"Nur über meinen Anwalt!" – Unerwünschtes Anschreiben kann Unterlassungsanspruch auslösen
Vor dem Oberlandesgericht Celle ist zurzeit ein Berufungsverfahren anhängig, in dem Frau Bettina Wulff gegen den Heinrich Bauer Verlag auf Unterlassung klagt. Das teilt das Gericht in einer Pressemitteilung mit.
Hintergrund des Streits ist, dass Frau Wulf den Verlag ausdrücklich gebeten hatte, Sie in presserechtlichen „Abmahnfällen“ (so die Formulierung in der Pressemitteilung) nicht direkt anzuschreiben, sondern den Schriftverkehr über ihre Rechtsanwälte abzuwickeln. Anlass für den Kontakt war die Berichterstattung über die Klägerin in der Ausgabe Nr. 31 vom 24. Juli 2013 der Zeitschrift „CLOSER“.
Das Landgericht Hannover hat der Klage stattgegeben und den Heinrich Bauer Verlag zur Unterlassung verurteilt. Das Landgericht sieht in dem Verhalten des Heinrich Bauer Verlags einen Verstoß gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht von Frau Wulff. Jeder Inhaber eines Briefkastens könne ausdrücklich darauf hinweisen, dass er persönlich in bestimmten Angelegenheiten nicht behelligt werden wolle. Dies sei nicht nur durch Anbringen von Aufkleber an dem Briefkasten, sondern auch dadurch möglich, dass darauf hingewiesen werde, die Korrespondenz allein über den eingeschalteten Rechtsanwalt führen zu wollen. Ein schutzwürdiges Interesse des Heinrich Bauer Verlags sei nicht ersichtlich. Die presserechtlichen Angelegenheiten, die im Zusammenhang mit Frau Wulff stehen, könnten auch mit ihren Rechtsanwälten erörtert werden.
Gegen diese Rechtsauffassung wendet sich der Bauer Verlag mit seiner Berufung.
Ob diese Berufung Erfolg haben wird, dürfte zweifelhaft sein. Ohne Kenntnis des genauen Sachverhalts, lässt sich der Fall zwar nicht abschließend beurteilen. Wenn Frau Wulf gegenüber dem Verlag jedoch in Bezug auf klar bestimmbare Sachverhalte darum gebeten hat, diesbezüglich nicht sie, sondern ihre Rechtsanwälte zu kontaktieren, könnte ein Verstoß dagegen tatsächlich einen Unterlassungsanspruch nach sich ziehen.
Die Begründung des Gerichts ist zwar missverständlich. Denn man kann durch einen Aufkleber am Briefkasten grundsätzlich lediglich unerwünschte Werbung ablehnen (zum Beispiel den Einwurf der „Umsonst-Bildzeitung“), jedoch nicht zum Beispiel Gläubiger davon abhalten, sich mit einer Forderung zu melden. Das wäre auch zu schön um wahr zu sein. Wenn der Gläubiger allerdings weiß, dass der Schuldner in einer bestimmten Angelegenheit nicht behelligt werden möchte oder eventuell bereits darauf hingewiesen hat, dass er einer geltend gemachten Forderung nicht nachkommen möchte, darf er in nicht weiter außergerichtlich kontaktieren, sondern muss dann gegebenenfalls den Rechtsweg beschreiten. Wenn er das nicht tut, kann dies einen Unterlassungsanspruch auslösen.
Einen solchen Anspruch haben wir bereits im Jahr 2012 für einen Einzelhandelskonzern mit zahlreichen Filialen gegen die berühmt-berüchtigte Gewerbeauskunft-Zentrale vor dem Landgericht Düsseldorf durchgesetzt. Einzelheiten dazu hier. Das LG Düsseldorf (16 O 176/12) hat in dem Verfahren gegen die GWE-Wirtschaftsinformations GmbH am 20.09.2012 entschieden, dass diese es
bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen (habe), die Klägerin an ihrem Hauptsitzt und/oder ihren Filialen beziehungsweise Niederlassungen geschäftsmäßig anzuschreiben, um Informationen zum Zwecke der Verwendung in einer Registerdatenbank abzufragen und/oder abzugleichen, sie bestätigen zu lassen, diesbezüglich Angebote zu unterbreiten und/oder die aufgeführten Handlungen einzeln und/oder miteinander verbunden durch Dritte vornehmen zu lassen, soweit keine Einwilligung der Klägerin vorliegt.
(Briefkasten am Zaun © blickpixel – Fotolia)