Werbung mit fachlichem Zitat auch ohne Zustimmung zulässig
Produkte werden häufig durch verschiedene Aussagen oder Meinungen beworben. Dies gilt auch für Medizinprodukte. In der Werbung werden oft Aussagen eines Arztes oder einer Ärztin hinzugezogen oder gar mitzitiert, um die Wirkung des Produktes zu unterstreichen.
Doch braucht man in solchen Fällen nicht zunächst die Zustimmung des Arztes, der die Aussage gemacht hat?
Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass die Verwendung von Äußerungen in einer Werbeanzeige zulässig sein kann, auch wenn der Betreffende dem nicht zugestimmt hat.
Namentliche Nennung im Deutschen Ärzteblatt
Der Kläger wandte sich als Ärztlicher Direktor einer Abteilung einer Universitätsklinik gegen seine namentliche Erwähnung in einer im Deutschen Ärzteblatt erschienen Werbeanzeige der Beklagten für ein Produkt gegen das sogenannte Reizdarmsyndrom (RDS). Der Kläger war darin mit anlässlich einer Pressekonferenz getätigten allgemeinen Äußerung zu Diagnose- und Therapieproblemen des RDS unter namentlicher Nennung zitiert und so in einen gewissen werblichen Kontext gesetzt worden. Der Arzt hatte weder Kenntnis davon noch hatte er zugestimmt. Daraufhin erhob er Unterlassungsklage vor dem zuständigen Landgericht (LG), welche jedoch erfolglos war. Das LG hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass dem Kläger bei gebotener Abwägung kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Nennung seines Namens in der streitgegenständlichen Werbung zustehe. Denn ein konkreter werblicher Bezug des Klägers zu dem beworbenen Produkt werde nicht hergestellt. Sein Name werde eben nicht verwendet, um die Aufmerksamkeit für den Beitrag oder das Produkt zu erhöhen. Nun legte der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein.
„pseudowissenschaftliches Zitat“
Doch auch das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil v. 28.10.2021, Az. 15 U 230/20) schloss sich der Auffassung des Landgerichts an und wies die seitens des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung zurück. Dies in erster Linie aus den Gründen, dass sowohl ein auf eine unzulässige Verwendung des Namens (§ 12 BGB) als auch ein auf eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützter Unterlassungsanspruch ausschieden. Im konkreten Fall gehe es allein um ein „pseudowissenschaftliches“ Zitieren des Klägers und ein so begründetes namentliches Anführen im bloßen räumlichen Kontext einer Produktbewerbung, bei der aber gerade keine wie auch immer gelagerte „Falschbezeichnung“ und/oder der Anschein einer Lizenzierung für die Werbemaßnahme hervorgerufen werde. Das bedeutet also, es sei gerade nicht erkennbar, dass der Kläger als Person unter Ausnutzung eines eigenen Werbewertes für die Anpreisung des Produkts vermarktet wurde. Auch sei seine fachliche Kompetenz nicht auf das konkret beworbene Produkt übertragen worden, so die Richter. Vielmehr sei der Arzt lediglich mit öffentlich getätigten Äußerungen im Zusammenhang mit der Diagnose und Therapie RDS zitiert worden. Im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung müsse dies dann umfassend berücksichtigt werden.
Namentliche Nennung
Und selbst wenn man § 12 BGB etwas weiter auslegen und sogar so verstehen würde, dass schon bei einer schlichten Namensnennung in einem werblichen Kontext stets ein Gebrauch im Sinne des § 12 BGB vorliegen kann, würde bei der auch im Rahmen des § 12 BGB zur Feststellung einer Interessenverletzung gebotenen Abwägung maßgeblich werden, ob in der Werbeanzeige eine Frage von öffentlichem Interesse aufgegriffen und nicht nur Image- oder Werbewert des Genannten durch Verwendung seines Namens ausgenutzt und/oder der Eindruck erweckt werde, als identifiziere er sich mit dem beworbenen Produkt oder empfehle es. Dazu führt das OLG weiter aus: Selbst, wenn man es in diesem Fall dann sogar ausreichen lassen wollte, dass nur ein „relevanter Teil des in Betracht kommenden Publikums die – den Kaufentschluss günstig beeinflussende – Vorstellung eines Werbeverhältnisses zwischen den Parteien gewinnt“ und ein solcher Eindruck auch nicht sogar als „unabweisliche“ Schlussfolgerung entstehen müsste, sei im Ergebnis keine Verletzung des Namensrechts des Klägers feststellbar. Denn dann würde die Interessensabwägung zum Wegfall des Anspruchs mangels Interessensverletzung führen.
Dies gelte letztlich auch für Unterlassungsansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, denn auch insoweit würden die Interessen der Beklagten im Rahmen der insofern gebotenen Abwägung überwiegen.
Abwägung der Interessen entscheidend
In der gebotenen Abwägung der Interessen sei zum einen jeweils der Informationswert der Veröffentlichung und die Verhältnismäßigkeit maßgeblich, so dass etwa nicht nur ein „beliebiger Anlass“ für eine Bild- oder Namensverwendung gesucht worden sein dürfe, sondern zumindest auch ein greifbarer Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung von nicht nur ganz geringem Informationswert feststellbar sein müsse, damit in der Abwägung die Interessen des von der Namensnennung Betroffenen dann zurücktreten können.
Zum anderen sei im Rahmen der Abwägung vor allem auch die Eingriffsintensität der werblichen Vereinnahmung einer Person bedeutsam. Regelmäßig sei das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzt, wenn über eine bloße sogenannte Aufmerksamkeitswerbung hinaus etwa auch ein eigener Werbe- oder Imagewert des Betroffenen ausgenutzt – die Person quasi als Vorspann für die Anpreisung des Produkts vermarktet – werde. Unter Anwendung dieser Prämissen treten hier dann aber die klägerischen Interessen zurück, so die Richter. Das schon, weil der Kläger selbst aktiv in die Öffentlichkeit getreten und die frei abrufbare Stellungnahme dann lediglich zitiert worden sei. Dieses Zitieren mit dem Namen entspreche dann der Üblichkeit in fachlichen Beiträgen und sei auch im Blick auf das Urheberrecht nicht anders zu erwarten.
Zutreffende informative Sachaussage
Das Gericht betont weiter, die in der bisherigen Rechtsprechung erörterten Fragen bei einem Verbinden einer werblichen Verwendung eines Namens einer natürlichen Person mit einer satirischen, künstlerischen oder auch journalistisch-redaktionellen sachaussage ließen sich auf den konkreten Fall zwar nicht ohne Weiteres übertrage, doch werde auch in diesem Fall letztlich nur eine zutreffende informative Sachaussage getroffen.
Werden also fachliche Äußerungen einer Person unter Nennung ihres Namens in einer Werbeanzeige zutreffend wiedergegeben, kann dies im Einzelfall auch ohne Kenntnis oder Zustimmung der Person zulässig sein, auch wenn die Person hiervon keine Kenntnis hat oder dem zugestimmt hat.
Da der Sache eine grundsätzliche Bedeutung zugewiesen werden kann, ließ das OLG die Revision zum Bundesgerichtshof zu.