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"Mangelhaft" für Ritter Sport Voll-Nuss nicht gerechtfertigt: Stiftung Warentest verliert auch vor dem OLG München

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© sainthorant daniel/shutterstock.com

Am gestrigen Dienstag, den 9.9.2014 hat das OLG München (OLG München, Urt. v. 09.09.2014, Az. 18 U 516/14) die Berufung von Stiftung Warentest gegen ein Urteil des Landgerichts München (LG München I, Urteil v. 13.01.2014 – 9 O 25477/13) zurückgewiesen, mit dem der Stiftung verboten worden war, die Schokolade „Voll-Nuss“ mit “mangelhaft” zu bewerten. Das berichtet die Legal Tribune Online.

Hintergrund

Die Stiftung Warentest hatte Ende 2013 Nussschokolade getestet und dabei 26 Produkte unter die Lupe genommen. Unter den getesteten Schokoladen war auch die der Sorte “Voll-Nuss” von Ritter Sport. Obwohl die Schokolade geschmacklich oder gesundheitlich nicht beanstandet wurde, bemängelten die Prüfer, dass bei der Verarbeitung ein chemisch hergestellte Inhaltsstoff, nämlich Piperonal zum Einsatz gekommen sei und vergaben das Qualitätsurteil “mangelhaft”. Piperonal komme zwar grundsätzlich auch in der Natur vor, werde aber in der Regel chemisch hergestellt. Die Deklaration des Produktes damit, dass ausschließlich natürliche Aromen eingesetzt würden, sei daher unzutreffend und irreführend. Wir berichteten.

Ritter Sport hatte auf diese Meldung am gleichen Tag reagiert und die Vorwürfe zurückgewiesen. Es liege eine aktuelle Garantieerklärung seitens der Lieferantin, der SymRise AG vor, die bestätige, dass das gelieferte Aroma, welches in der Ritter Sport Voll-Nuss zum Einsatz komme, ausschließlich natürlichen Ursprungs sei, wie auch ausschließlich auf natürlichem Wege gewonnen werde.

Das LG München verbot das „mangelhaft“ per einstweiliger Verfügung

Das Landgericht München konnte von Ritter Sport davon überzeugt werden, dass die Feststellungen von Stiftung Warentest falsch sind und hat die antragsgemäß zunächst ohne Anhörung des Gegners erlassene einstweilige Verfügung nach mündlicher Verhandlung per Urteil bestätigt (LG München I, Urteil v. 13.01.2014 – 9 O 25477/13). Die Entscheidung ist überaus lesenswert, da sie sich mit den Argumenten beider Seiten umfassend und sorgfältig auseinandersetzt.

Das OLG München bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung

Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Landgerichts nun am 9.9.2014 bestätigt. im Rahmen der mündlichen Verhandlung betonte die Vorsitzende des OLG-Senats, dass es für die Entscheidung nicht darauf ankomme, ob das streitgegenständliche Aroma Piperonal tatsächlich chemisch hergestellt oder auf natürlichem Wege gewonnen worden sei. (Am Rande: der Hinweis bei LTO, dass das Oberlandesgericht die Revision zum BGH nicht zugelassen habe, ist irreführend. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren ist das Oberlandesgericht immer letzte Instanz.)

Entscheidend  sei vielmehr die Frage, wie die Stiftung Warentest die Verbraucher über ihre Testmethode informiere. Der Testbericht erwecke bei vielen Lesern den Eindruck, dass die Warentester das künstliche Vanillearoma Piperonal in der Schokolade von Ritter Sport chemisch nachgewiesen hätten. Diese Behauptung sei aber nicht richtig, da es sich nur um eine Schlussfolgerung der Warentester gehandelt habe.

Verbraucher vertrauen den Tests der Stiftung

Was auf den ersten Blick wie Haarspalterei anmuten mag, ist vor dem Hintergrund der Bedeutung, die Verbraucher den Testergebnissen der Stiftung Warentest beimessen, nur folgerichtig. So wies die Vorsitzende des OLG-Senat explizit darauf hin, dass die Stiftung Warentest vor diesem Hintergrund ihre Worte besonders sorgsam wählen und die Behauptung, dass ein bestimmter Inhaltsstoffe nachgewiesen worden sei, auch tatsächlich zutreffen müsse.

Das Wort der Stiftung hat Gewicht. Der Chef von Ritter Sport Alfred Ritter teilte bei SPON mit, dass er aufgrund des im Streits mit Stiftung Warentest sogar um das Überleben des Unternehmens gebangt habe. Wir berichteten.

Ausblick

Unsere Kanzlei beschäftigt sich mittlerweile mit mehreren ähnlichen Fällen gegen die Stiftung Warentest. Wir können daher aus eigener Erfahrung sagen, dass es sich bei der nunmehr obergerichtlich bestätigten fehlerhaften Bewertung eines Produkts, in diesem Falle zu Lasten von Ritter Sport, nicht um einen Einzelfall handelt. Es mehren sich Tests und Testergebnisse, in denen die Stiftung Warentest ihrem (egal ob berechtigt oder unberechtigt erworbenen) Ruf, die betreffenden Produkte unvoreingenommen und vor allem anhand von nachvollziehbaren sachlichen Kriterien zu prüfen, nicht mehr gerecht wird.

Das mag teilweise daran liegen, dass man über die Zeit bei der Stiftung Warentest eine gewisse Überheblichkeit bzw. Arroganz entwickelt hat und die Tests schlicht und einfach nicht mehr sorgfältig genug durchführt. Andererseits könnte es auch sein, dass die Stiftung Warentest der ihr gestellten Aufgabe alleine aufgrund der schieren Fülle an unterschiedlichen Produkten, die für Verbraucher getestet und empfohlen werden sollen, nicht mehr gewachsen ist.

Dies liegt insbesondere nahe, wenn man die Geschichte der Stiftung Warentest betrachtet. Diese wurde in den sechziger Jahren im Rahmen eines staatlichen Auftrags ins Leben gerufen, um eine damals noch überschaubare Anzahl von verhältnismäßig einfachen Waren und Dienstleistungen für Verbraucher zu testen. Testobjekte in der ersten Ausgabe 1966 waren zum Beispiel Nähmaschinen und Handrührer.

Heutzutage erhebt sich die Stiftung Warentest als Expertin über nahezu alle auf dem Markt erhältlichen Waren und Dienstleistungen, angefangen vom Handrührer über (mit zahlreichen Schutzvorschriften belegten) Kinderspielzeug, die (mittlerweile computergesteuerte) Waschmaschine bis hin zu komplizierten Finanzprodukten für alle möglichen Zwecke. Es liegt auf der Hand, dass es für eine einzige Organisation schwierig bis fast unmöglich ist, für diese unzähligen unterschiedlichen und mittlerweile überaus komplexen Produkte und Dienstleistungen zu treffende sachliche Kriterien aufzustellen, nach denen sinnvolle Verbraucherempfehlungen abgegeben werden können.

Man darf daher durchaus gespannt sein, wie sich das Schicksal der Stiftung Warentest weiter entwickelt und ob diese auch in Zukunft so Bestand haben wird. Sobald die von uns betreuten Fälle einer Entscheidung zugeführt sind, werden wir hier weiter berichten.

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