OLG Hamburg: Google haftet nicht grundsätzlich für die Inhalte von Suchergebnissen
Wie Heise online berichtet, hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg mit Urteil vom 26.5.2011 (Az. 3 U 67/11, das Urteil liegt Heise nach eigenen Angaben zwar vor, es ist bisher aber offenbar noch nicht veröffentlicht) entschieden, dass die Suchmaschine nicht für die Suchergebnisse, den so genannten „Snippets“ (originär) haftet und beendete damit einen fünf Jahre lang dauernden Rechtsstreit.
Geklagt hatte der Geschäftsführer eines Unternehmens für die Vermittlung von Kapitalanlagen, über die im Internet mehrfach behauptet wurde, es vertreibe „Schrottimmobilien“. Dieser wollte per einstweiliger Verfügung beim LG Hamburg erreichen, dass Google Bestimmte Suchergebnisse aus einem Online-Finanzforum nicht mehr anzeigt. Darüber hinaus sollte Google auch generell verhindern, dass der Name des Klägers in Suchergebnissen angezeigt wird, in denen Worte wie „Betrug“, „Immobilienbetrug“ oder „Machenschaften“ vorkommen – zumindest dann, wenn sich aus den Ergebnissen nicht ergebe, dass der Kläger nicht so gehandelt habe. Der Kläger war in der Vergangenheit unter anderem mehrfach von Käufern seiner Häuser zivilrechtlich verklagt worden, wobei ihm unter anderem vorgeworfen wurde, Immobilien zu teuer beziehungsweise in mangelhaftem Zustand verkauft zu haben.
Das Landgericht Hamburg hatte im Jahre 2006 dem Verfügungsantrag des Klägers noch stattgegeben und die einstweilige Verfügung auf Widerspruch bestätigt (Az. 324 O 993/05). Das hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hatte die einstweilige Verfügung auf die Berufung Des Beklagten indes wieder aufgehoben (Az. 7 U 126/06). Die daraufhin erhobene Hauptsacheklage wurde vom Landgericht Hamburg abgewiesen (Az. 324 O 867/06), die Berufung hatte keinen Erfolg (Az. 3 U 67/11).
Das Oberlandesgericht stellte nun klar, dass Google für den Inhalt seiner Suchergebnisse nicht hafte. Google hafte auch nicht als so genannter Störer. Der Internetnutzer wisse, dass die Ergebnisse einer Suchmaschine nicht auf der intellektuellen Leistung von Menschen beruhten, sondern die das Ergebnis eines automatisierten Vorgangs seien. Darüber hinaus hätten die entsprechenden Suchergebnisse in Gestalt des Mitglieds einen wertneutralen Inhalt, da der Leser nicht wisse, ob der Kläger als Täter, Opfer oder etwa Ermittler eines Betruges bezeichnet werde oder ob er beispielsweise als Journalist oder Autor darüber veröffentlicht habe.
Google habe konkret benannte Suchergebnisse gesperrt und sei dadurch seinen Prüfungspflichten hinreichend nachgekommen, erläuterte das Gericht. Wolle man einer Suchmaschine auferlegen, nicht nur konkret benannte Ergebnisse zu überprüfen, würde dadurch die Informationsfreiheit unzulässig eingeschränkt. dies können nämlich dazu führen, dass Anbieter auch Seiten mit zulässigen Seiten sperrten, nur um Rechtsnachteile zu vermeiden.
Eine Revision hat das OLG nicht zugelassen, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handele, die keine grundsätzliche Bedeutung habe. Ob eine Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht wurde, ist nicht bekannt.
Fazit:
Das Hanseatische Oberlandesgericht hat eine Entscheidung getroffen, die vor dem Hintergrund des bereits durchgeführten einstweiligen Verfügungsverfahrens, in dem das Oberlandesgericht bereits zu Gunsten des Beklagten entschieden hatte, nicht verwundert.
Es hat erstens klargestellt, dass die bruchstückhaften ausschnittsweisen Suchergebnisse von Google häufig schon nicht dazu geeignet sind, eine bestimmte unwahre bzw. herabsetzende Tatsachenbehauptung darzustellen, so dass eine Rechtsverletzung mangels unzulässiger Äußerungen bereits ausscheidet. Darüber hinaus sei einer Suchmaschine nicht zuzumuten, die von ihr ausgegebenen Suchergebnisse selbstständig auf Richtigkeit zu überprüfen. Es genüge, wenn konkrete Suchergebnisse auf Mitteilung hin entfernt würden. Auch dies ist nichts Neues. Verbreiter von fremden Inhalten, die sie sich nicht zu Eigen machen, haften nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich erst nach Kenntnisnahme. Und dies auch nur dann, wenn sie nicht unverzüglich, zum Beispiel durch Entfernen der entsprechenden Äußerungen, tätig werden.
Insbesondere Letzteres zeigt, dass die vorliegende Entscheidung zwar ein klares Signal in Richtung Meinungsfreiheit im Internet bedeutet, aber für Google keineswegs einen Freibrief darstellt. Nach wie vor gilt, dass ein Verursacher rechtswidriger Äußerungen zur Abhilfe verpflichtet ist, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist, sobald er davon Kenntnis erlangt.
Weitere Kommentare zu der Entscheidung bei den Kollegen Kompa und Stadler. (la)