Deutsches Gericht erlässt einstweilige Verfügung gegen Schweizer Fernsehen
Die Medien haben die Aufgabe, die Öffentlichkeit zu informieren – auch und gerade über Missstände und Schieflagen in Politik und Wirtschaft. Dabei gibt es aber Regeln – und Grenzen. Diese zog die 16. Zivilkammer des LG Saarbrücken der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft im Rahmen eines Verfahrens zum Erlass einer einstweiligen Verfügung, die ein Unternehmen aus der Schweiz beantragt hatte (LG Saarbrücken, Beschluss v. 12.9.2022, Az. 16 O 139/22, noch nicht rechtskräftig).
LG Saarbrücken zuständig
Schweizer Fernsehen, Schweizer Unternehmen, deutsches Gericht – wie passt das zusammen? In diesem Fall ganz gut. Denn der Sender bzw. sein Redakteur hatte die rechtswidrigen Aussagen über das klagende Unternehmen nicht im Zuge der üblichen Berichterstattung bzw. investigativer Hintergrundanalysen getätigt, sondern in einer E-Mail an dessen Geschäftspartner. Darin hieß es u.a., das Unternehmen sei eine „dubiose Schwindelfirma“ und habe „gutgläubigen Aktionären rund 80 Millionen Franken abgenommen“. Ein Empfänger dieser E-Mail hat seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk des LG Saarbrücken. Daraus ergibt sich dessen Zuständigkeit.
Pressefreiheit gilt nicht für E-Mails
Entscheidend ist, dass der Sender bzw. der zuständige Redakteur nicht die Pressefreiheit in Anschlag bringen kann, denn dabei geht es um das Recht, die Öffentlichkeit über Missstände zu informieren. Doch um die Öffentlichkeit ging es ja gar nicht: der Sender wandte sich mit seinen E-Mails direkt an die Geschäftspartner des Unternehmens – und eine solche zielgruppenspezifische Agitation ist keine Aufgabe der Medien, die unter dem Schutz der Pressefreiheit stattfindet. Zudem fehlten, so das LG Saarbrücken, jegliche Beweise für die Behauptungen. Insoweit erging die gerichtliche Unterlassungsverfügung mit Androhung eines Ordnungsgelds von bis zu einer Viertelmillion Euro bei Zuwiderhandlung. Das ist auch in Schweizer Franken eine ganze Menge.
(Offenlegung: LHR hat die Antragstellerin vertreten.)
Update, 28.2.2023
Nach einem selbstbewusst und wortreich vorgetragenen mit Verschwörungstheorien gespickten Widerspruch hat das Landgericht seine Entscheidung mit Urteil vom 28.2.2023 mit ausführlicher Begründung bestätigt.
Auch die Recherchephase sei zwar von der Pressefreiheit umfasst, der konkrete Inhalt der E-Mail habe jedoch nicht der Recherche, sondern allein der Diffamierung der Antragstellerin gedient.
Der SRF kann jetzt Berufung einlegen oder sein Glück im Hauptsacheverfahren suchen. Die Herabsetzungen haben jedenfalls weiterhin zu unterbleiben.