Erste einstweilige Verfügung bezüglich eines fehlenden Impressums auf Google+
Es war nur eine Frage der Zeit, bis nach den Impressumssabmahnungen auf Facebook (wir berichteten unter anderem hier) auch Google + ins Visier genommen werden würde.
Rechtsanwalt Daniel berichtete letzte Woche auf seiner Homepage davon, dass das Landgericht Berlin auf seinen Antrag hin eine einstweilige Verfügung erlassen hat.
Damit wird dem Antragsgegner bei Meidung eines Ordnungsgelds von bis zu 250.000 € verboten , auf der geschäftlich genutzten Internetpräsenz bei google+ nicht die Pflichtangaben zur Anbieterkennzeichnung nach § 5 TMG (Impressumspflicht) leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. (LG Berlin, Beschluss v. 28.03.2013, Az. 16 O 154/13)
Der Antragsgegner hatte auf seiner geschäftlich genutzten Internetpräsenz unter google+ offenbar keine (vollständigen) Angaben zur Anbieterkennzeichnung hinterlegt.
Eigentlich nichts Besonderes, sollte man meinen. Der Teufel steckt jedoch, wie so häufig, im Detail.
Das Landgericht wollte zunächst nicht erlassen
Das Landgericht Berlin wollte die begehrte einstweilige Verfügung jedoch offenbar zuerst nicht erlassen. Wörtlich schrieb das Landgericht Berlin in einem Hinweisbeschluss:
„Die Kammer hält dafür, dass es sich in solchen Fällen um eine reine Bagatelle handelt, weil eine Umgehung des Verbraucherschutzes hier nicht im Vordergrund steht, sondern die Verkehrskreise erkennen, dass mit diesem Profil nur die Aufmerksamkeit auf die offizielle Homepage gelenkt werden soll.
Anders sähe der Fall hingegen aus, wenn die offizielle Homepage nicht optisch in den Vordergrund gerückt wird.
Bei einer Kontrolle im Internet habe die Kammer im übrigen festgestellt, dass sich auf der offiziellen Homepage der Beklagten der Hinweis findet, wonach das dortige Impressum auch für die Auftritte in sozialen Netzwerken gilt.“
Abgesehen davon, dass es befremdet, dass sich die Kammer offenbar dazu berufen fühlte, über den vorgetragenen Sachverhalts hinaus selbst Nachforschungen im Internet anzustellen – ein vor dem Hintergrund des Beibringungsgrundsatzes selbstverständlich unzulässiges Verhalten des Gerichts – ist eine solche Auffassung, worauf der Kollege Daniel zu Recht hinweist, europarechtswidrig. Dennoch versuchen Gerichte oft sich mit dem Hinweis darauf, dass der monierte Rechtsverstoß eine Bagatelle sei, einer Entscheidung über unliebsame Internetfälle zu entziehen.
Europarecht: Verbraucherinfos bezüglich kommerzieller Kommunikation sind wesentlich
Nach Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (nachfolgend „RL UGP“) gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte.
Nach Artikel 7 Abs. 5 der RL UGP werden als wesentlich alle Informationen eingestuft, die das Gemeinschaftsrecht in Bezug auf die kommerzielle Kommunikation vorsieht einschließlich Werbung oder Marketing, auf die in der nicht erschöpfenden Liste des Anhangs II verwiesen wird.
Zu solchen Informationen gehören nach Anhang II zu dieser Vorschrift gerade auch die Pflichtangaben des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“). Art. 5 Abs. 1 bestimmt in den Ziffern a. b. und c., dass der Diensteanbieter den Nutzer seines Dienste den Namen, die geographische Anschrift, unter der der Diensteanbieter niedergelassen ist sowie Angaben, die es ermöglichen, schnell mit dem Diensteanbieter Kontakt aufzunehmen und unmittelbar und effizient mit ihm zu kommunizieren, einschließlich seiner Adresse der elektronischen Post anzugebe leicht, unmittelbar und ständig verfügbar machen muss.
Das Landgericht durfte dem Antragsteller somit den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht mit dem Argument verweigern, es handele sich dabei um eine bloße Bagatelle.
Dennoch: Beschluss des Landgerichts fehlerhaft
Wenn der betreffende Tenor tatsächlich wie folgt lauten sollte, steht der Beschluss dennoch auf sehr wackligen Beinen:
„(…)nicht die Pflichtangaben zur Anbieterkennzeichnung nach § 5 TMG (Impressumspflicht) leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten.“
Denn der Tenor orientiert sich damit nicht an der konkreten Verletzungsform sondern erschöpft sich in der Wiedergabe der gesetzlichen Vorschrift, die zudem weitestgehend aus unbestimmten Rechtsbegriffen („leicht erkennbar“, „unmittelbar erreichbar „und „ständig verfügbar“) besteht. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass auf der Grundlage eines solchen Titels eine Vollstreckung unstatthaft wäre, da die Prüfung, ob das streitgegenständliche Verhalten rechtswidrig ist, die eigentlich im Erkenntnisverfahren durchgeführt werden soll, dem Vollstreckungsgericht vorbehalten bliebe.
Die Entscheidung ist daher der Sache richtig, dürfte aber auf einen Widerspruch hin keinen Bestand haben.
Sicheres Impressum bei Google+
Dennoch sollte die Entscheidung natürlich zum Anlass genommen werden, – soweit noch nicht geschehen – die notwendigen Angaben auch einem etwa vorhandenen Profil auf Google+ hinzuzufügen. Der Kollege Thomas Schwenke gibt hier nützliche Tipps, wie das Einfügen der entsprechenden Angaben in der Praxis umgesetzt werden kann.
Elegantere Lösungen, wie zum Beispiel in Gestalt einer App, sind zur Zeit nicht in Sicht.
(la)