Rechtsverletzende Fahndungsaufrufe auf Facebook
Das soziale Netzwerk Facebook wird immer häufiger durch Privatpersonen dazu genutzt, Fahndungsaufrufe zu veröffentlichen. Die Nutzer erhoffen sich nicht zu Unrecht eine möglichst breite Streuung ihres Anliegens und verkennen dabei die rechtliche Brisanz, die mit einer solchen Veröffentlichung einhergeht.
Zu beachten ist bei einer Veröffentlichung von Daten oder Fotos hinsichtlich einer bestimmten Person immer das Persönlichkeitsrecht des durch die Veröffentlichung Betroffenen. Jeder darf grundsätzlich selbst darüber entscheiden, inwiefern Dritte persönliche Daten oder Fotos öffentlich machen dürfen (vgl. BVerfG, NJW 1973, 1226, 1227f.). Nach den Vorgaben der Verdachtsberichterstattung dürfen die Medien unter bestimmmten Voraussetzungen identifizierend berichten und sogar Fahndungsbilder veröffentlichen, obwohl der Grundsatz „in dubio pro reo“ bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung Bestand hat. Die besonders strengen Voraussetzungen hinsichtlich einer identifizierenden Berichterstattung während eines Ermittlungsverfahrens können hier nachgelesen werden.
Letztlich ist bei der immer erforderlichen Abwägung der widerstreitenden Rechte aufgrund der Prangerwirkung eines Verdachtsberichts, der den Betroffenen – oftmals selbst bei einem späteren Unschuldsbeweis – mit einem Makel behaftet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht besonders stark zu gewichten und damit besonders schützenswert.
Neuerdings mehren sich die Nachrichten über private Fahndungsaufrufe bei Facebook. Die Polizei, die die Fahndungsplattform Facebook längst für sich entdeckt hat, rät dringend von solchen eigenmächtigen Fahndungsaufrufen durch Privatpersonen ab. Zum einen obliegt die Strafverfolgung immer und ausschließlich den zuständigen Behörden. Dieser Grundsatz ist ausnahmslos zu gewährleisten, weil eine Verletzung des Grundsatzes im schlimmsten denkbaren Fall zu einer Lynchjustiz des Mobs führen kann. Zum anderen kann ein privater Fahndungsaufruf wegen einer damit einhergehenden Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht unerhebliche rechtliche Konsequenzen gegen den Verfasser des Fahnungsaufrufs nach sich ziehen. Neben der kostenträchtigen Durchsetzung zivilrechtlicher Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche droht auch eine Strafanzeige wegen übler Nachrede gemß § 186 StGB, falls sich der dem Fahndungsaufruf zugrunde liegende Verdacht nicht bestätigen sollte.
In einem Interview mit der ARD stellt Rechtsanwalt Niklas Haberkamm zudem klar, dass eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen Fahndungsaufruf sogar dann vorliegen kann, wenn der Vorwurf hinsichtlich der Straftat berechtigt ist.
Zuletzt besteht bei der Veröffentlichung von Fahndungsfotos auf Facebook auch die Gefahr einer Urheberrechtsverletzung, weshalb auch aus diesem Grund von einer eigenmächtigen Ermittlung durch Privatpersonen abzuraten ist. (ha)