LG Frankfurt verbietet Filmemacher Mitleidswerbung in Facebook-Fangruppe
Das Landgericht Frankfurt hat am 9.10.2018 eine einstweilige Verfügung gegen einen Filmemacher erlassen.
Diese verbietet ihm, mit der Behauptung in einem Posting in einer Facebook-Gruppe, dass ein Geschäftspartner versuche, sein Filmprojekt mit allen Mitteln zu blockieren, an das Mitleid seiner Fans zu appellieren, damit diese seine DVDs kaufen.
Die Kammer hat dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 € oder Ordnungshaft angedroht und einen Streitwert von 50.000,00 € festgesetzt (LG Frankfurt, Beschluss v. 9.10.2018, Az. 3-06 O 81/18).
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig und kann mit dem Widerspruch angegriffen werden. Zusätzlich könnte der Antragsgegner die Antragstellerin zur Erhebung der Hauptsacheklage zwingen.
Was war passiert?
Der Antragsgegner hatte in einer unter anderem von ihm verantworteten öffentlichen Facebook-Gruppe, in der er seine Filme und Projekte und die entsprechenden DVD/BlueRays und dazugehöriges Merchandising-Material bewarb, einen Post veröffentlicht, mit dem er in Bezug auf einen Geschäftspartner (gemeint war die Antragstellerin) behauptete, dass dieser schwierig sei und versuche, ein bestimmtes Filmprojekt mit allen Mitteln zu blockieren.
Um den „Kampf“ (gegen diesen Geschäftspartner) gewinnen zu können, brauche man die Unterstützung der Community, die doch bitte die DVD/BluRays (nur) in seinem Shop bestellen und auch Freunde und Bekannte entsprechend informieren möge.
Eine Abmahnung blieb ohne Erfolg
Diese herabsetzende (Mitleids-)Werbung wollte sich die Antragstellerin verständlicherweise nicht gefallen lassen. Nach einer erfolglosen Abmahnung sah sich die Antragstellerin gezwungen, gerichtlich gegen die Äußerungen vorzugehen.
LG Frankfurt sieht unzulässige (Mitleids-)Werbung
Das Landgericht folgte der Antragstellerin darin, dass der Facebook-Beitrag eine herabsetzende bzw. unsachliche und irreführende geschäftliche Handlung darstellte, die umgehend zu unterlassen war.
Der Beschluss erging zwar ohne ausführliche Begründung, wurde aber vom Gericht explizit auf einen Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG gestützt, so dass zu vermuten steht, dass das Gericht die Ausführungen in der Antragsschrift für zutreffend gehalten hat:
Kritische Behauptungen über Mitbewerber sind zwar nicht per se verboten. Die öffentliche Kritik im Wettbewerb setzt jedoch ein dringendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit voraus. Für die Kritik muss ein hinreichender Anlass, nämlich ein schutzwürdiges Aufklärungsinteresse der angesprochenen Verkehrskreise, vorliegen und sie muss sich nach Art und Maß im Rahmen des Erforderlichen oder sachlich Gebotenen halten (BGH GRUR 2012, 74 Rn 37 – Coaching-Newsletter; OLG Köln WRP 2011, 779, 780). Diesen Anforderungen wurde der Werbebeitrag in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht. Er war daher gem. §§ 4 Nr. 1 UWG unzulässig.
Explizite Erwähnung ist nicht Voraussetzung für Erkennbarkeit
Die Tatsache, dass der Antragsgegner die Antragstellerin als den gemeinten “Partner” nicht explizit erwähnt, deren Betroffenheit nicht entgegensteht, da diese dennoch ohne Weiteres als solcher erkennbar ist (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler UWG § 4 Rn. 2.12). Dies bereits deswegen, da sie mit Hinblick auf die Vermarktung des Films der einzige “Partner” – ja sogar ausschließliche Nutzungsrechtsinhaberin – war. Ersteres wird an mehreren einschlägigen Stellen im Internet erwähnt, nicht zuletzt auf der Internetpräsenz der Antragstellerin selbst.
Selbst, wenn die Antragstellerin mit Hinblick auf die Produktion insgesamt neben mehreren Dienstleistern nur als eine von mehreren Betroffenen in Betracht käme, wäre dies unschädlich. Lediglich bei Angriffen gegen einen unübersehbar großen Personenkreis kann die Eignung zur Kreditschädigung des Einzelnen fehlen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler UWG § 4 Rn. 2.12).
Pauschale Herabsetzung ist stets unzulässig
Auf die Erkennbarkeit der Antragstellerin kommt letztendlich noch nicht einmal entscheidend an. Denn § 4 Nr. 1 erfasst auch die pauschale Abwertung ungenannter Mitbewerber und ihrer Waren und Leistungen (vgl. BGH GRUR 2010, 349, Tz. 38 – EKW-Steuerberater; OLG Hamburg GRUR-RR 2010, 257).
Die Behauptung, dass die Antragstellerin das Projekt mit allen Mitteln blockiere, war zudem unzutreffend. Darauf, ob die Äußerung zutrifft, oder nicht, oder darauf, ob es sich überhaupt um eine Tatsachenbehauptung handelt, oder eine Meinungsäußerung, kam es aber noch nicht einmal an. Denn erschwerend hinzukam im vorliegenden Fall, dass die konkreten Umstände, auf die sich die herabsetzende Äußerung beziehen soll, nicht mitgeteilt wurden und die Kritik daher auch keinen erkennbaren sachlichen Bezug aufwies. Derartige pauschale Herabsetzungen sind jedenfalls gem. § 4 Nr. 1 UWG unzulässig (BGH GRUR 2012, 74 Rn. 37 – Coaching-Newsletter; BGH WRP 2014, 548 Rn. 24 – englischsprachige Pressemitteilung; OLG Frankfurt WRP 2014, 1098 Rn. 27).
Offenlegung: Unsere Kanzlei hat die Antragstellerin vertreten.