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Der gute Ruf, das gute Recht

Löschung Bewertung JAMEDA
Photo by National Cancer Institute on Unsplash

Zwischen Ärzten und der Bewertungsplattform Jameda geht es seit einiger Zeit hoch her. Ein Urteil des OLG München stärkt dem Portal den Rücken.

Das waren noch Zeiten. Man ging zum Arzt und machte seine Erfahrung. Wenn nun jemand aus der Familie oder dem Freundeskreis krank wurde und einen Arzt konsulieren wollte, aber nicht sicher war, welchen, konnte man mit ihr oder ihm die Erfahrung teilen und eine persönliche Empfehlung aussprechen (oder auch vom betreffenden Weißkittel abraten).

Heute ist das anders. Man geht zum Arzt und schreibt anschließend seine Meinung in eines der Bewertungsportale. Für Ärzte gibt es hier Jameda. Die eigene Einschätzung beeinflusst dann nicht nur die Entscheidung eines eng begrenzten Personenkreises, sondern – im Prinzip – aller Menschen, die einen Arzt suchen und der deutschen Sprache mächtig sind. 

Fairneß und Geschäftsgeheimnis

Hier müssen nun zwei ganz unterschiedliche Interessen in Einklang gebracht werden: Der Arzt hat ein Recht auf eine faire Bewertung, weil und soweit er wirtschaftlich immer mehr von den virtuellen Bewertungen abhängig ist, das Portal hat ein Recht auf die Geheimhaltung von Betriebsinterna wie den eingesetzten Prüf- und Löschalgorithmus, weil und soweit das die Geschäftsgrundlage für die Plattform ist, ohne die es keine Bewertung gäbe, die den Namen wert ist. Mit dem Austarierenden der beiden naheliegenden Ansprüche müssen sich immer öfter auch die Gerichte befassen.

So das OLG München, das eine Entscheidung des LG München I (Urteil v. 16.4.2019, Az. 33 O 6880/18) bestätigte, nach der ein Zahnarzt nicht die Wiederveröffentlichung gelöschter positiver Patientenbewertungen auf der Plattform Jameda verlangen kann, obgleich das OLG München anerkennt, dass mit seiner Reputation grundsätzlich ein Schutzgegenstand des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auf dem Spiel steht (OLG München, Urteil v. 27.2.2020, Az. 29 U 2584/19).

Portalbetreiber nicht zur Offenlegung des Algorithmus verpflichtet

Wenn nun die Reputation maßgeblich durch Bewertungen auf Bewertungsportalen bestimmt wird (wie heute immer mehr der Fall), könne, so das Gericht, in einer Löschung von positiver Bewertungen auch ein Eingriff in den Schutzbereich liegen. Allerdings kann es sich auch um eine im Rahmen der üblichen Prüfvorgänge liegende Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Qualität des Portals handeln. Solche Sichtungen dienen letztlich auch den Kunden, also etwa dem Zahnarzt, denn dessen Patienten sollen sich auf die Sternchen und Noten verlassen können.

Dabei ist der Portalbetreiber grundsätzlich nicht verpflichtet, offenzulegen, wie der von ihm eingesetzte Algorithmus zum Aufspüren verdächtiger, also nicht „authentischer“, sondern vom Arzt beeinflusster oder gekaufter Bewertungen funktioniert. Denn das habe, so das OLG München weiter, zur Folge, dass manipulationswilligen Medizinern das Handwerk ermöglicht oder zumindest deutlich erleichtert würde.

Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass man als bewerteter Arzt konkrete Anhaltspunkte oder gar Beweise dafür hat, dass die Löschung nicht aus Gründen der Qualitätssicherung erfolgte, sondern willkürlich. Im vorliegenden Fall vermutete der Zahnarzt eine Art „Racheakt“ des Portals als Reaktion auf seine Kündigung. Allerdings zeigte sich, dass Jameda bereits vor der Kündigung auf eine mögliche Manipulation gestoßen war.

Im Zweifel für die Plattform und ihrer Nutzer

Und selbst wenn der Jameda-Algorithmus bei der Löschaktion etwas über das Ziel hinausschoss gilt laut OLG München: Das Interesse der Plattform und ihrer Nutzer auf ein unverfälschtes Meinungsbild überwiegt das Interesse des Zahnarztes daran, „nicht durch die Löschung nicht ausschließbar doch valider Bewertungen in seiner Kundenakquise beeinträchtigt zu werden“. Vor allem damit stärkt das Gericht der Bewertungsplattform deutlich den Rücken.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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