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Bewertungen im Fokus des BGH: Irreführung durch fehlende Angaben?

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Sternebewertungen

Ein Wettbewerbsverband klagte gegen den Betreiber einer Internetseite, die Immobilienvermittlungsdienste anbietet. Der Betreiber warb mit einer durchschnittlichen Bewertung von 4,7 von 5 Sternen.

Allerdings fehlten wesentliche Details – wie die Gesamtzahl der Bewertungen, der Zeitraum, in dem diese abgegeben wurden, und eine Aufschlüsselung in einzelne Sterneklassen.

Der Wettbewerbsverband sah darin eine Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a UWG und damit einen Wettbewerbsverstoß.

Rechtliche Grundlage: Wesentliche Informationen gemäß § 5a UWG

Gemäß § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer wesentliche Informationen vorenthält, die der Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Dabei muss die Wesentlichkeit einer Information im Hinblick auf die Umstände des jeweiligen Falls bewertet werden. Eine Information gilt dann als wesentlich, wenn sie vom Unternehmer erwartet werden kann und für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers erhebliches Gewicht hat.

Vorinstanz: Wesentlichkeit von Bewertungsanzahl und Bewertungszeitraum

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg entschied am 21. September 2023 (Az. 15 U 108/22), dass die Anzahl der Bewertungen und der Bewertungszeitraum wesentliche Informationen darstellen. Der Betreiber musste diese dem Verbraucher zugänglich machen. Jedoch wies das Gericht den Antrag auf Unterlassung der Werbung ohne eine Aufschlüsselung der Bewertungen in einzelne Sterneklassen zurück. Die Klägerin legte Revision ein und verfolgte ihren Antrag weiter.

BGH-Entscheidung: Aufschlüsselung der Sternebewertungen

Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz (BGH, Urteil v. 25.07.2024 – I ZR 143/23). Nach Auffassung des BGH handelt es sich bei der Aufschlüsselung in einzelne Sterneklassen nicht um eine wesentliche Information gemäß § 5a Abs. 1 UWG. Zwar könne die detaillierte Darstellung der Bewertungen für den Verbraucher nützlich sein, sie habe jedoch kein erhebliches Gewicht für die geschäftliche Entscheidung. Der Durchschnittsverbraucher sei sich bewusst, dass auch bei einer guten Durchschnittsbewertung unterschiedliche Einzelbewertungen existieren. Die Aufschlüsselung hätte somit nur eine begrenzte Auswirkung auf die Kaufentscheidung.

Kein Vergleich zu Testsiegeln und Prüfzeichen

Der Wettbewerbsverband argumentierte, die Sternebewertungen seien mit der Werbung durch Testsiegel oder Prüfzeichen vergleichbar. Der BGH verneinte dies, da Testsiegel nach einheitlichen Kriterien vergeben und innerhalb gleicher Produktgruppen interpretiert werden können. Bewertungen von Verbrauchern beruhen hingegen nicht auf einheitlichen Maßstäben, wodurch eine Vergleichbarkeit entfällt.

Fazit

Eine fehlende Aufschlüsselung der Sternebewertungen stellt keinen Unterlassungsanspruch gemäß § 5a Abs. 1 UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG dar. Unternehmer müssen in der Werbung die Durchschnittsbewertung sowie die Gesamtanzahl und den Zeitraum der berücksichtigten Bewertungen angeben, um keine Irreführung zu verursachen. Eine genauere Aufschlüsselung bleibt im Ermessen des Unternehmers.

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