Öffentliche Kollegenschelte wegen Werbung auf Groupon – das kann teuer werden
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Anwaltskanzleien, wie andere Unternehmer auch, sich grundsätzlich zulässigerweise des unkonventionellen Marketings auf der Gutscheinplattform „Groupon“ bedienen würden.
Ein Artikel in der LTO beschäftigt sich aktuell mit einem Grouponangebot einer Anwaltskanzlei aus Köln. Wie bei Groupon üblich, konnten Kunden dort einen Gutschein für ein Produkt bzw. eine Dienstleistung zu einem Rabatt von über 90 % erwerben, die vorliegend in einer Stunde anwaltlicher Erstberatung bestand. Die Anwaltskanzlei bewarb die Aktion unter anderem mit dem folgenden Hinweis:
„19,90 statt 226,10 Euro – 60-minütige juristische Erstberatung zum Beispiel im Verkehrs-, Miet- oder Arbeitsrecht“.
Werbung irreführend?
Der Autor des LTO-Artikels, der Anwaltskollege und Journalist Herr Martin W. Huff ist der Auffassung, dass diese Werbung irreführend und damit unzulässig sei und dass die so werbende Kanzlei mit Abmahnungen zu rechnen habe. Während er den werbenden Kollegen zunächst zugesteht, dass das aktuelle, liberale Gebührenrecht es grundsätzlich erlaubt, bei der außergerichtlichen Beratung die Vergütung frei zu vereinbaren, hält er die konkrete Werbung dennoch für irreführend.
Er zitiert dazu den Kollegen Ulrich Sefrin, der auch die Gebührenabteilung im Vorstand der Kölner Anwaltskammer leitet, der der Auffassung ist, dass das Angebot den Eindruck erwecke, dass statt der angebotenen Beratung für 19,90 Euro die gleiche Beratung immer 226,10 Euro brutto koste.
Gute Chancen für Abmahnungen?
Dies sei aber falsch. Weil es sich bei den 190 netto Euro (226,10 € brutto) um eine Kappungsgrenze für die Erstberatung handele, dürfe ein Rechtsanwalt von einem Verbraucher auf keinen Fall mehr verlangen, wenn es keine andere Absprache gibt. Für eine Erstberatung von einer Stunde könne indes selbstverständlich eine niedrigere Gebühr als 190 Euro netto vereinbart werden, betont Sefrin. Gerade in vielen Alltagsfragen sei diese auch die Regel. Nach Ansicht des Gebührenrechts-Experten bewege sich die Kölner Kanzlei mit ihrem Angebot wettbewerbsrechtlich auf dünnem Eis. Er sehe daher gute Chancen, wenn ein Mitbewerber eine entsprechende Werbung „abmahnen“ sollte.
Zunächst einmal stimmt es bedenklich, wenn ein Anwaltskollege und dazu noch jemand, der in der örtlichen Rechtsanwaltskammer sitzt, sich öffentlich so über Kollegen äußert, insbesondere dann, wenn diese im Artikel durch eine schnelle Googlesuche bestimmter Begriffe einfach zu identifizieren sind. Wenn die Rechtsanwaltskammer tatsächlich der Meinung sein sollte, dass eine solche Werbung unzulässig ist, steht es ihr frei, die Kollegen mit den Mitteln des Berufsrechts zu sanktionieren. Für eine öffentliche Äußerung dieser Art besteht hingegen kein Anlass.
Irreführung fernliegend
Zumal auch die Einschätzung, dass die Werbung der Kollegen irreführend sei, nicht zutrifft. Die Annahme, dass Verbraucher anhand des oben ersichtlichen Hinweises denken könnten, dass eine Erstberatung immer 226,10 Euro brutto koste, wird weder vom Autor noch vom Gebührenexperten der Rechtsanwaltskammer näher begründet. Sie ist auch fernliegend.
Gerade vor dem Hintergrund des vom Autor selbst erwähnten liberalisierten Gebührenrechts ist dem verständigen Verbraucher bekannt, dass es Rechtsanwälten gestattet ist, die Vergütung für ihre Tätigkeiten frei zu vereinbaren. Damit geht die Erkenntnis einher, dass die Kosten einer Beratung von Anwalt zu Anwalt unterschiedlich sein können. Damit aber unterscheidet sich die Preiswerbung von Anwälten nunmehr grundsätzlich nicht mehr von der anderer Unternehmer. Bei Letzteren werden Verbraucher bei einer Rabattaktion nicht annehmen, dass sich der Betrag, von dem der Werbende einen Rabatt verspricht, auf einen Preis bezieht, der von der Konkurrenz regelmäßig gefordert werde, sondern vielmehr, dass sich der Betrag auf den eigenen normalerweise geforderten Preis bezieht. Eine Erklärung für die Feststellung, dass dies bei Anwälten anders sein soll, bleibt der Autor schuldig.
Autoren bewegen sich „auf dünnem Eis“
Im Ergebnis werfen damit zwei Anwälte einem für den Leser durch eine schnelle Internetsuche erkennbaren Anwaltskollegen nicht nur öffentlich rechtswidriges Verhalten vor, ohne dass es dafür eine Rechtsgrundlage gibt. Hinzukommt, dass die Kölner Anwaltskammer dem Ganzen offenbar ihren Segen gibt und andere Kollegen sogar zu ermuntern scheint, gegen die Kanzlei vorzugehen. Anders ist jedenfalls der folgende Satz nicht zu verstehen:
„Er sieht daher gute Chancen, wenn ein Mitbewerber eine entsprechende Werbung abmahnen sollte.“
Ein solches Verhalten, insbesondere einer öffentlichen Stelle wie der Rechtsanwaltskammer ist inakzeptabel und seinerseits rechtswidrig, selbst wenn der Vorwurf zuträfe. Es ist nicht Aufgabe der Anwaltskammer, bestimmte Kollegen öffentlich anzugreifen. Wenn berufsrechtswidriges Verhalten festgestellt wird, stehen ihr zahlreiche Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Die öffentliche Rüge gehört nicht dazu.
Die Werbung mag Kollegen stören, die nicht bereit oder in Lage sind, sich den Veränderungen im Anwaltsmarkt anzupassen, irreführend ist sie nicht. Da gibt es ganz andere Fälle, derer sich die Kammer einmal annehmen sollte. Dann aber bitte mittels der von der Berufsordnung vorgesehenen Sanktionen. Man gebe nur einmal bei Google „Filesharing Abmahnung“ ein. Siehe dazu auch den schönen Artikel des Kollegen RA Alexander Schultz.
Um den Duktus des Artikels aufzugreifen: „Nach unserer Ansicht bewegen sich die Kollegen mit ihren Äußerungen wettbewerbsrechtlich auf dünnem Eis. Wir sehen daher gute Chancen, wenn ein Mitbewerber das entsprechende Verhalten abmahnen sollte.“ (la)