorgfalt verpflichtet. Vor dem Hintergrund der diffusen Sachverhaltsdarstellung ist es daher schon nicht nachvollziehbar, dass es der Artikel es überhaupt auf die Internetseite des namhaften Senders geschafft hat.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist sich seiner finanziellen Macht offenbar auch in Rechtsstreitigkeiten durchaus bewusst. Dass dieser nach einem Schreiben, das die Unwahrheit der Behauptungen detailliert darlegt und einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem die Rechtswidrigkeit des Berichts gerichtlich bestätigt wird, seinen Fehler nicht umgehend einräumt, den Beitrag entfernt und sich zur Unterlassung verpflichtet, sondern es auf einen für einen „Normalbürger“ finanziell außerordentlich belastendes Gerichtsverfahren ankommen lässt, ist jedenfalls bemerkenswert.”
Offenlegung: Unsere Kanzlei hat den Antragsteller vertreten.